Chirurgie des Primärtumors

Chirurgische Behandlung des lokalisierten Nierenzellkarzinoms

Die Behandlung des Nierenzellkarzinoms ist von verschiedenen Faktoren abhängig: Tumorgröße und Lokalisation, lokale Ausbreitung oder Metastasierung, Nierenfunktion, Komorbidität und Performance-Status sind die wesentlichen Inhalte.
Der einzig kurative therapeutische Aspekt bleibt der radikalen Chirurgie vorbehalten. Die Nierentumorexzision beim lokalisierten Nierenkrebs (nephronsparende Chirurgie) hat in verschiedenen Arbeiten dieselben onkologischen Ergebnisse wie die radikale Entfernung der Niere erbracht und wurde in sämtlichen Leitlinien für T1-Tumoren (bis 7 cm) empfohlen. Dies geht so weit, dass auch für T2-Tumoren die Entfernung des Tumors – so weit möglich – eine Option darstellt.
Die nephronsparende Chirurgie ist jedoch nicht angezeigt, wenn die Lokalisation des Tumors (z.B. zentral vorwachsend) oder die Infiltration in den Hilus eine rekonstruktive Chirurgie nicht zulässt. Die radikale Tumornephrektomie unter Mitnahme der Fettkapsel kann nach alter offener Methode retroperitoneal oder transperitoneal durchgeführt werden – es kann aber auch laparoskopisch operiert werden, die Ergebnisse sind onkologisch gleichwertig.
Die laparoskopische Nierenentfernung verfolgt dieselben chirurgisch-onkologischen Prinzipien, sie kann retroperitoneal oder auch transperitoneal durchgeführt werden. Die Langzeitergebnisse sind äquivalent, sowohl was das krebsspezifische Überleben als auch das Gesamtüberleben betrifft. Postoperativ hat der Patient weniger Schmerzen und ist schneller mobil. Die Europäische Urologische Gesellschaft (EAU) empfiehlt die laparoskopische Tumornephrektomie beim T2-Tumor als Standardoperation.

Tab.: Empfehlungen zur Behandlung des lokalisierten Nierenzellkarzinoms (NZK)
  • Beim T1-Nierenzellkarzinom sollte die nephronsparende Chirurgie zum Einsatz kommen, wenn immer es möglich ist. Die offene Operation bleibt aktuell Standardtherapie.
  • Wenn eine nephronsparende Resektion nicht möglich ist, wird die laparoskopische Tumornephrektomie empfohlen.
  • Die extendierte Lymphadenektomie verbessert das Überleben nicht und sollte nur aus Staging-Gründen durchgeführt werden.
  • Die Adrenalektomie wird generell nicht empfohlen, außer ein Befall kann durch die Bildgebung nicht ausgeschlossen werden.
  • Die Embolisation der Tumorniere ist lediglich beim palliativen Zugang bei Symptomen (Makrohämaturie) ein Vorteil für den Patienten.
  • Bei Patienten mit kleinen Tumoren und/oder signifikanten Komorbiditäten, die für einen chirurgischen Eingriff nicht geeignet sind, sollten neue ablative Methoden studiert werden.

Indikationen für die nephronsparende Chirurgie

Es werden absolute, relative und elektive Indikationen unterschieden:

  • Eine absolute Indikation besteht in Fällen mit einer anatomischen oder funktionellen Solitärniere.
  • Relative Indikationen bestehen, wenn der Eindruck entsteht, dass die kontralaterale Niere durch Entfernung der betroffenen Niere in Zukunft eine deutliche Verschlechterung der Nierenfunktion erfährt.
  • Die elektive Indikation liegt bei gesunder kontralateraler Niere vor.

