Befundkonstellation „Arthralgien und schuppende Hautläsionen“

Gelenkschmerzen (Arthralgien) und Hautläsionen sind häufige Symptome, die einzeln, aber auch gemeinsam auftreten können. Das gemeinsame Auftreten umfasst eine Vielzahl infektiöser, chronisch-entzündlicher, degenerativer und Autoimmunerkrankungen. Hinzu kommen zufällige Assoziationen, die keinen kausalen Zusammenhang oder krankheitsspezifischen Wert haben. So können bei älteren Personen Arthralgien als Ausdruck einer mechanisch-degenerativen Gelenkerkrankung (Osteoarthrose) gemeinsam mit schuppenden Hautläsionen eines Lichen simplex chronicus vorkommen. Beide Erkrankungen sind in dieser Altersgruppe häufig und die Assoziation durch den Verzerrungsfaktor „Alter” zu erklären.
Schränkt man die Ursachen von Arthralgien auf Gelenkentzündungen (Arthritiden) und die begleitenden Hautsymptome auf schuppende, leicht erhabene Hautherde (so genannte Plaques) ein, dann ist die Befundkonstellation von Gelenk- und Hautsymptomen oft spezifisch und bei der Diagnosestellung richtungsweisend.

Psoriasis

Die häufigste chronisch entzündliche Erkrankung, die sich primär an der Haut manifestiert, aber auch die Gelenke betreffen kann, ist die Psoriasis. Die Erkrankung tritt mit einer mittleren Prävalenz von 2 % auf und manifestiert sich meist im jungen Erwachsenenalter. Ein Drittel der Patienten gibt den Erkrankungsbeginn allerdings bereits vor dem 18. Lebensjahr an. Krankheitsauslösend wirksam sind bei genetischer Prädisposition bestimmte, letztlich ungeklärte Realisationsfaktoren. Immunpathologisch führt eine Aktivierung des zellulären Immunsystems mit Beteiligung von dendritischen Zellen, T-Zellen und unterschiedlichen Entzündungsmediatoren (TNF-alpha, Interleukin 12 und 23) zu einer Entzündungsreaktion in der Haut und zur verstärkten Keratinozytenproliferation. Die häufigste klinische Verlaufsform, die chronisch-stationäre Plaque-Psoriasis (Psoriasis vulgaris) ist durch charakteristische, mit silbrig-weißen Schuppen bedeckte, erythematöse Plaques gekennzeichnet. Die Herde treten meist symmetrisch und bevorzugt an Ellbogen, Knie und Stamm auf. Die Stärke des Befalls reicht von vereinzelten kleinen Läsionen bis zum generalisierten Befall. Juckreiz ist bei vielen Patienten ein Begleitsymptom. Erosionen und strichförmige Kratzspuren sind dann als Sekundärveränderungen sichtbar. Diese mechanische Alteration kann wiederum das Auftreten neuer Hautherde induzieren (Köbner-Phänomen). Bei 10– 55 % der Patienten mit Hautbefall sind die Nägel mitbetroffen. Noch stärker ist die Nagelpsoriasis mit Psoriasisarthritis (PsA) assoziiert: Bei 80–90 % der Patienten mit PsA kommt es im Lauf der Erkrankung zum Nagelbefall. Umgekehrt tritt bei 5 % der Patienten die Nagelpsoriasis isoliert ohne Hautbeteiligung in Erscheinung. Hier ist der Nagelbefall ein wichtiger differenzialdiagnostischer Hinweis zur Diagnosestellung einer PsA bei Patienten mit Arthralgien. Eine Gelenkbeteiligung tritt bei rund 25 % der Patienten mit Psoriasis auf und manifestiert sich meist als seronegative Oligooder Polyarthritis. Typisch ist der asymmetrische Befall der distalen Interphalangealgelenke, der oft zu schmerzhaften, wurstartigen Verdickungen der Finger und Zehen führt (Daktylitis) sowie der Befall periartikulärer Strukturen (Enthesiopathie). Die PsA verläuft meist chronisch, seltener akut und rasch progedient. Unbehandelt kann die Entzündung zur Gelenkdestruktion führen.

