Assoz.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Susanne Kaser
Department für Innere Medizin 1 und Christian-Doppler-Labor für Insulinresistenz, Medizinische Universität Innsbruck
REWIND: Kardiovaskulärer Benefit von Dulaglutid bei Patienten mit Typ-2-Diabetes
Gerstein HC et al, Lancet 2019; DOI: 10.1016/S0140-6736(19)31149-3
In der REWIND-Studie wurde der kardiovaskuläre Benefit von einmal wöchentlichem Dulaglutid bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 untersucht. Etwa 1/3 der untersuchten Patienten wiesen eine klinisch manifeste kardiovaskuläre (CV) Vorerkrankung auf. Nach einem medianen Follow-up von 5,4 Jahren wurde eine signifikante Reduktion des primären Endpunktes (CV Tod, nicht-tödlicher Myokardinfarkt bzw. Schlaganfall) erreicht, womit ein weiterer GLP-1-Rezeptoragonist einen kardiovaskulären Nutzen zeigen konnte.
Bedeutung für die Praxis: Die Daten unterstreichen einmal mehr die Bedeutung von Blutzucker-unabhängigen Wirkungen von verschiedenen Substanzklassen und damit aktuelle Therapieempfehlungen, wonach für einen Großteil der DM 2 Patienten als Second line Therapie ein GLP-1 Rezeptoragonist oder SGLT2 Inhibitor mit erwiesenem kardiovaskulären Nutzen erwogen sollten.
CAROLINA: Kardiovaskuläre Endpunktstudie von Linagliptin im Vergleich zu Glimepirid
Marx N, Zinman B, The CAROLINA Trial Symposium
In der CAROLINA Studie wurde die kardiovaskuläre Sicherheit von Linagliptin im Vergleich zu Glimepirid bei Patienten mit relativ kurzer Diabetesdauer aber hohem kardiovaskulären Risiko untersucht. Nach einer medianen Therapiedauer von fast 6 Jahren wurde kein Unterschied im primären Endpunkt bestehend aus kardiovaskulärem Tod, nicht tödlichem Schlaganfall und nicht tödlichem Myokardinfarkt dokumentiert, allerdings war die Hypoglykämierate in der Glimepirid behandelten Gruppe sehr deutlich erhöht. Zusammenfassend zeigt die Studie kein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko von Glimepirid im Vergleich zu Linagliptin, allerdings unter Inkaufnahme einer deutlich erhöhten Hypoglykämierate.
Für die Praxis bedeutet das, dass für Sulfonylharnstoffe der neueren Generation kardiovaskuläre Sicherheit gezeigt werden konnte, andererseits unterstreicht es auch die Hypoglykämiegefahr dieser Substanzklasse.
OÄ Dr. Johanna Brix
1. Medizinische Abteilung mit Diabetologie, Endokrinologie und Nephrologie, Krankenanstalt Rudolfstiftung
Today2-Studie – Langzeituntersuchung bei Jugendlichen mit Typ-2-Diabetes
The Today2 Study Symposium, Chair: Rosa Gubitosi-Klug
Die Nachbeobachtungsstudie der TODAY-Studie war die erste multiethnische Multicenter-Studie, die den Verlauf von Typ-2-Diabetes bei Jugendlichen untersuchte. Die Studie lief von 2004 bis 2012, seit 2012 wurden die Teilnehmer nachverfolgt. Das mittlere Alter lag zu diesem Zeitpunkt bei 21,2 Jahren, die mittlere Diabetesdauer bei 7,5 Jahren.
Die Hälfte der Teilnehmer hatte einen progressiven Verlauf der Erkrankung mit raschem Betazellabfall. In dieser Gruppe war eine hohe Rate an Komplikationen zu verzeichnen, z.B. kam es zu einem Anstieg der Mikroalbuminurie von 8 % auf 40 % der Teilnehmer. Insbesondere der Verlust der glykämischen Kontrolle auf HbA1c-Werte > 8 % geht mit einem 19-fach erhöhten Risiko für Retinopathie einher. 30 % der Teilnehmer hatten auch abnorme Herzechokardiografie-Befunde.
Fazit: Typ-2-Diabetes bei Jugendlichen ist nach wie vor eher selten, wenn vorhanden aber häufig eine rasch progrediente Erkrankung, wo eine gute glykämische Kontrolle sowie eine Reduktion der kardiovaskulären Risikofaktoren von immanenter Bedeutung ist.
RISE – kann man die Betazellfunktion durch frühe Therapie boosten?
RISE Clinical Trial Symposium, Chair: Rita Basu, MD
In einer 4-armigen Studie (n = 269) wurde untersucht, ob bei neudiagnostizierten Patienten mit Typ-2-Diabetes (26 %) oder Patienten mit gestörter Glukosetoleranz durch frühe aggressive antidiabetische Therapie ein Boost in der Betazellfunktion erzielt werden kann. Die verwendeten Medikamente waren Metformin, Insulin glargin gefolgt von Metformin oder Liraglutid plus Metformin. Nach 12 Monaten sah man eine signifikante HbA1c-Senkung sowie eine Verbesserung der glukoseabhängigen Betazellantwort, insbesondere im Liraglutid plus Metformin-Arm. Allerdings war die Arginin-stimulierte C-Peptid-Antwort in der Liraglutid plus Metformin-Gruppe am niedrigsten. Nach Pausierung aller Medikamente für 3 Monate kam es zu einem HbA1c-Anstieg sowie zu einem Verschwinden aller Betazellantworten. Diese Studie zeigt somit eine Effizienz während der Therapie, darüber hinaus aber keinen Behandlungseffekt.
