Editorial

Focus Hämatologie

Die Hämatologie ist ein Gebiet, das sich seit vielen Jahren dynamisch entwickelt. Diagnos – tik und Therapie sind gezielter möglich, dies erlaubt auch eine gezieltere und auf jeden einzelnen Patienten besser zugeschnittene Therapie.
Bei den hämatologischen Neoplasien gibt es zum Teil große Heilungschancen, wie dies zum Beispiel von Herrn Prof. Steurer in dem vorliegenden Heft für die Hodgkin-Lymphome dargestellt wird.
Eine nicht-maligne Erkrankung, die noch bis vor einigen Jahren mit einer hohen Mortalität verbunden war, kann nun seit der Entdeckung des Zusammenhangs mit einem Mangel an ADAMTS13 bei vielen Patienten exakt diagnostiziert und damit auch zielgerichteter therapiert werden. Höchste Aktualität hat diese Erkrankung in letzter Zeit durch das durch E. coli übertragene, erworbene hämolytisch-urämische Syndrom erlangt. Herr Prof. Knöbl stellt diese Erkrankung und verwandte Erkrankungsformen vor und beschreibt die derzeit mögliche Therapie.
Herr Dr. Lechner fasst in seinem Beitrag über Philadelphia-negative myeloproliferative Neoplasien (MPN) ebenfalls die neuen Aspekte zusammen, die in erster Linie durch die Fortentwicklung der Molekularbiologie und die Beschreibung der JAK2-Mutationen einen großen Fortschritt gemacht haben. Für diese Erkrankungsform warten wir noch auf eine effektivere Therapie, zielgerichtete Medikamente sind bereits in klinischen Studien und wir können für diese Erkrankung wahrscheinlich erstmals wesentliche Fortschritte erwarten.
In diesem Heft wird auch speziell auf die Immuntherapie eingegangen. Nach langen Jahren des Therapiestillstands sind nun zwei Medikamente auf den Markt gekommen, die völlig neuartig durch ihre Wirkung am Thrombopoetin-Rezeptor die Produktion von Plättchen im Knochenmark erhöhen. Seit der Durchführung zahlreicher Studien wissen wir, dass durch diese Medikamente effektiver als durch alle anderen die Thrombozytenzahlen angehoben werden können. Die Immunthrombopenie ist eine jener Erkrankungen, die in besonderer Weise einer individualisierten Therapie bedarf, da kaum Vorhersagen über das Ansprechen auf Therapie und Verlauf möglich sind. Wie oben bereits erwähnt, sind die neuen Therapeutika mit einer hohen Ansprechrate verbunden. Nichtsdestotrotz bleibt die Splenektomie nach wie vor die einzige Therapie, bei der mit der größten Wahrscheinlichkeit ein Anstieg der Thrombozyten ohne dauerhafte Einnahme von Medikamenten erzielt werden kann. Die neuen Medikamente und die gesamten Erkenntnisse, die auch aus den Studien mit diesen Medikamenten abgeleitet werden können, stellen einen großen Fortschritt bei der Therapie der Immunthrombopenie dar.
Last, but not least, ein Beitrag über die häufigste Gerinnungsstörung, das Von-Willebrand- Syndrom. Meist nicht schwer aus geprägt, kann es doch in bestimmten Situationen, z. B. bei Operationen, zu einer schwer wiegenden Blutungsneigung führen. Desmopressin und Substitution ermöglichen auch für diese Patienten eine hervorragende, zielgerichtete und sichere Behandlung.

Univ.-Prof. Dr. Ingrid Pabinger-Fasching