Lupus erythematodes (LE)

Während die Psoriasis Männer und Frauen etwa gleich häufig betrifft, tritt der Lupus erythematodes (LE) überwiegend bei Frauen im jungen Erwachsenenalter auf. LE und Psoriasis teilen einige Charakteristika: beide Erkrankungen werden heute als Autoimmunerkrankungen verstanden. Im Gegensatz zur Psoriasis sind beim LE die autoantigenen Strukturen weitgehend bekannt. Beide Erkrankungen können auf die Haut beschränkt sein, oder aber andere Organsysteme betreffen. Beim LE spricht man im ersten Fall vom kutanen LE (CLE). Dieser kann akut, subakut oder chronisch verlaufen. Sind zusätzlich andere Organsysteme wie Gelenke, Nieren, Herz, ZNS, Darm, Leber und die Hämatopoese betroffen, beziehungsweise 4 der 11 Kriterien der American Association of Rheumatology (ARA) getroffen, lautet die Diagnose: systemischer LE (SLE). Eine Art Zwischenstellung nimmt der subakut kutane LE (SCLE) ein: hier finden sich Hautläsionen gemeinsam mit bestimmten Autoantikörpern (SS-A, SS-B). Laut Literatur entwickeln 20– 40 % der Patienten mit SCLE im Verlauf einen SLE. Diese Einteilung der kutanen Manifestationen des LE ist verwirrend, da sie suggeriert, dass der kutane LE ohne Beteiligung anderer Organsysteme eine Hauterkrankung ist, während z. B. die exakt gleichen Läsionen bei Vorliegen einer Lupusnephritis und Lupushepatitis Teil einer Systemerkrankung sind. Betrachtet man die kutanen Manifestationen des LE nicht als eigenständiges Krankheitsbild, sondern als Lupus dermatitis (in Analogie zur Lupus nephritis, Lupus-Karditis usw.), die je nach Dauer und Schwere der Erkrankung verschieden in Erscheinung treten kann, fügen sich die unterschiedlichen Präsentationen an der Haut zu einem Bild zusammen: akute Läsionen entstehen rasch und manifestieren sich klinisch als Erythem, eine umschriebene Rötung, die im Gesicht typischerweise zentral lokalisiert (Schmetterlingserythem) ist. Bei massivem Krankheitsdruck können die entzündlichen Veränderungen in der Haut so rasch auftreten, dass es zur subepidermalen Spaltbildung und klinisch zur Blasenbildung unter dem Bild des bullösen LE kommt. Eine weitere Manifestation akuter Hautläsionen ist das Rowell-Syndrom. Hier finden sich – neben Schleimhautläsionen – an der Haut schießscheibenartige erythematöse Plaques, die an ein Erythema exsudativum multiforme erinnern.
Bei diesen akuten Verläufen sind üblicherweise mehrere Organe betroffen und die Diagnose lautet SLE. Bestehen die Läsionen im Gesicht oder an anderen sonnenexponierten Arealen länger (Wochen bis Monate), oder treten diese Läsionen immer wieder auf, entwickeln sich zunächst leicht erhabene, hyperkeratotische, erythematöse Plaques, die als subakut-kutaner LE (SCLE) bezeichnet werden, wenn sie mit Anti-Ro- und Anti-La-Antikörpern assoziiert sind. Chronische, über mehrere Monate und Jahre wiederkehrende Läsionen sind durch zentral hypopigmentierte, eingesunkene (atrophe), oft scheibenförmige Plaques gekennzeichnet und werden als diskoider kutaner LE (CDLE) bezeichnet. Das histopathologische Korrelat hierzu ist eine Atrophie der Epidermis und eine Vernarbung (Fibrose) der Dermis als Endzustand der Entzündungsreaktion. Die Entzündungsreaktion in der Haut reicht mit zunehmender Dauer tiefer. Daraus resultierend kommt es zu einer Entzündung und letztlich Vernarbung der Haarfollikel und zur vernarbenden Alopezie. Bei manchen Patienten ist primär die Dermis und das subkutane Fettgewebe von der Entzündung betroffen. Klinisch manifestiert sich dieses Reaktionsmuster als Lupus tumidus bzw. als Lupus panniculitis. Der Gelenkbefall bei SLE tritt üblicherweise als nichterosive Arthritis einer oder zweier peripherer Gelenke in Erscheinung.