Univ.-Prof. Dr. Thomas Wascher
1.Medizinische Abteilung, Hanusch-Krankenhaus, Wien
PIONEER-6: Sicherheit von oralem Semaglutid bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und hohem kardiovaskulärem Risiko
Husain M et al., NEJM 2019; DOI: 10.1056/NEJMoa1901118
Die Studie PIONEER-6 evaluierte den oral verfügbaren GLP-1-Rezeptoragonisten Semaglutid vs. Placebo bei 3.183 Patienten mit Typ-2-Diabetes und hohem kardiovaskulärem Risiko. 85 % der Patienten waren ≥ 50 Jahre und hatten bereits eine manifeste CVD oder CKD. Nach einem medianen Follow-up von 15,9 Monaten erzielte orales Semaglutid im primären kombinierten Endpunkt (CV Tod, nichttödlicher Myokardinfarkt, nichttödlicher Schlaganfall) gegenüber Placebo eine Risikoreduktion von 21 % (HR 0,79, p < 0,001 für Nichtunterlegenheit). Kardiovaskuläre und Gesamtmortalitätsraten lagen bei 0,9 % (vs. 1,9 %; HR 0,49) bzw. 1,4 % (vs. 2,8; HR 0,51).
Bedeutung für die Praxis: Mit SUSTAIN-6 und PIONEER-6 liegen zwei vielversprechende Nicht-Unterlegenheitsstudien zu subkutanem bzw. oralem Semaglutid vor, wobei die geringen Teilnehmerzahlen und kurzen Studienintervalle wichtige Limitationen darstellen; weitere Evidenz ist von der auf Überlegenheit ausgerichteten großen Endpunktstudie SOUL zu erwarten. Neben vielen anderen positiven Studien zur Klasse der GLP-1-Rezeptoragonisten liegt mit PIONEER-6 weitere Evidenz vor, die in die richtige Richtung geht und einmal mehr den hohen Stellenwert dieser Substanzklasse in der Therapie des Typ-2-Diabetes rechtfertigt.
OA Dr. Lars Stechemesser
Universitätsklinik für Innere Medizin I, mit Gastroenterologie- Hepatologie, Nephrologie, Stoffwechsel und Diabetologie, LKH Salzburg
CREDENCE: Canagliflozin reduziert kardiovaskuläre und renale Endpunkte bei Typ-2-Diabetes-Patienten mit hohem renalem Risiko
Perkovic et al., NEJM 2019; DOI: 10.1056/NEJMoa1811744
4.401 Patienten (Median: 63a, 16a Diabetes, HbA1c 8,3 %, 50 % mit kardiovaskulärer Erkrankung, eGFR 56 ml/min/KO, 88 % AKR > 300 mg/g) wurden über 2,5 Jahre mit Canagliflozin oder Placebo behandelt. Canagliflozin reduzierte kardiovaskuläre und renale Endpunkte in der Gesamtpopulation, in den Subgruppen mit und ohne vorbestehende kardiovaskuläre Erkrankungen sowie in verschiedenen Stadien der Albuminurie und Niereninsuffizienz. Der primäre kombinierte renale Endpunkt wurde um ∼ 30 % reduziert.
Die daraufhin aktualisierten ADA-Leitlinien empfehlen nun bei Diabetes mellitus Typ 2 und Nierenerkrankung mit eGFR > 30 ml/min/KO und insbesondere bei > 300 mg/g Albuminurie einen SGLT-2-Hemmer mit bewiesenem positiven Effekt auf renale und kardiovaskuläre Endpunkte einzusetzen.
CARMELINA: Linagliptin zeigt positive Effekte auf Albuminurie bei Diabetes mellitus Typ 2
Rosenstock et al., JAMA 2019; DOI: 10.1001/jama.2018.18269
McGuire et al., Circulation 2019; DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.118.038352
6.979 Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und hohem kardiovaskulärem/renalem Risiko (57 % mit kardiovaskulärer Erkrankung, 80 % mit Albuminurie) erhielten Linagliptin oder Placebo über 2,2 Jahre. Linagliptin konnte bereits eine kardiovaskuläre Sicherheit beweisen. Das Risiko für Hospitalisierung aufgrund Herzinsuffizienz zeigte sich in allen renalen Subgruppen nicht erhöht. Unter den neuen renalen Auswertungen ist ein signifikant reduziertes Risiko für die Progression der Albuminurie bemerkenswert.
Die CARMELINA-Studie zeigt einen sicheren Einsatz von Linagliptin bezüglich kardiovaskulärer und renaler Endpunkte, mit einem Benefit hinsichtlich der Albuminurie bei Typ-2-Diabetes-Patienten mit hohem renalem Risiko.