Ebola: Eine „politische“ Seuche und der Schein einer absoluten Sicherheit

Das Ebola-Virus gehört zu einer Gattung aus der Familie der Filoviridae. Es gibt fünf identifizierte Arten des Ebola-Virus; vier davon können beim Menschen eine Infektion auslösen. Den gegenständlichen Ausbruch in Westafrika hat das „Zaire Ebola-Virus“ verursacht. Benannt ist das Virus aufgrund der Erstbeschreibung 1976 nach dem „Ebola-Fluss“. Er liegt im ehemaligen Zaire, heute Demokratische Republik Kongo. Seither gab es vereinzelt Ausbrüche in abgelegenen Regionen Zentralafrikas. Der Ausbruch 2014 in Westafrika war der bislang größte in der Geschichte.
Es gibt zahlreiche Indizien dafür, dass Flughunde, eine Art Fledermäuse, „natürliche Reservoirwirte“ der Ebola-Viren sind. Das würde bedeuten, dass Flughunde das Virus übertragen, jedoch nicht selbst daran erkranken. Möglich ist die Übertragung auf den Menschen durch den direkten Kontakt mit Flughunden, Flughundkot oder mit infizierten Primaten wie Schimpansen oder Gorillas, die ebenfalls nach dem Kontakt mit Flughunden Symptome einer Ebola-Vireninfektion entwickeln können.

Übertragungswege

Ebola wird von Mensch zu Mensch durch direkten Kontakt mit Blut oder anderen Körperflüssigkeiten wie etwa Urin, Speichel, Schweiß, Fäkalien, Erbrochenem, Muttermilch oder Samenflüssigkeit einer Person übertragen, die an Ebola erkrankt oder verstorben ist, oder über medizinisches Equipment wie Nadeln und Spritzen, das mit dem Virus kontaminiert ist.
Ist die Erkrankung ausgeheilt, können Betroffene das Virus in der Regel nicht mehr übertragen. Allerdings kann die Samenflüssigkeit eines Mannes bis zu drei Monate nach der Genesung noch Ebola-Viren enthalten. Obwohl sexueller Kontakt bisher keinen wesentlichen Risikofaktor bei früheren Ausbrüchen dargestellt hat, wird empfohlen, für mindestens drei Monate auf Geschlechtsverkehr zu verzichten. Es gibt keine sicheren Beweise oder allgemeinen Richtlinien, ab wann Stillen unbedenklich ist, nachdem die Erkrankung bei der Mutter ausgeheilt ist. Nur durch Labortests lässt sich sicherstellen, ob die Muttermilch virenfrei ist.

Welche Symptome treten auf?

Die Inkubationszeit beträgt etwa zehn Tage, jedoch kann es im Einzelfall bis zu 21 Tage dauern, ehe Symptome manifest werden – bezeichnenderweise völlig unspezifische wie Kopf- oder Muskelschmerzen, Gelenkbeschwerden, Hautausschläge, Halsentzündung, Müdigkeit und Fieber gefolgt von Übelkeit, Durchfall und Erbrechen. Patienten können in weiterer Folge auch innere oder äußere Blutungen zeigen, verursacht durch eine massive Schädigung der Blutgefäße bis hin zum Multiorganversagen.
Letztlich war diese völlig unspezifische Symptomatik der Grund dafür, dass die Epidemie 2014 relativ spät als Ebola-Infektion erkannt wurde. Die frühzeitige Diagnose ist eben entsprechend schwierig. Ein weiterer Co-Faktor war die erstmalige Ausbreitung auf urbane Gebiete. Vorhergehende Ausbrüche hatten sich auf entlegene Regionen beschränkt. Was darauf folgte, war sicher nicht „afrikaspezifisch“, denn jede Region der Welt, in der eine unerwartete massive Virusepidemie auftritt, gerät rasch in Notstand, sei das nun bezüglich der Versorgungsmöglichkeiten mit entsprechender Isolation, ausreichend geschultem Personal oder Ähnlichem mehr.

Weder Impfung noch Therapie

Tritt eine derartige Epidemie auf, wird stets der laute Ruf nach Impfungen hörbar, da häufig erst dann die Brisanz einer Seuche mit Todesfolge ausreichend bewusst wird. Allerdings gibt es derzeit keinen zugelassenen Impfstoff und ob der globale Traum von einer erfolgreichen Massenimpfung ausreichend rasch wahr wird, wird sich noch weisen. „Ebola-Impfstoffe sind zwar kein Allheilmittel, sobald sie verfügbar sind, werden sie allerdings ganz bestimmt dazu beitragen, die Flut der Ebola-Epidemie aufzuhalten“, meint dazu Dr. Marie-Paule Kieny von der Weltgesundheitsorganisation WHO.
Was derzeit bleibt, ist eine Behandlung der Symptome, verbunden mit dem frommen Wunsch, diese möglichst frühzeitig zu beginnen, um die Überlebenschancen zu erhöhen.

