News aus der Unfallchirurgie

Chirurgische Schrauben aus menschlichen Spenderknochen
Wenn Knochen mit medizinischer Unterstützung wieder zusammenheilen müssen, waren das chirurgische Mittel der Wahl seit Jahrzehnten Metallschrauben, meist aus Titan oder Edelstahl, die nach dem Heilungsprozess operativ entfernt werden müssen. Der Orthopäde Dr. Klaus Pastl entwickelte gemeinsam mit dem Institut für Biomechanik der TU Graz 2013 eine Alternative in der Orthopädie und Unfallchirurgie: die Schraube „Shark Screw“, hergestellt aus dem besonders kompakten und harten Mittelteil des menschlichen Oberschenkelknochens. Das Spendermaterial heilt vollständig in den Knochen ein, sodass das Transplantat nach etwa einem Jahr nicht mehr im Röntgen sichtbar ist. Zudem erkennt der Körper die Knochenschrauben als körpereigen, die Infektionsgefahr und Komplikationen werden auf ein Minimum reduziert. Die „Shark Screw“ wird vom 2016 gegründeten Start-up surgebright in Kooperation mit dem Deutschen Institut für Zell- und Gewebeersatz (DIZG) in Berlin produziert. Die patentierte Technologie ist bereits in 14 österreichischen Krankenhäusern im Einsatz.
Derzeit wird im FFG-geförderten Projekt „Bonescrews“ an neuen Prototypen der Knochenschraube für die Fuß- und Kieferchirurgie geforscht. „Für Kiefer-OPs braucht es möglichst kleine Schrauben, ca. 20 Millimeter lang, die aber großen Belastungen standhalten müssen. Denn relativ zur Größe ist der Kiefermuskel der stärkste Muskel im menschlichen Körper. In der Fußchirurgie sind die Schrauben zwar größer, zwischen 4 und 6 Zentimeter lang, aber auch sie sind großen Kräften ausgesetzt, beispielsweise Biegekräften bei operativen Korrekturen am Rückfuß“, erklärt DI Dr. Gerhard Sommer vom Institut für Biomechanik der TU Graz.
Alleine das Gewindedesign der Schrauben wirkt sich enorm auf die Biege- und Scherfestigkeit und das Bruchdrehmoment aus. Diese Kräfte im Fuß- und Kieferknochengerüst müssen die Forscher im ersten Schritt durch Labormessungen und Simulationen biomechanisch erfassen und verstehen. Sind die Parameter für die optimale Festigkeit der Schraube definiert, wie etwa der Innen- und Außendurchmesser des Gewindes oder der Gewindetalradius, stehen reale Tests der Knochenschrauben nach DIN-Standard an.
Unfallchirurgen: Forderung nach längerer Übergangsfrist
Durch die steigende Lebenserwartung wird von internationalen Gesundheitsexperten eine Verdreifachung der Oberarmkopffrakturen bis 2030 prognostiziert. Da Osteoporose ein Risikofaktor ist, betrifft diese Entwicklung vor allem Frauen. Für altersbedingte Verletzungen lassen sich kaum Präventionsmaßnahmen setzen, umso wichtiger ist die State-of-the-Art-Versorgung dieser Frakturen. Die Österreichische Gesellschaft für Unfallchirurgie (ÖGU) hat Schulterverletzungen daher in den Fokus ihrer 53. Jahrestagung gestellt, die kürzlich in Salzburg stattgefunden hat. „Orthopäden und Traumatologen werden künftig mehr gebraucht denn je“, ist Prim. Prof. Dr. Christian Fialka, Ärztlicher Leiter des AUVA Unfallkrankenhauses Meidling und Präsident der ÖGU, überzeugt, wie auch die Diskussionen und präsentierten Forschungsergebnisse am Kongress deutlich belegten.
1.403 Fachärzte für Unfallchirurgie gibt es derzeit in Österreich, 1.152 Fachärzte für Orthopädie. 2015 wurde jene Ausbildungsreform verabschiedet, die die beiden Fächer zusammenführt. Als Folge werden Stellen in Zukunft nur mehr für Fachärzte für Orthopädie und Traumatologie ausgeschrieben. Der Gesetzgeber hat bis Ende Mai 2021 eine Übergangsfrist eingeräumt, in der Fachärzte für Orthopädie oder Unfallchirurgie fehlende Ausbildungsteile im jeweils anderen Fach ergänzend nachmachen können. Diese erforderliche Ausbildungszeit variiert zwischen zwölf und 27 Monaten und wird von einer Kommission festgelegt. Angesichts der Rahmenbedingungen ist die Übergangsfrist bis 2021 zu kurz. „Mittlerweile haben mehr als 300 Ärzte ihren Antrag auf weitere Ausbildung bei der Österreichischen Ärztekammer eingereicht. Diese benötigen nun einen Ausbildungsplatz, der nicht immer am Wohnort verfügbar bzw. oft schon besetzt ist. Für einige Kollegen wird sich die geforderte Ausbildungszeit im Rahmen der bestehenden Übergangsfrist nicht ausgehen. Daher arbeiten wir mit Nachdruck daran, dass der Gesetzgeber die Frist für die ergänzende Ausbildung erstreckt. Der Bedarf nach mehr Wissen und besserer Qualifikation, die letztlich der wachsenden Zahl an Patienten zugutekommt, kann mit der bestehenden Regelung nicht gedeckt werden.“
Quelle: 53. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Unfallchirurgie