Fetale Down-Syndrom-Diagnostik – Was kann der Praena-Test?

Die Erkenntnis, dass sich im Blut schwangerer Frauen schon sehr früh frei zirkulierende fetale DNA-Fragmente befinden, hat zusammen mit der Entwicklung neuartiger genetischer Untersuchungstechniken – im konkreten das „Next generation sequencing“ – die Möglichkeit geboten, aus dem Blut der Mutter genetische Informationen vom Feten zu erlangen.
Das erste diesbezüglich in Europa akkreditierte Verfahren ist der so genannte Praena-Test®, ein dem Medizinproduktgesetz unterliegendes CE-zertifiziertes In-vitro-Diagnostikum der Firma Lifecodexx in Konstanz.

Im Kontext des First-Trimester-Screenings

Zum heutigen Zeitpunkt gibt dieser Test eine sehr verlässliche Information darüber, ob beim Embryo eine freie Trisomie 21 vorliegt oder nicht. Die Testsensibilität bewegt sich zwischen 95 und 98 %, die falsch-positive Rate mit 0,2 % ist außerordentlich niedrig, in 2–3 % gelingt keine Analyse1. Deshalb und aus prinzipiellen untersuchungstechnischen Gründen, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, kann dieser Test das Down-Syndrom weder mit 100%iger Sicherheit erkennen, noch mit 100%iger Sicherheit ausschließen, er ist daher als alleiniges Diagnostikum in der derzeitigen Form ungeeignet.

Bei negativem Ergebnis unnötige Punktion vermeidbar: Sehr hilfreich kann der Praena-Test allerdings in all jenen Fällen sein, in denen ein First-Trimester-Screening (in welcher Form auch immer – Nackentransparenz mit oder ohne Biochemie oder anderen Markern wie fetales Nasenbein, Ductus Venosus Blood Flow und Trikuspidalinsuffizienz) ein unbefriedigendes Ergebnis ergibt und die Schwangere bzw. die/der Gynäkologin/Gynäkologe so beunruhigt sind, dass sie aus Sicherheitsgründen einer invasiven Diagnostik gegenüber nicht abgeneigt wären. Dies betrifft vor allem jene Fälle, bei denen keine spezielle Ultraschallauffälligkeit (mit Ausnahme gegebenenfalls einer erhöhten Nackentransparenz) vorliegt und das Risiko für ein Down-Syndrom beim Kind „irgendwo zwischen 1:50 und 1:1.000 liegt“. Ist der Praena-Test in einer solchen Situation negativ, ist mit außerordentlich großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass kein Down-Syndrom vorliegt, ist er positiv, ist die Indikation zur Punktion gegeben; d. h. der Praena-Test vermeidet in der derzeit vorliegenden Form unnotwendige Punktionen (vornehmlich Chorionzottenbiopsien, gegebenenfalls auch Amniozentesen) und reduziert damit das Risiko von punktionsassoziierten Fehlgeburten.


Bei positivem Ergebnis Indikation für invasive Diagnostik: Es muss an dieser Stelle nochmals festgehalten werden, dass ein Schwangerschaftsabbruch ausschließlich auf der Basis eines positiven Ergebnisses des Praena-Tests in keiner Weise gerechtfertigt ist, sondern dieses nur eine sehr starke Indikation für eine invasive Diagnostik darstellt. Auch die isolierte Verwendung eines Praena-Tests als pränataldiagnostische Untersuchung macht nicht wirklich Sinn, weil eine Fülle anderer möglicher fetaler Störungen dabei unberücksichtigt blieben, die beim First-Trimester-Screening erkannt werden können. 

Der Praena-Test kann daher den derzeitigen Goldstandard der Pränataldiagnostik – das ultraschallzentrierte First-Trimester-Screening – nicht ersetzen, sondern nur sinnvoll ergänzen.

Beratungssetting und Kosten: Die Auswertung des Praena-Tests dauert derzeit leider 3 Wochen, seine Anwendung ist durch das Gentechnikgesetzt insofern geregelt, als es einer ausführlichen Beratung durch einen Facharzt für Frauenheilkunde oder Humangenetik bedarf und als Ergebnis ein Befund erstellt werden muss – im Konkreten eben die Ergänzung des First-Trimester-Screeningergebnisses.

Die Kosten belaufen sich derzeit auf rund 1.250 bis 1.300 Euro. Wenn der Test einmal billiger werden würde, könnte er auch primär in das First-Trimester-Screening inte­griert werden.

Fazit: In der derzeitigen Form stellt der Prae­na-Test keinen neuen, revolutionären Zugang zur Pränataldiagnostik dar. Schon bisher hat man durch das First-Trimester-Screening versucht, das Risiko für das Vorliegen eines Down-Syndroms zu berechnen, der Praena-Test hilft diese Berechnung zuverlässiger vorzunehmen. 

Als solches sind Vorbehalte gegen die derzeitigen Möglichkeiten der Diagnostik aus fetaler DNA, solange sie sich eben nur auf die Trisomie 21 und gegebenenfalls in naher Zukunft auf Trisomie 13 und 18 konzentrieren, in den Augen des unterzeichnenden Autors nicht gerechtfertigt.
Die bisher verwendete Methode zur Risikoberechnung der fetalen Trisomie 21 im Rahmen des First-Trimester-Screenings, deren Problematik hauptsächlich in der unbefriedigend niedrigen Spezifität liegt, wird durch die Einführung des Praena-Tests lediglich verbessert. Schlussendlich hilft er bei leitlinienkonformer Anwendung punktionsassoziierte Fehlgeburten gesunder Feten zu verhindern.

Ethische Implikationen

Richtig ist allerdings, dass mit dem Zugang zu fetaler DNA über das mütterliche Blut in Kombination mit immer verfeinerteren Methoden der Genetik große Herausforderungen auf die Gesellschaft zukommen. Es wird nicht lange dauern, bis die Palette fetaler Erkrankungen, die aus dem mütterlichen Blut diagnostiziert werden können, dramatisch erweitert werden wird. Ja, es ist absehbar, dass es über kurz oder lang möglich sein könnte, das gesamte fetale Genom aus dem mütterlichen Blut zu sequenzieren. Mit der Zunahme des diagnostischen Spektrums wird die Bedeutung der Beratung vor Durchführung solcher Untersuchungen enorm zunehmen und inhaltlich, aber auch aus ethischen Überlegungen immer schwieriger werden.
Aus dieser Perspektive ist der Praena-Test der Einstieg in ein neues – durchaus problematisches – Zeitalter der Pränataldiagnostik.
Es ist die feste Überzeugung des unterzeichnenden Autors, dass die zwei auf der Hand liegenden Lösungen in einer solchen Situation, einerseits das grundsätzliche Verbieten solcher Tests aus Angst vor Missbrauch und andererseits das grenzenlose Zulassen nicht befriedigend sind. Die Herausforderung besteht darin, eine sinnvolle Anwendung zu ermöglichen und mit regulatorischen Beschränkungen einen Missbrauch zu erschweren und idealerweise zu verhindern. Was sinnvoll und was ein Missbrauch ist, ist leider schwer zu definieren und naturgemäß abhängig von der jeweiligen Weltanschauung.
Es ist aber höchste Zeit anzufangen, darüber nachzudenken; üblicherweise entwickeln sich solche Verfahren schneller, als man glaubt und als manche hoffen.

1 Scharf A.: Der Praena-Test aus pränatalmedizinischer Sicht. Frauenarzt 2012; 53:739-741