 

Internationale Partnerschaft führt erste klinische Studien für Ebola-Medikamente durch

Ärzte ohne Grenzen wird gemeinsam mit drei internationalen Forschungsinstitutionen klinische Studien für Ebola-Medikamente durchführen. Die Studien werden von der Universität Oxford (UK), dem Nationalen Institut für Gesundheit und medizinische Forschung INSERM (Frankreich) und dem Institut für Tropenmedizin Antwerpen ITM (Belgien) geleitet und in drei Ebola-Behandlungszentren von Ärzte ohne Grenzen in Westafrika stattfinden. Die Studien sollen schnell zu einer wirksamen Therapie führen, die gegen die Epidemie eingesetzt werden kann, die in der Region bereits mehr als 5.000 Menschenleben gefordert hat. Bislang gibt es keine Medikamente gegen Ebola. Erste Studienergebnisse könnten bereits im Februar­ 2015 vorliegen.

 

Ausbreitung verhindern

Laut WHO waren mit Stand 25. Oktober 2014 10.141 Menschen in acht betroffenen Ländern an Ebola erkrankt und 4.922 an Ebola gestorben. Betroffen waren vor allem Guinea (1.553 Fälle, 926 Tote), Liberia (4.665 Fälle, 2.705 Tote) und Sierra Leone (3.896 Fälle, 1.281 Tote) sowie mit Einzelfällen Mali, Nigeria, Senegal, Spanien und die USA.
Oberstes Ziel ist die Unterbrechung der Infektionskette durch Isolation der Betroffenen. Gleichzeitig sind ausreichende Sicherheitsmaßnahmen für die Helfer erforderlich, wie exakte Isolationsprotokolle und persönliche Schutzkleidung vor Ort. Personen, bei denen verdächtige Symptome auftreten, sollten sofort isoliert und untersucht werden inklusive der Feststellung allfälliger Personen, die mit den Infizierten in Kontakt waren. Zu den medizinischen Herausforderungen stellt sich damit auch gleichzeitig ein veritables Kommunikationsproblem, geht es doch darum, rechtzeitig sowie umfassend den gesamten betroffenen Personenkreis zu erreichen. Ärzte ohne Grenzen berichtet von einem Abwärtstrend neuer Ebola-Fälle in seinen Behandlungszentren in Guinea, Liberia und Sierra Leone. Derzeit befinden sich nur über 50 Patienten in den acht Zentren der Organisation. Dies gibt zwar Anlass zu Hoffnung, die medizinische Hilfsorganisation warnt aber davor, dass verminderte Wachsamkeit die Fortschritte im Kampf gegen die Epidemie gefährden würde. „Dieser Rückgang ist eine Gelegenheit, die Anstrengungen nun auf die gravierenden Schwachstellen zu konzentrieren, die nach wie vor vorhanden sind“, erklärt Brice de la Vingne, Leiter der Einsätze von Ärzte ohne Grenzen in Brüssel. „Wir sind auf dem richtigen Weg, aber das Ende der Epidemie werden wir nur erleben, wenn signifikante Verbesserungen beim Melden neuer Fälle und beim Zurückverfolgen der Kontakte der neu Erkrankten durchgeführt werden.“
Es gibt fast keinen Informationsaustausch beim Zurückverfolgen der Kontakte zwischen den drei am meisten betroffenen Ländern. „Die Menschen überqueren häufig die Grenzen, daher ist es essenziell, dass es in jedem Land Kontrollteams gibt, die eng zusammenarbeiten, damit keine neuen Fälle in Regionen eingeschleppt werden, die als Ebola-frei angesehen werden“, erklärt de la ­Vingne. Das ist ein regionales Problem, kein nationales.
Ein zusätzliches großes Problem ist die Lähmung des öffentlichen Gesundheitssystems. „Jeder zehnte Gesundheitsangestellte des Landes ist an Ebola gestorben. Die medizinischen Einrichtungen sind chaotisch und Menschen, die an anderen Erkrankungen leiden, müssen darum kämpfen, behandelt zu werden“, erklärt Karline Kleijer, Noteinsatz-Koordinatorin von Ärzte ohne Grenzen.

Was lässt sich relativieren?

