Paxlovid®: Neu mit großem Interaktionspotenzial

Frau A. nimmt folgende Dauermedikamente ein und leidet unter schlechten Nierenwerten:

Das gewünschte COVID-Therapeutikum Paxlovid® ist neu am Markt und wurde für die Behandlung einer COVID-19-Erkrankung bei Erwachsenen zugelassen. Begonnen werden muss innerhalb von 5 Tagen nach Auftreten der Symptome. Noch nicht so bekannt sind die Interaktionsfallen, die Paxlovid® mit sich bringt. Paxlovid® besteht aus 2 unterschiedlichen Wirkstoffen, formuliert in 2 getrennten Tabletten. Zunächst enthält die Packung pinke Film­tabletten mit dem Wirkstoff Nirmatrelvir (PF-07321332) und weiße Filmtabletten mit dem Wirkstoff Ritonavir. Dabei werden alle 12 Stunden 2 pinke Filmtabletten (2-mal 150 mg PF-07321332) und 1 weiße (1-mal 100 mg Ritonavir) über 5 Tage eingenommen. Die Einnahme der Tabletten erfolgt mit oder ohne Mahlzeit und sollte gleichzeitig erfolgen. Am wirksamsten ist das neue Medikament, wenn es bereits am Anfang der Erkrankung eingesetzt wird. PF-07321332 und auch Ritonavir sind CYP3A4- und CYP2D6-Inhibitoren, weiters haben beide Arzneistoffe eine hohe ­Affinität zum P-Glykoprotein und können auch ­dieses hemmen. Eine sehr gute Interaktionsdatenbank hat die University of Liverpool online gestellt, unter www.covid19-druginteractions.org.

Rivaroxaban

Durch die CYP3A4- und P-Glykoprotein-Hemmung kann es zu höheren Spiegeln von Rivaroxaban kommen und damit zu einem erhöhten Blutungsrisiko. Patient:innen, die Rivaroxaban einnehmen, wird die Einnahme von Paxlovid® nicht empfohlen.

Fluoxetin

Aufgrund der Inhibition des CYP2D6 kann es zu einer Erhöhung der Spiegel von Fluoxetin kommen (auch andere Antidepressiva, die über CYP2D6 metabolisiert werden, wie Imipramin, Amitriptylin, Paroxetin).

Quetiapin

Die gleichzeitige Einnahme von Quetiapin und Paxlovid® ist kontraindiziert, da es durch die CYP3A4-Inhibition zu einer ­Erhöhung der Quetiapinspiegel in den ­toxischen Bereich kommen kann. Auch andere Antipsychotika wie Clozapin sind kontraindiziert. Bei der Einnahme von Haloperidol oder Risperidon sollte der ­Patient engmaschig überwacht werden.

Simvastatin

Einige Statine wie Simvastatin werden größtenteils über CYP3A4 metabolisiert. Durch die gemeinsame Einnahme von ­Ritonavir kommt es zu erhöhten Spiegeln an Simvastatin, wodurch Nebenwirkungen wie Rhabdomyolyse oder auch Myopathien hervorgerufen werden können.

Niere

  • Patient:innen mit einem GFR von 30–60 ml/min (moderate Niereninsuffizienz): hier wird die Dosis auf 1-mal 150 mg ­PF-07321332 alle 12 Stunden reduziert
  • Patient:innen mit einem GFR von < 30 ml/min: hier sollte Paxlovid® nicht angewendet werden

Leber:

  • Patient:innen mit schwerer Leberinsuffizienz (ab einem Child Pugh Klasse C) sollten Paxlovid® nicht anwenden

Wie kann Frau A. geholfen werden?

Aufgrund der zahlreichen Medikamente, die Frau A. einnehmen muss, kann man der Tochter von Frau A. erklären, dass viele der Medikamente mit Paxlovid® interagieren. Da Paxlovid® rezeptpflichtig ist, muss sie ­einen Arzt aufsuchen. Auch dieser wird Paxlovid® aufgrund des Interaktionspotenzials nicht verordnen. Alternativ könnte vom Arzt Lagevrio® (Wirkstoff Molnupiravir) verordnet werden. Hier ist keine Do­sisanpassung für ältere Personen oder Personen mit eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion erforderlich. Derzeit sind auch keine Interaktionen bekannt. Auch dieses Arzneimittel darf nur innerhalb von 5 Tagen nach Symptombeginn eingenommen werden. Es ist in Österreich noch nicht zugelassen, sondern wird im Rahmen eines sogenannten „Compassionate Use“-Programms verwendet.
Sie können der Tochter von Frau A. jedoch ein fiebersenkendes, schmerzstillendes Medikament mit Paracetamol anbieten. Gegen die Halsschmerzen eignen sich schmerzstillende Lutschpastillen oder auch Sprays.