Wadenkrämpfe im Griff

Unter einem Muskelkrampf wird eine kurz andauernde, unwillkürliche Kontraktion des Muskels verstanden. Diese ausgeprägte Kontraktion ist mit Schmerzen verbunden und dauert einige Sekunden bis Minuten, ist aber selbstlimitierend.1
Der gewöhnliche Muskelkrampf hat meist keine erkennbare Ursache. Am häufigsten sind die Muskeln der Wade und des Fußgewölbes betroffen. Sind die betroffenen Muskeln verkürzt, wird die Krampfauslösung begünstigt. Symptomatische Muskelkrämpfe können verschiedenste Ursachen haben. Dazu zählen unter anderem Elektrolytverlust bei körperlicher Arbeit/Sport, Hypovolämie, Hyponatriämie, Erkrankungen des zweiten Motoneurons (z. B. durch Neuropathien, neurale Tumoren), endokrine Erkrankungen und Leberzirrhose. Auch eine Schwangerschaft kann ein möglicher Grund sein. Außerdem können Alkohol und Medikamente wie Diuretika, Statine, Betasympathomimetika etc. Auslöser sein. Muskelkrämpfe, denen eine Erkrankung zugrunde liegt, müssen stets ärztlich abgeklärt werden.1

Therapie und Vorbeugung

Als allgemeine Therapieempfehlung gilt die Dehnung der betroffenen Muskulatur bzw. die Anspannung der Gegenspieler der verkrampften Muskeln. Bei nächtlichen Wadenkrämpfen sollte die Muskulatur auch tagsüber regelmäßig gedehnt werden. Ebenso sollten bei belastungsabhängigen Krämpfen vor der Sporteinheit Dehnübungen durchgeführt werden; nach dem Training können Massagen das Risiko für einen Krampf verringern.1 Zur medikamentösen Behandlung kann Chinin eingesetzt werden. Die Therapie ist wirksam, sollte aber aufgrund seltener, schwerwiegender Nebenwirkungen nur nach strenger Indikationsstellung erfolgen. Laut S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie wird vor der Gabe von Chinin ein Therapieversuch mit Magnesium empfohlen. Der Mineralstoff hat eine große therapeutische Breite und ist deswegen gut als erste Behandlungsmethode geeignet.1

Magnesiumionen haben im Körper vielfältige Aufgaben: Sie sind an verschiedenen enzymatischen Reaktionen beteiligt, dämpfen die neuromuskuläre Erregbarkeit durch Hemmung von Ionenkanälen und können die Freisetzung von Hormonen blockieren. Bei einer Hypomagnesiämie, ­zum Beispiel durch Mangelernährung, chronische Darm­erkrankungen und Missbrauch von Laxanzien, können Symptome wie Verwirrung, Parästhesien und Tachykardie auftreten. Durch die gesteigerte Erregbarkeit des ZNS und der Skelettmuskulatur kommt es außerdem zu Tremor und Krämpfen.2, 3 Zu den Krämpfen wird folgender Mechanismus diskutiert: Der Magnesiumverlust in der Muskulatur führt zu einer relativen Überladung mit Calcium und einem Anstieg des pH-Wertes, dies resultiert in einer gesteigerten Kontraktionsbereitschaft mit erhöhtem Energieverbrauch, mangelnder Relaxationsfähigkeit oder Dauerkontraktion des Muskels. Die daraus folgende Kompression der Blutgefäße unterbricht die Muskelpumpe, es kommt zur Minderperfusion der Muskulatur und zu einem Aufbrauchen der Energiereserven unter nun anaeroben Bedingungen. Als Ergebnis stellt sich akuter muskulärer Schmerz ein.4


Literatur:

1 Deutsche Gesellschaft für Neurologie: S1-Leitlinie Crampi/Muskelkrampf. AWMF-Registernummer: 030/037. https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/030-037.html

2 Mutschler E, Geisslinger G, Kroemer HK et al., Mutschler Arzneimittelwirkungen – Pharmakologie, Klinische Pharmakologie, Toxikologie, 10. Auflag. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, 2013

3 Aktories K, Förstermann U, Hofmann F et al., Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 10. Auflag. München: Elsevier GmbH, 2009

4 Predel H-G, Weisser B, Latsch J et al., Magnesium im ambitionierten Breitensport – ein Update. Dtsch Z Sportmed. 2017; 68:5–9