Schafft es eine Erkrankung in den Weltmedienzirkus, wird sie „wichtig“. Mächtige Politiker, internationale Gremien, medizinische Weltverbände treten zusammen und versorgen die Welt mit wichtigen Kommentaren sowie globalen Planungskonzepten zur Vermeidung weltweiten Sterbens. Doch wie „alt“ ist Ebola wirklich? Rund 50 Jahre – es wäre Zeit genug gewesen. Wie alt ist das West-Nil-Virus? Nahezu doppelt so alt. Datiert aus 1937. Das Dengue-Fieber wurde 1789 erstmals von Rush beschrieben. Ganz im Gegensatz dazu steht MERS, denn das „Mid­dle East Respiratory Syndrome Coronavirus” wurde erstmals 2012 definiert.
Im November 2014 berichtete das JAMA (Journal of the American Medical Association) von den enormen Problemen, die selbst in einem modernen Land wie den USA durch einen „medizinischen Tsunami“, den Ebola verursacht hat, aufgetreten waren. Eines der gewaltigsten Probleme ist die Ausbreitung von Angst bis hin zur Hysterie, nicht zuletzt durch mediale Hypes und kolportierte Verschwörungstheorien – wie etwa einen­ „biologischen Terrorangriff“. Vieles lässt sich bei näherem Hinsehen und seriöser Berichterstattung relativieren, vor allem muss der Anspruch an irgendeine „absolute Sicherheit“ relativiert werden. Es gibt weder in der Politik und schon gar nicht in der Medizin ein Konzept, das völlige Sicherheit garantieren kann.

Neue Herausforderungen

Die tödliche Infektionskrankheit ist im Zentrum des Medieninteresses und bekommt dementsprechend viel Aufmerksamkeit. Jedoch gibt es unter den übertragbaren Krankheiten andere mit jährlich viel höheren Opferzahlen. Dazu zählen die am häufigsten zum Tode führende Krankheit Tuberkulose (WHO: 8,8 Millionen Erkrankungen, 1,3 Millionen Todesfälle; Stand: 2012), die durch das humane Immunschwächevirus übertragene Erkrankung AIDS (UNO: 35 Millionen Erkrankte, 1,5 Millionen Todesfälle; Stand: 2013), die Infektionskrankheit Malaria (855.000 Todesfälle; Stand: 2013) oder die durch mangelnde Hygiene hervorgerufene Krankheit Cholera (WHO: bis 5 Millionen Erkrankungen/Jahr; bis 120.000 Todesfälle/Jahr). Laut WHO werden in den industrialisierten Ländern ab 2015 die psychischen Überlastungsstörungen bei Frauen alle anderen (!) Erkrankungen an Häufigkeit übertreffen.
Es kommen laufend neue Herausforderungen auf die Medizin zu. Manches davon wird „hausgemacht“ sein wie Nil-Virus-Infektionen in Österreich oder das Ansteigen psychischer Überlastungsstörungen durch falsche Lebensführung. Anderes wird die Natur aus ihrem fantasievollen Tornister ziehen. Was auch immer dahinter steckt, wird es nicht Panikmache, sondern ausgewogen Wohlüberlegtes sein, das dann zu tun ist.

 

Save the Date: 9. Österreichischer Infektionskongress

(Re-)Emerging Infections
15.-18. April 2015, Saalfelden
www.oegit.eu

Als im Mai 2013 das Thema „Emerging and Re-Emerging Infections“ für den 9. ÖIK 2015 ausgewählt wurde, konnte niemand erahnen, welche Brisanz dieses Thema durch die Ebola-Epidemie bekommen würde. Sie führt nun eindrucksvoll vor Augen, wie rasch sich Probleme und Themen in der Infektiologie ändern oder neu entstehen und wie aktuell das Thema der „neu und wiederauftretenden Infektionen“ ist. Damit unterscheidet sich die Infektiologie grundsätzlich von anderen Fächern der Medizin, wo langfristige Entwicklungen absehbar und planbar sind. Jedenfalls ist aber wieder einmal bewiesen, dass der berühmte Satz von William Stewart aus dem Jahr 1967: „The time has come to close the book on infectious diseases“ eine völlige Fehleinschätzung war.
Neben Ebola, MERS und Co sind andere Erkrankungen auf dem Vormarsch oder neue Phänomene aufgetreten. Septikämien und besonders die Staphylococcus-aureus- Bakteriämien nehmen zu, es gibt neue und klinisch relevante Resistenzmechanismen bei Pilzen und „alte“ Krankheiten wie Pertussis, Diphtherie, Masern und Mumps tauchen wieder vermehrt auf. Die aktuellen Resistenzmechanismen bei Gram-negativen Bakterien und die geringe Auswahl an antiinfektiven Substanzen bei diesen Erregern erfordern eine Diskussion über die „ alten“
Antibiotika, auf die jetzt wieder vermehrt zurückgegriffen werden muss. Neue oder wieder auftretende Infektionen sind auch bei Risikopatienten mit Immunsuppression ein wichtiges Thema, dem ein Symposium gewidmet wird. Mit Prof. Didier Raoult konnte einer der weltbesten Forscher und Kliniker auf dem Gebiet der „Emerging Infections“ als Eröffnungsredner gewonnen werden. Raoult wird über seine bisherigen Entdeckungen und die Zukunftsaussichten auf dem Gebiet der „Emerging Infections“ sprechen. Im Rahmen des Kongresses wird auch der neu ausgelobte „Österreichische Infektionspreis“ erstmalig vergeben werden.