Reaktive Arthritis

Eine Kombination von schuppenden psoriasiformen Plaques und einer Oligoarthralgie zumeist der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke wird bei der reaktiven Arthritis beobachtet. Die reaktive Arthritis wird als Reaktion auf gelenkferne Infekte, meist bakterielle Infektionen des Darmes, der Harn- und Geschlechtsorgane oder der Atemwege, verstanden. Sie tritt vor allem bei HLA-B27-positiven Personen auf. In der BRD betrifft die Erkrankung ungefähr 0,5 % der Bevölkerung und tritt bei Männern und Frauen im jungen Erwachsenenalter etwa gleich häufig auf. Die Arthralgien entwickeln sich üblicherweise Tage bis Wochen nach dem Infekt. Der primäre Infekt kann dabei oft asymptomatisch verlaufen. Hautläsionen, zumeist schuppende, erythematöse Plaques, die präferenziell an den Händen und Füßen entstehen, können begleitend auftreten. Neben der Haut sind oft auch die Schleimhäute (Mundhöhle und Genitalregion) betroffen. Augenbeteiligung in Form einer Konjunktivitis, Iridozyklitis oder Keratitis ist häufig.  Das Reiter*-Syndrom wird als eine Sonderform der reaktiven Arthritis betrachtet, die meist bei jungen Männern nach bakteriellen, urogenitalen oder intestinalen Infekten auftritt. Das Syndrom umfasst die Triade Arthritis, Urethritis und Konjunktivitis. Häufig finden sich zusätzliche Manifestationen an den Schleimhäuten (Balanitis circinata), den Nägeln und der Haut (schuppende, psoriasiforme Plaques an Händen und Füßen).  Andere infektiöse Krankheitsbilder Wichtig ist die Abgrenzung von anderen akut auftretenden infektiösen Krankheitsbildern, die mit schuppenden Läsionen und Arthralgien einhergehen können. Hierzu zählt die sekundäre Syphilis, die 2 bis 8 Wochen nach einer Infektion mit Treponema pallidum meist als generalisiertes Exanthem auftritt. Die Hautläsionen können stark variieren und reichen von makulösen über makulopapulöse Läsionen bis zu diskret schuppenden Plaques. Oft sind nicht nur Stamm und Extremitäten, sondern auch Handflächen und Fußsohlen betroffen. Arthralgien, Myalgien und Lymphadenopathie sind häufige Begleitsymptome. Untypische Verläufe und rasche Krankheitsprogredienz werden vor allem bei Patienten mit gleichzeitiger HIV-Infektion beobachtet.

* Hans Reiter war ein führender Arzt des nationalsozialistischen Hitlerregimes und hat Euthanasien an Gefangenen in Konzentrationslagern durchgeführt. Eine Umbenennung der Erkrankung wird daher immer wieder diskutiert, konnte sich aber bis jetzt nicht durchsetzen.

Referenzen

1) Nestle FO, Kaplan DH and Barker J, Psoriasis. N Engl J Med 2009; 361:496– 509.
2) Wittkowski KM, Leonardi C, Gottlieb A et al., Clinical symptoms of skin, nails, and joints manifest independently in patients with concomitant psoriasis and psoriatic arthritis. PLoS One 2011; 6(6):e20279.
3) Fitzgerald O, Winchester R, Psoriatic arthritis: from pathogenesis to therapy. Arthritis Res Ther 2009; 11(1):214.
4) Clarke JT and Werth PT, Rheumatic manifestations of skin disease. Curr Op Rheumatol 2010; 22:78–84.
5) Rowell NR et al., Lupus erythematosus and erythema multiforme-like lesions. Arch Dermatol 1963; 88:176.
6) Wu IB, Schwartz RA, Reiter’s syndrome: the classic triad and more. J Am Acad Dermatol 2008 Jul; 59(1):113–21.