Kopfschmerz hat viele Gesichter

Es beginnt allmählich oder ganz plötzlich, der Schmerz tritt im gesamten Kopf auf oder nur in Teilbereichen, die Dauer kann einige Minuten oder viele Stunden betragen – Kopfschmerzen präsentieren sich in vielfältiger Art und Weise und zählen weltweit zu den häufigsten Beschwerden. Primäre Kopfschmerzen haben den Schmerz als Hauptsymptom, der per se einer gezielten Behandlung bedarf. Hingegen sind sekundäre Kopfschmerzen als Begleitsymptom einer anderen Erkrankung anzusehen, die ihrerseits wiederum eine genaue Abklärung und Behandlung erfordert (Tab. 1).

 

 

Die weitaus häufigste Form der primären Kopfschmerzen ist der Spannungskopfschmerz. Die Schmerzen werden meist als leicht bis mittelstark angegeben, die Dauer variiert von wenigen Stunden bis zu einem ganzen Tag. Der Schmerzcharakter kann von dumpf und drückend bis zu klopfend-pulsierend viele Formen aufweisen. Gelegentlich auftretende Kopfschmerzen sind meist Spannungskopfschmerzen, die beispielsweise durch Stress, Schlafmangel, schlechte Luft oder Wetterumschwünge ausgelöst werden können. Auch grippale Infekte, Alkohol, Nikotin und Kaffee sind klassische Auslöser. Kopfschmerzen können auch als Nebenwirkung verschiedener Medikamente wie Nitrate oder Östrogene auftreten. Wird ein sehr häufiger Kauf von Analgetika bei einem Patienten beobachtet, so ist an einen analgetikainduzierten Dauerkopfschmerz zu denken, der nur durch einen Entzug unter ärztlicher Aufsicht behandelt werden kann. Wichtig sind auch die Fragen nach Art, Dauer und Häufigkeit des Kopfschmerzes sowie nach etwaigen Begleitsymptomen.

Der Clusterkopfschmerz tritt hingegen wesentlich seltener auf. Bei dieser Form wird der Schmerz, der bestenfalls nur einige Minuten anhält, als extrem stark beschrieben. Typischerweise tritt der Clusterkopfschmerz meist an der gleichen Stelle auf, vorzugsweise an den Schläfen oder hinter einem Auge.

Treten Kopfschmerzen generell erstmals bzw. sehr plötzlich auf und sind sie dabei von hohem Fieber, Nackensteifigkeit, Krampfanfällen, Sehstörungen und/oder Benommenheit bzw. Übelkeit und Erbrechen begleitet, ist sofort der Arzt zu konsultieren. Auch Kopfschmerzen nach Verletzungen bzw. bei Verdacht auf Migräne müssen ärztlich abgeklärt werden.

Klassische Analgetika

Bewährte Arzneimittel gegen Kopfschmerzen sind beispielsweise Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen, Dexibuprofen, Naproxen, Propyphenazon, Mefenaminsäure und Diclofenac. Die üblichen Dosierungen dieser nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) sind in Tabelle 2 angeführt.

 

 

Als eines der ältesten Arzneimittel ist die ASS wohl jedem Patienten bekannt. Der irreversible Hemmstoff der Cyclooxygenase hat eine etwas höhere Affinität zum COX-1-Rezeptor. Metabolisiert wird ASS zu Salicylsäure, die ähnliche Eigenschaften aufweist. Besonders zu beachten sind die Kontraindikation für Kinder unter 12 Jahren sowie die zusätzliche (teilweise erwünschte) thrombozytenaggregationshemmende Wirkung.
Ibuprofen ist ein Arylpropionsäure-Derivat, wobei es sich um ein Racemat aus gleichen Teilen S(+)- und R(–)-Enantiomeren handelt. Es ist praktisch unlöslich in Wasser. Das S(+)-Enantiomer ist auch unter dem Namen „Dexibuprofen“ bekannt. Ibuprofen kam erstmals in den frühen 1960er-Jahren in den Handel und ist mittlerweile in Dosen bis 400 mg auch rezeptfrei erhältlich. Die ausgeprägte analgetische, antipyretische und antiphlogistische Wirkung ist das Resultat der nichtselektiven Hemmung der Cyclooxygenasen 1 und 2 (COX-1 und COX-2), welche für die Bildung von Prostaglandinen verantwortlich sind.

Das rezeptpflichtige Anthranilsäurederivat Mefenaminsäure besitzt praktisch keinen Einfluss auf die Thrombozytenaggregation und eignet sich ebenfalls zur Behandlung von Schmerzen aller Art. Ebenfalls der Rezeptpflicht unterliegt Diclofenac (Ausnahme: topische Arzneiformen), nicht zuletzt aufgrund des erhöhten Risikos arterieller thrombotischer Ereignisse. Kontraindiziert ist Diclofenac daher etwa bei Patienten mit bestehender Herzinsuffizienz, ischämischer Herzerkrankung sowie bei peripheren Arterien­erkrankungen bzw. zerebrovaskulären Erkrankungen.

Die angegebenen Mengen sind Einzelmaximaldosen, die bis zu dreimal täglich gegeben werden können, im Abstand von mindestens 4 bis 6 Stunden.

Zu beachten sind jedenfalls etwaige Kon­traindikationen sowie mögliche Nebenwirkungen, die natürlich auch rezeptfreie NSAR betreffen. Die diesbezügliche Beratung ist eine wesentliche Aufgabe des Apothekers. Besonders wichtig ist es, immer eine etwaige Dauermedikation zu erfragen. Vorsicht geboten ist insbesondere bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion und bei bestehendem Asthma; auch mögliche Arzneimittelunverträglichkeiten müssen berücksichtigt werden. Kontraindiziert sind NSAR generell bei Marcoumar®-Patienten bzw. bei Therapie mit DOAK. Weitere Wechselwirkungen betreffen u. a. SSRI, Sulfonylharnstoffe, Methotrexat und kaliumsparende Diuretika.