Weitere Indikationen zur nephronsparenden Nierentumorchirurgie bestehen bei so genannten hereditären Nierenzellkarzinomen, die ein sehr hohes Risiko aufweisen, dass sich auch auf der gesunden Niere ein zusätzlicher Tumor entwickelt. In den letzten Jahren haben verschiedenste Autoren berichtet, dass die nephronsparende Chirurgie dauerhafter einen deutlichen Erhalt der Nierenfunktion erzielt, es konnte eine Verbesserung der gesamten Mortalität und eine Reduktion der Frequenz von kardiovaskulären Erkrankungen gesehen werden. Patienten, für die eine Nierentumorchirurgie erforderlich ist, haben bereits in 35 bis 50% der Fälle Risikofaktoren, die bei einer Einzelniere zu weiteren Komplikationen führen können (Hypertonie, Diabetes mellitus, Niereninsuffizienzen).
Patienten mit T1a-Tumoren (bis 4 cm) haben dasselbe rezidivfreie Überleben und Langzeitüberleben wie Patienten nach radikaler Chirurgie. Größere Tumoren (T1b und T2, > 4 cm bis 10 cm) zeigen bei genauer Selektion des Patienten eine onkologische Sicherheit bzw. die Möglichkeit, die Niere zu erhalten. Die Komplikationsrate bei der Nierentumorentfernung ist höher als jene bei radikaler Nephrektomie, sie steht jedoch in einem tolerablen Verhältnis zur Morbidität der Nephrektomie. Generell ist die nephronsparende Chirurgie bei elektiver Indikation mit einer höheren Komplikationsrate und einem höherem Lokalrezidiv-Risiko behaftet – wahrscheinlich auch durch die immer größer werdenden Tumoren, die lokal entfernt werden. Insgesamt ist die Rate an Nierenzellkarzinomen weltweit gering ansteigend, die entdeckten Tumorgrößen werden jedoch kleiner.
Der Tumor muss ohne Sicherheitsabstand entfernbar sein, zumeist besteht eine Kapsel, die gut identifizierbar ist und die eine Entfernung etwas erleichtert. In erfahrenden Händen und Zentren können Patienten auch einer laparoskopischen Tumorentfernung zugeführt werden, die optimale Indikation dafür sind periphere Tumoren. Aufgrund der zunehmend verbesserten Technik (Early Clamping) kann die intraoperative Ischämiezeit der offenen Chirurgie gleichgesetzt werden. Verschiedene Autoren sehen in dieser warmen Ischämiezeit den wesentlichen Punkt für die Erhaltung der postoperativen Nierenfunktion (es werden als Idealzeiten < 20 bzw. < 25 min. angegeben).
In den letzten Jahren wurden Operationstechniken durch die roboterassistierte partielle Nephrektomie erweitert. Sie stellt eine sehr elegante Methode dar, bei der die angewandten Nahttechniken noch verbessert werden können. Ein eingespieltes Operationsteam ist allerdings dafür notwendig.

Nierenzellkarzinomassoziierte chirurgische Maßnahmen

Adrenalektomie: Früher wurde die Entfernung der ipsilateralen Nebenniere im Rahmen der radikalen Tumornephrektomie durchgeführt. Heute besteht keine Indikation mehr, wenn präoperativ im Schnittbild (MRI, CT) eine normale Nebenniere vorliegt und wenn intraoperativ keinerlei Verdacht besteht, dass eine Metastasierung der Nebenniere sichtbar wird. Es gibt auch keine Evidenz dafür, dass ein großer Oberpoltumor häufiger zu einer direkten Invasion per continuitatem in die Nebenniere führt.

Lymphknotenentfernung: Eine ausgiebige radikale Lymphknotendissektion brachte in allen Studien keinerlei Verbesserung des Gesamtüberlebens, für ein adäquates Staging genügt die Entfernung von hilären Lymphknoten. Im Falle von vergrößerten Lymphknoten sind diese in jedem Fall zu entfernen (sie sind häufig reaktiv vergrößert, deutlich seltener krebsbefallen).

Embolisation: Es gibt keinen Vorteil für die routinemäßig durchgeführte Tumorembolisation vor einer Nephrektomie.
Die Embolisation sollte nur dann durchgeführt werden, wenn Patienten aufgrund von Komorbiditäten eine Nephrektomie nicht zulassen und sie unter Symptomen leiden (Hämaturie).

Chirurgie des Primärtumors bei metastasierten Patienten: Für die meisten Patienten mit Fernmetastasen ist die Tumornephrektomie rein palliativ und geht einer systemischen Therapie voran (zytoreduktiv). Eine Metaanalyse zweier randomisierter Studien verglich die Nephrektomie kombiniert mit Immuntherapie vs. Immuntherapie alleine und erbrachte ein deutlich besseres Ergebnis für die operierten Patienten. Unter dem Lichte der neuen gezielten therapeutischen Möglichkeiten wird diese Reihenfolge der Therapie nach wie vor empfohlen. Daten zu den neoadjuvanten Studien gibt es noch nicht. Aus Einzelfällen wird jedoch immer wieder berichtet, dass der Primärtumor auf so genannte „Targeted Therapies“ weniger anspricht als die Metastasen.

Zusammenfassung

Die Chirurgie des Nierenzellkarzinoms ist die einzige kurative Möglichkeit bei einem potenziell tödlichen Tumorgeschehen mit einer Mortalität > 30%. Die nephronsparende Chirurgie erhält die Nierenfunktion und verlängert das Gesamtüberleben und sollte so weit wie möglich angewandt werden. Laparoskopie und Roboterchirurgie haben auch in dieser Indikation Einzug gehalten und erzielen ähnliche onkologische Ergebnisse bei geringgradig höherer Komplikationsrate.