KOMMENTAR: „Evolving Landscapes“ bei Weichteilsarkomen

Bedeutung von Subentitäten: Weichgewebssarkome bestehen aus einer Vielzahl an Subentitäten, zumindest 50, was generell ein Problem jedweder Studie ist, weil die Inzidenz insgesamt bei 2–4/100.000 Personen pro Jahr liegt. D. h. es handelt sich um seltene Tumoren mit vielen verschiedenen Untergruppen, die in den letzten Jahren z. T. auch noch reklassifiziert wurden. All das ist mit ein Grund, warum die Interpretation der Studienergebnisse nicht immer leicht fällt. Zugleich war es ein Anstoß für die Etablierung der SPA (Sarcoma Platform Austria), um bei einer schwierigen Entität das weitere Vorgehen mit sarkomspezialisierten Onkologen abzustimmen.

Therapeutisches Umfeld und Kriterien der Medikamentenentwicklung: Generell gibt es nur wenige Zytostatika mit einer Indikation für Weichteilsarkome. Standard und immer noch Referenzsubstanz der Erstlinienchemotherapie ist Doxorubicin, alternativ Ifosfamid oder auch die Kombination beider Substanzen, für die aber kein Überlebensvorteil gegenüber den jeweiligen Monotherapien nachgewiesen ist. Weitere Optionen sind in der systemischen First-Line-Therapie nicht etabliert. Darüber hinaus steht mit Trabectedin eine im Rahmen des „Orphan-Drug-Status“ registrierte Substanz als Zweitlinientherapie zur Verfügung, worin sich das registrierte Armamentarium bereits erschöpft – mit anderen Worten: es besteht ein wirklich hoher Bedarf für neue Substanzen, die sich aber bislang im Vergleich zu Doxorubicin nicht wirklich gut positionieren konnten. Man muss auf Phase-II-Studien zurückgreifen und die Frage war, wie man aus dem Pool an kleineren Studien jene Substanzen herausfiltert, deren Aktivität erfolgversprechend ist. Die „EORTC Soft Tissue and Bone Sarcoma Group“ hat auf Basis der verfügbaren Daten den Schluss gezogen, dass eine Substanz dann als wirksam erachtet werden kann, wenn drei Monate nach Therapiebeginn der Anteil progressionsfreier Patienten zumindest 40 % beträgt. Liegt der Prozentsatz unter 20 %, wird die betreffende Substanz als unwirksam erachtet und für die weitere Entwicklung nicht geeignet. Diese Definition kann nunmehr als Grundlage für Studien herangezogen werden. Eine weitere Grundlage der Medikamentenentwicklung besteht in der Beobachtung, dass man gewisse Subentitäten doch zusammenfassen kann, weil bei diesen eine ähnlich hohe Wirksamkeit einzelner Substanzen gegeben ist. Man kann sich darüber hinaus vom molekularpathologischen Hintergrund leiten lassen, z. B. von Translokationen, bei deren Vorliegen bestimmte Substanzen besser wirken, wie aus retrospektiven Analysen bis hin zu ersten Phase-II-Studien hervorgeht.

GIST vs. Weichteilsarkome: Aus den generellen Angaben über Weichteilsarkome müssen Patienten mit gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) oft erst herausgelöst werden, weil diese häufig noch in der Gruppe der abdominellen Weichteilsarkome subsumiert sind. GIST wurden ursprünglich als Leiomyom oder – im Fall einer Metastasierung – als Leiomyosarkom diagnostiziert und sind letztlich auch die häufigsten abdominellen Sarkome. Andererseits werden GIST seit etwas mehr als 10 Jahren – seit Entdekkung der Kit-Mutationen – als eigenständige Tumorentität betrachtet, die von interstitiellen Cajalzellen („Schrittmacherzellen“ zur Kontrolle der Darmmotilität) ihren Ausgang nehmen. Diese getrennte Betrachtung führte auch dazu, dass mit Substanzen wie Pazopanib Zulassungsstudien bei Weichteilsarkomen durchgeführt wurden, in denen GIST nicht enthalten sind, wofür wiederum eigene Studien erforderlich wären, wie sie mit Imatinib oder Sunitinib gemacht wurden. In den Studien mit GIST war ursprünglich eine größere Gruppe an Weichteilsarkomen inkludiert, die aber auf Imatinib nicht angesprochen haben. Die einzelnen Subgruppen verhalten sich also tatsächlich biologisch unterschiedlich. Bei der überwiegenden Mehrzahl der gastrointestinalen Stromatumoren sind Kit-Mutationen die entscheidende tumortreibende Kraft, bei anderen spielen VEGF- und PDGF-Rezeptoren eine Rolle. Unter den Sarkomen sind GIST jedenfalls eine eigenständig reagierende Tumorentität, und es wurden aus diesen Erkenntnissen heraus auch die Einschlusskriterien aktueller Studien differenzierter angelegt.

Angiogenesehemmung als Therapieprinzip: Bei der Evaluierung von Pazopanib wurden in einer Phase-II-Studie vier Strata entwickelt, die als häufigste Tumoren das undifferenzierte pleomorphe Sarkom (früher MFH, malignes fibröses Histiozytom), Liposarkome, Leiomyosarkome und andere Sarkomentitäten enthielten. Für die weitere Entwicklung wurden die EORTC-Empfehlungen berücksichtigt, indem man in die Phase-III-Studie PALETTE genau jene Tumoren eingeschlossen hat, die zuvor die EORTC-Kriterien für das Ansprechen erfüllt haben. Generell besteht der Eindruck, dass Angiogenese bei Weichteilsarkomen eine wichtige Rolle spielt, d. h. es finden sich gut durchblutete Metastasen oder Tumoren, womit das Prinzip der Angiogenesehemmung, z. B. über VEGF- und PDGF-Rezeptoren durch Multikinasehemmer, entsprechend als sinnvoll erachtet wird und im Fokus neuer Entwicklungen steht. So sind Signale aus Phase-II-Studien von verschiedenen antiangiogenetischen Substanzen bekannt, darunter Bevacizumab, Cediranib, Sorafenib oder Sunitinib. Weiters befindet sich der mTOR-Inhibitor Ridaforolimus im Begutachtungsprozess der EMA.
In Hinsicht auf die PALETTE-Studie kann festgehalten werden, dass die Verbesserung der Rate progressionsfreier Patienten als gutes Ergebnis zu werten ist, wobei sich Pazopanib insofern im Zulassungsbereich von Trabectedin bewegt, als die Patienten zumindest mit Doxorubicin, Ifosfamid oder einer Kombination beider Substanzen vorbehandelt waren. Bei einer allfälligen Zulassung würde sich die Substanz z. B. bei Leiomyosarkomen anbieten und wäre hier mit Trabectedin auf Augenhöhe, das allerdings in einer Phase-II-Studie in zwei unterschiedlichen Dosierungen und damit nicht in dem Umfang gegen Placebo untersucht wurde wie der Multikinasehemmer. Über die tatsächliche Positionierung der Substanz wird aber bei einer allfälligen Zulassung sicher noch diskutiert werden.