Wirksame Alternativen zu NSAR sind Paracetamol und das rezeptpflichtige Metamizol. Paracetamol weist gegenüber den NSAR eine bessere Magenverträglichkeit auf, kann jedoch bei langfristiger Einnahme bzw. in hohen Dosen eine leberschädigende Wirkung haben. Die Dosis beträgt 10–15 mg/kg Körpergewicht, maximal jedoch 500 bis 1.000 mg als Einzeldosis. Die maximale Tagesdosis ist auf 60 mg/kg Körpergewicht begrenzt. Metamizol – aus der Gruppe der Pyrazolone – liegt in Arzneimitteln als Metamizol-Natrium vor. Eine sehr seltene, jedoch lebensbedrohende Nebenwirkung ist die Agranulozytose, weshalb der Wirkstoff der Rezeptpflicht unterliegt. Die übliche Einzeldosis beträgt 500 mg und kann bis zu viermal täglich gegeben werden.

Neben Mono- haben auch Kombinationspräparate ihren festen Platz in der Kopfschmerzbehandlung. Durch die Kombination zweier oder mehrerer Analgetika soll die einzelne Dosis des jeweiligen Arzneistoffes reduziert werden. Die Rezeptur aus 250 mg ASS, 250 mg Paracetamol und 65 mg Koffein gilt als Mittel der ersten Wahl bei dieser Indikation. Koffein verstärkt die Wirkung der beiden Analgetika und verbessert außerdem die Symptomatik des vaskulären Kopfschmerzes durch seinen konstringierenden Effekt auf die zerebralen Gefäße.

Die Rolle der Arzneiform

Besondere Bedeutung bei der Arzneimittelauswahl kommt sicherlich auch der Arzneiform zu. Wird ein sehr rascher Wirkungseintritt gewünscht, sind Brausetabletten vorzuziehen, da der bereits in Lösung befindliche Arzneistoff rascher resorbiert wird. Lösliche Arzneiformen weisen auch eine bessere Magenverträglichkeit auf. Ibuprofen beispielsweise steht auch in Form des DL-Lysinats zur Verfügung, das eine bessere Löslichkeit aufweist und somit schneller in den Blutkreislauf gelangt. ASS wird alternativ auch als Kautablette angeboten, die ohne Flüssigkeit eingenommen wird. Von manchen Patienten wird z. B. bei Übelkeit eine rektale Applikation gewünscht – hier stehen Paracetamol-Suppositorien zur Verfügung.

Differenzierung zu Migräne

Eine weitere Form der primären Kopfschmerzerkrankungen ist die Migräne. Im Gegensatz zu Spannungskopfschmerzen ist die Migräne durch sehr starke, meist halbseitige Schmerzen charakterisiert. Typisch sind Schmerzen über mehrere Stunden, mit oder ohne Aura. Ist die Migräne ärztlich abgeklärt, dann ist auch hier eine Selbstmedikation mit den genannten Analgetika möglich. Auch die Möglichkeiten einer Prophylaxe sollten hier angesprochen werden. Bei anhaltenden Beschwerden ist zum (Fach-)Arztbesuch zu raten.

Magnesium

Patienten mit immer wiederkehrenden Kopfschmerzen profitieren mitunter von einer regelmäßigen Magnesium-Gabe. Magnesium führt als physiologischer Antagonist des Calciums zu einer Reduktion des Muskeltonus. Dies betrifft sowohl die glatte Gefäßmuskulatur als auch die quergestreifte Skelettmuskulatur. Freie Magnesiumionen stabilisieren das Ruhepotenzial von erregbaren Muskel- und Nervenzellen. Leichte Formen eines Magnesiummangels sind in der Bevölkerung sehr häufig, vielfach auch unbemerkt. Insbesondere vermehrter Stress, reichliche sportliche Betätigung oder einseitige Ernährung können zu einem Mangel führen. Besonders empfehlenswert ist eine Magnesiumsubstitution bei Kopfschmerzen in Verbindung mit Nackenverspannungen und bei Migräne, wobei der Tagesbedarf für Erwachsene bei 300–400 mg liegt.

Alternative Maßnahmen

Bei rezidivierenden Kopfschmerzen suchen viele Patienten nach Alternativen bzw. Ergänzungen zur medikamentösen Behandlung. Gute Erfolge erzielt man bisweilen mit Aromatherapie. Besonders bewährt hat sich ätherisches Pfefferminzöl, welches vorsichtig im Bereich der Schläfen und des Nackens einmassiert wird. Praktisch sind auch handelsübliche Roll-ons, die auch unterwegs leicht anzuwenden sind. Bei stressbedingten Kopfschmerzen sind eine Abschirmung unnötiger Reize (Fernseher, grelles Licht etc.) sowie verschiedene Entspannungsübungen hilfreich. Kalte Kompressen führen zu einer Kontraktion der erweiterten Gefäße und lindern ebenfalls den Schmerz. Sanftes Massieren typischer Akupressurpunkte, beispielsweise im Bereich der Schläfen, kann als schnelle Hilfe Anwendung finden.

Auch Muskelverspannungen können zu Kopfschmerzen führen: Hier helfen Massagen, Wärmebehandlungen und Physiotherapie. Auch regelmäßiger Sport lockert die Muskulatur und beugt somit Verspannungen vor. Übrigens kann auch eine Brille in der falschen Stärke Kopfschmerzen auslösen. Hilfreich ist jedenfalls das Führen eines Kopfschmerztagebuches, um einen Überblick über die Schmerzhäufigkeit und -intensität zu erhalten.