Ist eine Umstellung von nicht-steroidalen Aromatasehemmern eine Option?

Der Einsatz eines Aromatasehemmers in der adjuvanten Therapie des HR-positiven postmenopausalen Mammakarzinoms erscheint – sofern keine Kontraindikation besteht – alleine oder vor bzw. nach Tamoxifen obligat.

Aromatasehemmer lösen Tamoxifen ab

Die Zulassung der Aromatasehemmer für das HRpositive postmenopausale Mammakarzinom löst den Einsatz von Tamoxifen zunehmend ab. Sowohl die BIG 1-98 als auch der ATAC Trial zeigten, dass 5 Jahre Anastrozol bzw. Letrozol einer Therapie mit 5 Jahren Tamoxifen bezogen auf das krankheitsfreie Überleben signifikant überlegen sind. Die Kombination von Tamoxifen und Anastrozol – d. h. das Blockieren des Östrogenrezeptors in Kombination mit dem Absenken der Östrogenspiegel –, die im ATAC Trial untersucht wurde, führte zu einem signifikant schlechteren Ergebnis als die alleinige Therapie mit dem Aromatasehemmer und stellt somit keine Therapieoption dar.
Tamoxifen ist allerdings noch nicht komplett aus der Therapie des HR-positiven postmenopausalen Mammakarzinoms wegzudenken. Zum Einen bleibt die Therapie des DCIS vorerst die Domäne von Tamoxifen. Ob auch hier der Aromatasehemmer Tamoxifen verdrängt, wird von den Ergebnissen der IBIS-II-Studie abhängen, die die Effektivität von Tamoxifen mit Anastrozol in der Behandlung des DCIS vergleicht. Zum Anderen erscheint dem Autor die Sequenztherapie sinnvoller als die Monotherapie mit dem Aromatasehemmer beim invasiven Mammakarzinom. Dies soll wie folgt begründet werden: Erstens konnte in einer Metaanalyse, die kürzlich im JCO erschienen ist, bei der Sequenztherapie nicht nur ein Vorteil im krankheitsfreien Überleben, sondern auch im Gesamtüberleben gegenüber Tamoxifen mono gezeigt werden. Die alleinige Therapie mit dem Aromatasehemmer zeigte in dieser Analyse „nur“ einen Vorteil im krankheitsfreien Überleben, nicht aber Gesamtüberleben gegenüber Tamoxifen mono. Zweitens werden die Nebenwirkungen „geteilt“, d. h. dass vor allem das deutlich erhöhte Osteoporoserisiko unter Aromatasehemmer reduziert werden kann, wenn man nach „Halbzeit“ wechselt.

Complianceproblem unter endokriner Therapie

Obwohl die endokrine Therapie relativ gut vertragen wird, ist die Compliance extrem schlecht. Partridge et al. konnten bereits im Jahr 2003 zeigen, dass nur 77 % der Brustkrebspatientinnen, denen eine endokrine Therapie mit Tamoxifen verschrieben wurde, diese im ersten Jahr nach der Diagnose und operativen Therapie auch wirklich einnehmen. Vier Jahre nach der Brustkrebsdiagnose nimmt überhaupt nur noch die Hälfte dieser Patientinnen das ihnen verordnete Tamoxifen ein.
Bezogen auf die neuere und gering (was das krankheitsfreie Überleben betrifft) effektivere endokrine Therapie mit Aromatasehemmer können keine besseren Daten, was die Adherence und Compliance betrifft, beschrieben werden. Nur 85 % der Patientinnen, die einen Aromatasehemmer verordnet bekommen haben, nehmen diesen auch tatsächlich innerhalb des ersten Jahres nach Diagnose und operativen Therapie ein, und nach 3 Jahren sind es nur noch gerade zwei Drittel (66 %) die ser Patientinnen. Dass diese Zahlen leider nicht nur für den amerikanischen „Markt“ bzw. für amerikanische Brustkrebspatientinnen gilt, konnten Hadji et al. zeigen. Im JCO 2010 wurde erstmalig publiziert, dass das frühzeitige Abbrechen der endokrinen Therapie durch die Patientin zu einem schlechteren Krankheitsverlauf mit kürzerem krankheitsfreien Überleben führt.

