„Rezeptfrei gegen Migräne“ – was man beachten muss!

Bei Patienten mit Dauermedikation oder bei der Einnahme von neuen Medikamenten lohnt es sich, auf mögliche uner­wünschte Nebenwirkungen oder Interaktionen aufmerksam zu machen – vor allem, wenn vom Patienten ein rezeptfreies Präparat gewünscht wird. Zur Behandlung von Migräne sind Präparate mit unterschiedlichen NSAR sowie Paracetamol oder Zolmitriptan rezeptfrei erhältlich. Die Patientin wünscht 3 Packungen eines re­zeptfreien Migränepräparats mit Zolmitriptan, welches sie schon öfter gegen die Migräneanfälle eingenommen hat.

1. Interaktionscheck

Die Dauermedikation der Patien­tin könnte Einfluss auf den Natri­umhaushalt haben. Bei der Ein­nahme von Amitriptylin und Escitalopram kann es zu einem er­höhten Risiko für eine Hyponatri­ämie kommen. Diese äußert sich oft unspezifisch durch Kopf­schmerzen, Verwirrung und Übel­keit, sie kann jedoch auch zu Krampfanfällen, Bewusstlosigkeit und im schlimmsten Fall zu Koma und Tod führen. Risikofaktoren sind dabei das weibliche Ge­schlecht und auch hohes Alter.

2. Anamnese

Die Patientin leidet an Depressionen und Migräne. Als Migräne­prophylaxe wird Amitriptylin eingesetzt. Laut Leitlinien sollte es jedoch mit einer Dosierung von 50–75 mg eingesetzt werden.* Amitriptylin wirkt auch antidepressiv. Die Kombination mit Escitalopram, welches die Patientin vor kurzem verschrieben be­kommen hat, kann jedoch selten zu Kopfschmerzen führen. Zolmitriptan wirkt ebenso wie Escitalopram und Amitriptylin auf den Serotoninhaushalt ein. Eine additive Wirkung ist nicht ausge­schlossen, und es kann zu einem Serotoninsyndrom kommen. Dieses äußert sich durch Tremor, Diarrhö, Verwirrtheit sowie Agitiertheit, und es kann sogar zu epileptischen Anfällen und Organversagen führen.

Was kann man tun?

  • Von der Einnahme des rezeptfrei erhältlichen Zolmitriptan sollte abgeraten werden. Stattdessen kann der Patientin zur Überbrückung ein anderes wirksames Analgetikum (in diesem Fall geeignet: Paracetamol) angeboten werden.
  • Aufgrund der Gefahr eines Serotoninsyndroms sollte mit dem behandelnden Arzt Kontakt aufgenommen werden. Dem Arzt kann geschildert werden, dass die Patientin wieder häufiger an Migräneanfällen leidet und die derzeitige prophylaktische Einstellung mit Amitriptylin nicht ausreichend wirkt. Sie nahm in letzter Zeit vermehrt Zolmitriptan ein; das helfe ihr zwar, jedoch bestehe das Risiko eines Serotoninsyndroms, da sie von Symptomen wie zittrigen, schweißigen Händen berichtet. Es kann ein Wechsel auf ein anderes Arzneimittel zur Migränepro­phylaxe, das nicht serotonerg wirkt (z. B. Bisoprolol), vorschla­gen werden. Die Einnahme von SSRI, Bisoprolol und Zolmitrip­tan ist im Bedarfsfall möglich. Weiters empfiehlt sich eine Blutabnahme, wobei der Natriumspiegel kontrolliert wird.
Fragen, die man den Patienten hier stellen muss!

1) Wie oft leiden Sie an Migräneanfällen?
Die Patientin erklärt Ihnen, dass sie einen sehr gesunden Lebensstil pflegt und sonst keine Er­krankungen hat. Jedoch leidet sie schon lange an Migräneanfällen, die sich in letzter Zeit gehäuft haben. Der Neurologe hatte ihr immer ein Präparat mit Zolmitriptan verschrieben, und sie weiß, dass es dieses jetzt auch rezeptfrei gibt. Daher hatte sie dieses im letzten Monat schon öfter ange­wendet, und es hat gegen die Migräne gut geholfen. Sie bemerkte jedoch, dass sie nach der Ein­nahme oft zittrige, schweißige Hände hatte, was sie aber nicht weiter störte.

2) Seit wann nehmen Sie Ihre Dauermedikation ein?
Zur Migräneprophylaxe, und weil sie an Depressionen leidet, hatte sie ein Präparat mit Amitripty­lin verschrieben bekommen. Die Depressionen wurden jedoch nicht besser, und seit einigen Mo­naten nimmt sie zusätzlich Escitalopram am Morgen ein. Seither hat sich ihre Stimmung deutlich gebessert.

 

Fakten zu Zolmitriptan

  • Zolmitriptan sollte nicht öfter als 10-mal im Monat eingenommen werden, da es sonst zu einem arzneimittelinduzierten Dauerkopf­schmerz kommen kann.
  • Zolmitriptan sollte aufgrund der additiven serotonergen Wirkung nicht gemeinsam mit SSRI oder mit MAO-Hemmern eingenommen werden. Ist die gleichzeitige Behandlung mit Zolmitriptan und einem SSRI oder MAO-Hemmer klinisch erforderlich, kann dies unter sorgfältiger ärztlicher Überwachung geschehen, um die additive serotonerge Wirkung sofort zu erkennen. Patienten sollten über entsprechende Symptome (z. B. starkes Schwitzen, Tremor) informiert werden.