Einsatz von liposomalem Doxorubicin in der Therapie des Ovarialkarzinoms

Pegyliertes liposomales Doxorubicin (Caelyx®) spielt in der Behandlung des Ovarialkarzinoms eine große Rolle. Sowohl als Monotherapie bei Patientinnen mit platinresistentem/ refraktärem Ovarialkarzinom als auch in Kombination mit Carboplatin in der Therapie des platinsensitiven Ovarialkarzinoms hat dieses Medikament seine Überlegenheit gegenüber den bisherigen Standardtherapien Topotecan oder Carboplatin/Taxol® gezeigt.1, 2 Darüber hinaus läuft in Österreich eine klinische Prüfung von pegyliertem liposomalen Doxorubicin +/– Angiogenese-Inhibitor bei platinresistenten/refraktären Patientinnen mit Ovarialkarzinom.

Durch Probleme in der Produktion von pegyliertem liposomalen Doxorubicin und Empfehlungen der europäischen Zulassungsbehörde EMA steht derzeit bis auf Weiteres pegyliertes liposomales Doxorubicin nicht mehr zur Verfügung. Optimistische Versprechungen lassen im 3. Quartal 2012 die Wiederaufnahme der Lieferungen erwarten. Ein längerer Lieferstopp kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Aus diesem Grund wird an verschiedenen Institutionen das pegylierte liposomale Doxorubicin durch das nicht-pegylierte liposomale Doxorubicin (Myocet®) ersetzt.

Derzeit gibt es insgesamt wenige prospektive Studien, die diesen unkontrollierten Einsatz unterstützen. In einer Analyse von Eichbaum et al.3 wurden 29 Patientinnen mit platinrefraktärem Ovarialkarzinom mit nicht-pegyliertem liposomalen Doxorubicin in Monotherapie behandelt (60–75 mg/m2). 20 % der Patientinnen zeigten ein Ansprechen und bei 32 % kam es zu einer Stabilisierung der Erkrankung.
In ähnlicher Weise wurden von Angioli et al.4 Patientinnen mit verschiedenen gynäkologischen Tumoren, wobei auch hier das Ovarialkarzinom im Vordergrund stand, mit 60–75 mg/m2 nicht-pegyliertem liposomalen Doxorubicin behandelt (n = 36). In dieser Untersuchung, die weit mehr vorbehandelte Patientinnen inkludierte, wurde ein Ansprechen in 17 % und eine Stabilisierung in 28 % beobachtet.
Beim ESGO-Kongress 2011 in Mailand wurde von Angelucci5 der Einsatz von nicht-pegyliertem liposomalen Doxorubicin bei Patientinnen, die unter pegyliertem liposomalen Doxorubicin ein schweres Hand-Fuß-Syndrom entwickelt haben, präsentiert. In dieser Studie wurde in 28 % der Patientinnen ein Ansprechen und in 30 % eine Stabilisierung der Erkrankung erreicht.
Im Rahmen der AGO-10-Studie haben wir liposomales Doxorubicin +/– Gemcitabin eingesetzt. Aufgrund einer schlechten Rekrutierung können wir keine finale Conclusion treffen. Allerdings war die Therapie insgesamt mit einer ausgeprägten Toxizität assoziiert (febrile Neutropenie, Fatigue, Emesis). Andererseits haben wir zeigen können, dass die Kombination von nicht-pegyliertem liposomalen Doxorubicin (60 mg/m2) und Carboplatin (AUC 5) vom Regime her machbar ist und zumindest beim Endometriumkarzinom Wirksamkeit zeigt. Allerdings ist in ca. 15 % der Zyklen mit einer Grad-III–IVMyeolotoxizität zu rechnen, diese stellt somit die Haupttoxizität dieser Kombination dar. Daher empfehlen wir eine Dosis zwischen 40–50 mg/m2 für das nicht-pegylierte liposomale Doxorubicin. Es muss jedoch festgehalten werden, dass die Wirksamkeitsdaten dieser Kombination für das Ovarialkarzinom bislang nicht in ausreichendem Maße vorliegen.
Somit besteht ein Dilemma, einerseits liegt eine nicht ausreichende Datenlage vor, andererseits besteht der Bedarf am Einsatz von Anthrazyklinen bei Ovarialkarzinomen.

Die OEGGG und AGO empfehlen daher bei Verwendung von liposomalem Doxorubicin eine Dosierung von 60–75 mg/ m2 als Monotherapie. In der Regel wird liposomales Doxorubicin beim Ovarialkarzinom in der Palliativsituation eingesetzt, somit sollen koloniestimulierende Faktoren nicht routinemäßig, sondern lediglich im Bedarfsfall eingesetzt werden. Da diese Anwendung jedoch nicht als Routine angesehen werden kann, empfehlen wir zur Qualitätssicherung die Daten von Patientinnen, die Myocet® als Monotherapie oder in Kombination mit Carboplatin erhalten, zu registrieren und an die AGO-Studienzentrale zu melden, um dadurch Risiken und Effektivität dokumentieren zu können. Sollte pegyliertes liposomales Doxorubicin längere Zeit nicht zur Verfügung stehen, könnten diese Daten große Bedeutung erlangen.

* abrufbar auf der Website der OEGGG unter: http://www.oeggg.at/fileadmin/user_upload/downloads/Leitlinien/Positionspapier_liposomales_Doxorubicin_beim_Ovarialcarzinom_190312.pdf
1 Gordon et al., Gynecol Oncol 2004; 95:1-8; 2 Pujade-Lauraine et al., J Clin Oncol 2010; 28:3323-3329; 3 Eichbaum et al., Gemeinsame Jahrestagung der DGHO, ÖGHO, SGMO und SGH+SSH 2011, Basel (Poster); 4 Angioli et al., Int J Gynecol Cancer 2007; 17:88-93; 5 Angelucci et al., 17th ESGO-Meeting 2011, Mailand (Poster)