Verschiedene mögliche Ursachen werden diskutiert: Zum einen ist die endokrine Therapie zwar nebenwirkungsärmer als eine Chemotherapie, aber eben nicht nebenwirkungsfrei. Wenn man bedenkt, dass die endokrine Therapie nicht „nur“ 6 Monate, sondern 5 Jahre vielleicht noch länger eingenommen werden soll, so relativiert sich (zumindest für einen großen Teil der Patientinnen) der Unterschied zwischen den Nebenwirkungen der endokrinen Therapie und der Chemotherapie. Zudem scheint wohl auch die Überzeugung bezüglich der tatsächlichen Wirksamkeit der endokrinen Therapie eine wesentlich Rolle bei der Compliance zu haben. Patientinnen in der adjuvanten Situation fühlen sich nicht krank und wollen sich auch nicht krank fühlen. Der Krebs ist operativ entfernt worden, die Strahlentherapie hat die „letzten“ Krebszellen in der Brust vernichtet, die Patientin sieht möglicherweise gar keinen Grund, die endokrine Therapie einzunehmen bzw. möchte nicht durch die Einnahme an ihre Brustkrebserkrankung erinnert werden.

Lebensqualität unter Aromatasehemmern

Nicht-steroidaler vs. steroidaler Aromatasehemmer: Am San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) 2011 stellte Lynne Wagner Daten zum Einfluss der endokrinen Therapie auf die Lebensqualität vor. Die Lebensqualitätsdaten wurden mittels FACT-ES-Fragebogen bei Patientinnen der prospektiven, randomisierten MA.27-Studie, die den nicht-steroidalen Aromatasehemmer Anastrozol mit dem steroidalen Aromatasehemmer Exemestan verglich, erhoben. Die MA.27-Studie zeigte keinen Unterschied in der Effektivität von Anastrozol und Exemestan. Auch bezogen auf das Nebenwirkungsprofil konnte Wagner keinen Unterschied in der Häufigkeit der Nebenwirkungen von Anastrozol vs. Exemestan zeigen (siehe Abb.). Allerdings wurde berichtet, dass behandlungsbedingte Nebenwirkungen (Gewichtszunahme, Abnahme der Libido, Gelenkbeschwerden, Übelkeit, Stimmungsschwankungen u. a.) signifikant die Lebensqualität der Patientinnen senken. Auch in dieser Studie war die Compliance ein wesentliches Thema. 36 % der Patientinnen haben frühzeitig nach 4 Jahren mit der Therapie aufgehört. Gemäß dieser Studie nehmen Nebenwirkungen (v. a. Gelenkbeschwerden) einen moderaten nicht-signifikanten Einfluss auf die frühzeitige Beendigung der endokrinen Therapie. Ganz entscheidend, ob die Patientin ihre endokrine Therapie wie vorgeschrieben einnimmt oder frühzeitig abbricht, ist aber die Angst vor möglichen Nebenwirkungen der Therapie (HR 1,29, p = 0,006). Patientinnen, die sich zu Beginn der endokrinen Therapie starke Sorgen wegen Nebenwirkungen machen, beenden diese signifikant frühzeitig.

Lebensqualität unter Exemestan: Eine weitere Studie, die sich mit der Lebensqualität unter endokriner Therapie mit Exemestan beschäftigte, wurde beim SABCS 2011 vorgestellt. Im NEJM 2011 wurde von Goss et al. berichtet, dass Exemestan für 5 Jahre das Brustkrebserkrankungsrisiko signifikant gegenüber Placebo senkt. Bei diesen Patientinnen wurde der Einfluss von Exemestan vs. Placebo auf die Lebensqualität untersucht. 2 interessante Ergebnisse können berichtet werden: 1. Es konnte kein Unterschied in der Lebensqualität bei Patientinnen mit Exemestan versus Patientinnen mit Placebo festgestellt werden. 2. Sowohl im Exemestan- Arm, aber auch im Placeboarm kam es zu einer Verschlechterung der Lebensqualität gegenüber der Baseline – allerdings war diese Verschlechterung in beiden Fällen von keinem relevanten Ausmaß.

ZUSAMMENFASSUNG: Die endokrine Therapie mit Aromatasehemmer sollte fixer Bestandteil in der adjuvanten Therapie des Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinoms sein. Die Therapie mit einem Aromatasehemmer führt zu Nebenwirkungen, die die Therapiecompliance der Patientin senken können. Der wesentliche Faktor, um die Compliance der Patientin unter Aromatasehemmer hoch zu halten, ist die suffiziente, ausführliche und repetitive Aufklärung über Wirkung und (geringe) unerwünschte Wirkung der endokrinen Therapie. Der Wechsel von einem nicht-steroidalen Aromatasehemmer auf einen steroidalen Aromatasehemmer aufgrund von Nebenwirkungen kann aufgrund psychologischer Gesichtspunkte befürwortet werden.