Benetzungsstörungen der Augenoberfläche sind in dieser Jahreszeit, in der man viel Zeit in beheizten Innenräumen verbringt, ein häufiges Leiden. Auch die trockene Luft in Büroräumen gepaart mit viel Bildschirmarbeit erhöht das Risiko für das Auftreten eines trockenen Auges, oft auch als „Office Eye“ bezeichnet. Sämtliche Strukturen können beim trockenen Auge betroffen sein: die Augenoberfläche, die Meibom-Drüsen und die Haupttränendrüse. Oberflächenstress (wie trockene Luft) ist der Auslöser der Pathogenese; für den weiteren Verlauf jedoch spielen proinflammatorische Zytokine, Chemokine und Matrix-Metalloproteasen eine Rolle – sie fördern die Expansion autoreaktiver T-Helferzellen, die dann die Augenoberfläche und die Tränendrüsen infiltrieren.1
Die Corona-Pandemie könnte zu einer weiteren Verschärfung des Problems führen. Es wird bereits über das maskenassoziierte trockene Auge gesprochen, kurz MATA. Die US-amerikanische optometrische Gesellschaft beschreibt das Phänomen nun auch bei jenen Personen, die bisher keine Beschwerden mit trockenen Augen hatten. Besonders Menschen, die für lange Zeiträume einen Mund-Nasen-Schutz (MNS) tragen (müssen), sind demnach gefährdet.2 Der Tränenfilm – essenzielle Barriere gegen Pathogene – ist durch die Benutzung von MNS einer rascheren Verdunstung ausgesetzt. Das daraus resultierende Gefühl könnte zu vermehrtem Reiben der Augen führen. Empfohlen wird daher von Wissenschaftern das Tragen von Masken mit Nasenbügel. Durch einen guten Sitz der Maske wird verhindert, dass die Luft direkt in Richtung Augen gelangt und damit zu einer Verdunstung des Tränenfilms führt.3
In der Selbstmedikation bei trockenen Augen sind Tränenersatzmittel, bevorzugt ohne Konservierungsmittel, das Mittel der Wahl. Bewährt haben sich die Inhaltsstoffe Hyaluronsäure, Dexpanthenol, Polyvinylalkohol, Polyvidon, Carbomere und Malvenextrakt. Hyaluronsäure stabilisiert den Tränenfilm und zeichnet sich dadurch aus, lange am Auge haften zu bleiben. Dexpanthenol spendet Feuchtigkeit. Perfluorhexyloctan stabilisiert den Lipidfilm. Zubereitungen aus Augentrost lindern Rötungen, Brennen und Schwellungen.
Eine vielversprechende Option stellen auch Omega-3-Fettsäuren dar. Das gilt sowohl für die Anwendung in Form von Supplementen als auch bei lokaler Verwendung in Form von Tropfen.4 Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die Einnahme dieser Fettsäuren den Lipidfilm des Auges, der von den Meibom-Drüsen produziert wird, verbessern können. Die Symptome eines trockenen Auges werden dadurch spürbar reduziert.5 Die Women’s Health Study zeigte ebenfalls die Bedeutung von Omega-3-Fettsäuren für das Auge.6 Erfolge gab es auch bei einer doppelblinden, multizentrischen Studie (n = 496) mit Kontaktlinsenträgern. Es zeigten sich deutliche Erleichterungen hinsichtlich der Symptome im Vergleich zu Placebo.7
Wie schon zuvor erwähnt, ist auch die lokale Anwendung von Omega-3-Fettsäuren sinnvoll. Sie sind Bestandteil der natürlichen Tränenflüssigkeit, wie Untersuchungen gezeigt haben. Wichtig für die Gesundheit des Auges dürfte dabei das Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren sein, wie eine Studie mit Probanden mit trockenen Augen gezeigt hat. Die Omega-6-Fettsäure Arachidonsäure sowie DHA und EPA waren über 90 % der Tränenfilmproben präsent. Das Omega-6-zu-Omega-3-Verhältnis korrelierte mit verschiedenen Messungen der Tränenfilm-Dysfunktion (Tear-break-up-Time [TBUT], Schirmer-Score). Je höher der Quotient, desto größer das Ausmaß der Tränenfilm-Dysfunktion. Das aus Arachidonsäure entstehende Prostaglandin E2 stand mit niedriger Tränen-Osmolarität, verstopften Meibom-Drüsen und Hornhautschäden in Verbindung. Forscher folgerten, dass eine Stoffwechselstörung im Auge in Form einer Imbalance von Omega-6 : Omega-3-Fettsäuren das trockene Auge begünstigt, indem es zu einer Unterproduktion proauflösender Lipidmediatoren kommt.8 Diese Erkenntnisse decken sich mit anderen Studienergebnissen. Bei Patienten mit Meibom-Drüsen-Dysfunktion besteht eine signifikante Reduktion bestimmter ungesättigter Fettsäuren im Tränenfilm.9 Im Trockene-Augen-Modell zeigte sich, dass die topische Gabe von 0,2 % Omega-3 eine signifikante Verbesserung von Hornhautschäden bewirkt und das Auftreten proinflammatorischer Zytokine verringert.10
Sofern möglich, sollte die Umgebung und Raumluft vermehrt mit Luftfeuchtigkeit versehen werden. Raumbefeuchter helfen dabei ebenso wie regelmäßiges, ausgiebiges Lüften. Zugluft oder ein direkter Luftstrom Richtung Gesicht sollte allerdings auf jeden Fall gemieden werden. Bei Sportarten an der kalten Luft ist das Tragen einer Brille ein guter und wichtiger Schutz. Rauchen sollte sowohl aktiv als auch passiv vermieden werden. Bei Bildschirmarbeit empfiehlt es sich, von Zeit zu Zeit einige Male bewusst zu blinzeln. Damit das Auge dabei auch ausreichend befeuchtet wird, muss es immer komplett verschlossen werden – andernfalls kommt es nicht zu einer vollständigen Benetzung.
Die Meibom-Drüsen
Die Meibom-Drüsen sind große Talgdrüsen. Sie sind als einzelne Drüsenstränge parallel in den Tarsalplatten der Augenlider lokalisiert. Beim Lidschlag werden die kleinen Drüsen durch Lidmuskeln komprimiert, und das ölige Produkt (Meibum) wird über kurze Ausführungsgänge auf den hinteren Lidrand gebracht. Von dort gleitet es auf den Tränenfilm, dessen äußerste Schicht es bildet. Intaktheit des Tränenfilms und Gesundheit der Augenoberfläche hängen wesentlich von diesem Lipidfilm ab.* Eine Dysfunktion der Meibom-Drüsen ist für rund 60 % der Fälle eines trockenen Auges ausschließlich sowie für weitere circa 20 % in Kombination mit einem Mangel der wässrigen Tränenfilmphase verantwortlich. Die Dysfunktion ist bei Frauen häufiger als bei Männern und tritt mit zunehmendem Alter verstärkt auf. Weitere Risikofaktoren sind Hauterkrankungen wie Rosazea und Akne.**
* Knop E, Knop N, Meibomdrüsendysfunktion. Der Augenspiegel 9/2011
** Finis D, Schrader S, Geerling G, Meibom-Drüsen-Dysfunktion. Klin Monbl Augenheilkd 2012; 229(5):506–513
Literatur: