Als oropharyngeale Dysphagien werden Schluckstörungen bezeichnet, bei denen der Schluckakt, beginnend bei Bolusverarbeitung und -transport im Mund bis hin zum sicheren Abschlucken in den Ösophagus, beeinträchtigt ist. Bei Verdacht sollte systematisch gescreent und in der Folge logopädisch diagnostiziert werden, um eine optimale Behandlung zu planen.
In einem 2016 veröffentlichten White Paper der ESSD (European Society for Swallowing Disorders) und der EuGMS (European Geriatric Medicine Society) wurde die oropharyngeale Dysphagie offiziell als geriatrisches Syndrom definiert. Geriatrische Syndrome sind durch ihre multifaktorielle Natur und komplexe Komorbiditäten geprägt und erfordern multimodale Ansätze für Therapie und Prävention. Mit einer Prävalenz von rund 27% im extramuralen, rund 48% im intramuralen und bis zu 90% in spezialisierten Langzeitpflegeeinrichtungen ist die Dysphagie in der geriatrischen Population von hoher Relevanz. Die Ätiologie kann gerade in der Geriatrie vielfältig sein und reicht von neurologischen über strukturelle bis hin zu muskulären Auslösern.
Wiederholter Eintritt von Flüssigkeit, Speisen oder Speichel in die Trachea wird als Aspiration bezeichnet und kann Auslöser einer Aspirationspneumonie sein, die eine höhere Mortalität aufweist als Pneumonien anderer Genese. Eine weitere seltene, aber potenziell fatale Folge kann der Bolustod sein, der mit höherem Alter, mangelndem Zahnstatus und Alkoholismus assoziiert ist. Die häufigste Folge von Dysphagie bei geriatrischen Patient:innen ist die Malnutrition, die zum Fortschreiten von Sarkopenie und generalisierter Frailty beiträgt. Bei Verdacht auf Dysphagie sollte deshalb auch der Ernährungszustand mit in Betracht gezogen werden.
Altern allein verursacht keine Dysphagie, beeinflusst jedoch die beteiligten Strukturen und Funktionen des Schluckens. Der altersbedingte Muskelabbau vermindert sowohl das Kraft- als auch das Bewegungsausmaß der am Schlucken beteiligten muskulären Strukturen. Verminderte Elastizität von Bindegewebe sowie Schleimhautatrophie modifizieren den Schluckakt zusätzlich. Schließlich führen altersbedingte Veränderungen der Sensorik und Sensibilität, wie die Abnahme der Nervenfaserdichte, sowie Modifikationen der zentralen Steuerung des Schluckaktes zu einer Verlangsamung des Schluckens. Der Ausdruck „Presbyphagie“ beschreibt den funktionell veränderten, aber nicht pathologischen Schluckvorgang im Rahmen gesunder Alterungsprozesse.
Die augenscheinlichsten Hinweise auf das Vorliegen einer Dysphagie sind eine Stimmänderung nach dem Schlucken – der Stimmklang klingt feucht und brodelnd („wet voice“) – sowie wiederkehrendes Husten während oder nach dem Schlucken. Anamnestisch sind auch rezidivierende Pneumonien sowie ein ungewollter Gewichtsverlust Warnhinweise. Seltener beschreiben Patient:innen auch ein Missempfinden beim oder nach dem Schlucken.
Bei möglichem Vorliegen einer Dysphagie empfiehlt es sich, ein kurzes Screening durchzuführen, um gegebenenfalls eine Verordnung für Logopädie ausstellen zu können. Die DGG (Deutsche Gesellschaft für Geriatrie) hat speziell für geriatrische Patient:innen das Dysphagie Screening Tool Geriatrie (DSTG) herausgegeben, entsprechend der S1-Leitlinie „Geriatrisches Assessment“ der AWMF sind weiters das Standardised Swallowing Assessment (SSA) sowie der Wasserschlucktest nach Daniels einfache und trotzdem zuverlässige Screeningverfahren.
Können klinische Zeichen für eine Dysphagie beobachtet werden, sollte eine logopädische Begutachtung stattfinden, um den Bedarf für eine instrumentelle Dysphagie-Diagnostik, weiterführende therapeutische Intervention sowie mögliche kompensatorische oder adaptive Strategien abzuklären. Logopädische Dysphagietherapie zielt darauf ab, den Schluckakt funktionell zu verbessern, um eine möglichst sichere, bedarfsdeckende orale Nahrungsaufnahme zu ermöglichen. Im Zuge der Behandlung sollte immer auch Augenmerk auf die Mundgesundheit, den Zahnstatus und die Lungengesundheit gelegt werden.