Tumorboards – rechtliche Aspekte

Gesetzliche Grundlage für Tumorboards: Für Tumorboards bestehen keine expliziten gesetzlichen Regelungen, es gelten die allgemeinen Grundsätze für die Erbringungen medizinischer Leistungen. So ist der Arzt nach § 49 Abs. 3 ÄrzteG nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung sowie unter Einhaltung der bestehenden Vorschriften und der fachspezifischen Qualitätsstandards verpflichtet, das Wohl der Kranken und den Schutz der Gesunden zu wahren.
Neben diesen verwaltungsrechtlichen Bestimmungen ergibt sich auch eine zivilrechtliche Verpflichtung zur Behandlung nach den anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaft aus dem Behandlungsvertrag. Auch die Krankenanstaltenträger haben nach § 8 Abs. 2 KAKuG (Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz) dafür zu sorgen, dass Patienten nach den Grundsätzen und den anerkannten Methoden der medizinischen Wissenschaft behandelt werden, wobei sie sowohl auf personeller als auch auf apparativer Ebene die Organisationsverpflichtung trifft, für eine Behandlung entsprechend dem Stand der medizinischen Wissenschaft zu sorgen und die Abläufe im Sinne eines geordneten Gesamtgefüges anzubieten.
Letztlich enthält auch § 3 Abs. 1 GQG (Gesundheitsqualitätsgesetz) die Regelung, dass die Gesundheitsleistungen dem jeweiligen anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erfahrungen entsprechen sowie in der fachlich gebotenen Qualität erbracht werden müssen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich zwar keine explizite gesetzliche Grundlage für die Einrichtung von Tumorboards findet, dass dieser Umstand allerdings die Schaffung von Tumorboards keinesfalls gesetzwidrig macht. Vielmehr stellt die Etablierung von Tumorboards eine wichtige qualitätssichernde Maßnahme im Sinne von § 5 iVm § 8 Abs. 2 KAKuG dar, durch deren Arbeit vor allem gewährleistet werden soll, dass im Rahmen der jeweiligen Krankenanstalt gleichermaßen ein einheitlicher medizinischer Standard für alle Patienten gilt. Durch die interdisziplinäre Teamentscheidung und konsekutiv gezielte Anwendung von multiprofessionellen und multimodalen Konzepten bekommt jeder Patient die optimale Therapie.

Ablauf von Tumorboards: Tumorboards sind als beratende Gremien zu sehen. Da allerdings keine expliziten gesetzlichen Regelungen bestehen, gibt es auch keine rechtlichen Vorgaben hinsichtlich Auswahl von Mitgliedern, Entscheidungsfindung (bezüglich Einstimmigkeitsprinzip, Vetorecht), Erstellung einer Geschäftsordnung, Einschlusskriterien für Patienten etc. Sie setzen sich in der Regel aus Vertretern der an Diagnostik und Therapie beteiligten Fachgebiete zusammen.

Umsetzung der Stellungnahme des Tumorboards: Bei den Empfehlungen der Tumorboards handelt es sich um unverbindliche Stellungnahmen. Stehen nach dem Stand der Wissenschaft weitere gleichwertige Therapieverfahren zur Verfügung und hat die Anstaltsleitung keine bestimmte Behandlungsmethode vorgeschrieben, ist der behandelnde Arzt nicht an die Stellungnahme des Tumorboards gebunden. Er wird aber gegebenenfalls begründen müssen, warum er von dem vom Tumorboard empfohlenen Therapiekonzept abweicht; die Nichtbeachtung spielt gegebenenfalls für die (haftungsrechtliche) Beurteilung eine Rolle.

Die Rolle des Patienten im Tumorboard: Grundsätzlich ist jede medizinische Maßnahme, auch wenn sie lege artis durchgeführt wurde, ohne Einwilligung oder gegen den Willen des Patienten rechtswidrig. Sind zwei oder mehrere verschiedene Behandlungsmethoden möglich, die jeweils vergleichbare Chancen eröffnen, aber mit verschiedenen Risiken verknüpft sind, steht die Entscheidungsbefugnis über die Wahl der Methode dem Patienten, der hierüber aufzuklären ist, zu.

Datenschutzrechtliche Fragen: Unabhängig von der Zustimmung des Patienten in die Behandlung stellt sich die Frage, ob seine Zustimmung zum Einschluss seiner Daten in ein Tumorboard erforderlich ist. Die Rechtslage ist in diesem Kontext nicht anders zu sehen als bei der Weitergabe von Patientendaten in einem Behandlungsteam. Der Patient erwartet ja die beste mögliche Therapie auf Basis der Meinung von mehreren Experten. Da aber viele Patienten die Einrichtung von Tumorboards noch nicht kennen, sollten sie sehr wohl informiert werden.

ZUSAMMENFASSUNG: Tumorboards sind beratende Gremien, die Empfehlungen geben. Es gibt keine spezifischen Regelungen für Tumorboards, sodass sie auf die allgemeinen rechtlichen Regelungen zurückgreifen müssen. Wie bei jedem anderem Behandlungsverhältnis auch sind daher die Bestimmungen über die Aufklärung und Einwilligung relevant. Von ganz zentraler Bedeutung sind die datenschutzrechtlichen Regelungen in Hinblick auf die Verarbeitung von sensiblen Daten.