Aortenklappenstenose aus der Sicht des Kardiologen

Die Entscheidung zum Klappenersatz richtet sich hier nicht nur nach der Symptomatik und dem Schweregrad der Stenose, sondern wird ganz wesentlich auch von bestehenden Komorbiditäten und dem damit gegebenen individuellen Operationsrisiko beeinflusst. Eine Fortsetzung des Trends in Richtung perkutaner Klappenersatz ist zu erwarten.
Die Aortenklappenstenose ist jene Erkrankung der Herzklappen, die klar mit dem höheren Lebensalter assoziiert ist, die Prävalenz ist aufgrund der steigenden Lebenserwartung ebenfalls zunehmend. In einem kardiologischen Kollektiv sind bis zu 10 % der über 70- jährigen Patienten von der Erkrankung betroffen. Die Symptomatik unterscheidet sich bei Patienten im höheren Alter nicht von der bei jüngeren Patienten und besteht im Wesentlichen in der charakteristischen Trias von
• Atemnot (zu Beginn nur unter Belastung, bei Fortschreiten auch in Ruhe)
• Angina-pectoris-Symptomen
• Schwindelzuständen bis hin zu Synkopen, vor allem bei Belastung
Die Aortenklappenstenose verläuft lange Zeit asymptomatisch, ab dem Auftreten von Symptomen ist die Erkrankung jedoch rasch progredient: Die Überlebensraten bei schwerer Aortenstenose liegen 2 Jahre nach dem Einsetzen von Symptomen bei 50 %, nach 5 Jahren bei 20 %.

Diagnosestellung

Der Verdacht auf eine Aortenklappenstenose ergibt sich neben der klinischen Symptomatik durch Vorliegen eines Systolikums über der Aortenklappe sowie Zeichen einer Linkshypertrophie im EKG. Die Echokardiografie dient nicht nur der Sicherung der Diagnose, sondern auch der Feststellung des Schweregrades der Stenose mittels Beurteilung der Klappenöffnungsfläche. Bei einer sig – nifikanten Stenose (Klappenöffnungsfläche < 1 cm2) und bestehender Symptomatik sollte aufgrund der ungünstigen Prognose nach Möglichkeit eine Klappensanierung erwogen werden.

Individuelle Therapieentscheidung

Als Faktor für die Therapieentscheidung ist hier nicht das chronologische Alter des Patienten ausschlaggebend. Vielmehr sollten Scores für das Operationsrisiko in der Herzchirurgie herangezogen werden, wie z. B. der „logistische Euroscore“ (http://euroscore.org/ index.htm), in dem insgesamt 17 Risikofaktoren berücksichtigt werden. Weitere nicht in den Risikoscores enthaltene Komorbiditäten bedürfen einer sorgfältigen Beurteilung durch den Internisten bzw. Geriater.
Für die Klappensanierung stehen prinzipiell die chirurgische Klappenoperation oder der Herzkatheter-gestützte Klappenersatz zur Verfügung. Im Unterschied zu jüngeren Patienten, bei denen die chirurgische Klappensanierung nach wie vor als First-Line-Therapie verwendet wird, stellt heute bei älteren multimorbiden Patienten der perkutane Ersatz der Aortenklappe die bevorzugte Option dar. Dies wird nicht zuletzt durch die Ergebnisse der PARTNER-Studie gestützt (> Textkasten). Die konservative Therapie ist dagegen beschränkt und besteht lediglich in der symptomatischen Behandlung von pektanginösen Beschwerden und Herzinsuffizienzsymptomen. Bei inoperablen Patienten mit schwerer Dekompensation kann eine Klappensprengung kurzfristige Besserung erzielen, allerdings sind bei diesem Eingriff keine günstigen Langzeitergebnisse zu erwarten.

Erfahrungen aus Linz

An der Abteilung Interne II – Kardiologie – im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz wurde in den letzten beiden Jahren bei 52 als inoperabel eingestuften Patienten (durchschnittliches Alter 82 Jahre ± 5,4 Jahre, Euroscore 28 ± 11,3) ein perkutaner Aortenklappenersatz durchgeführt. Die Eingriffe wurden vollständig perkutan ohne Leisteneröffnung in Lokalanästhesie durchgeführt und dauerten 80 ± 28 Minuten.
Im Anschluss an den Eingriff verbrachten die Patienten 16,3 ± 6,5 Tage im Krankenhaus. Die 30-Tage-Sterblichkeit nach perkutanem Klappenersatz betrug 3,8 %.
Ein Monat nach dem Eingriff konnte mit Ausnahme eines Patienten bei allen eine Verbesserung des NYHA-Stadiums verzeichnet werden.
14 Patienten (26,9 %) benötigten nach dem Eingriff einen permanenten Herzschrittmacher.

PARTNER-Studie (Placement of Aortic Transcatheter valves)

Die PARTNER-Studie ist die erste prospektiv-randomisierte kontrollierte Studie zum Vergleich des perkutanen Aortenklappenersatzes mit anderen Standardverfahren.

Die Studie besteht aus zwei voneinander unabhängigen Kohorten:
• In Kohorte A wurde bei Patienten mit schwerer Aortenklappenstenose die Sicherheit und Wirksamkeit des perkutanen Klappenersatzes mit dem chirurgischen Klappenersatz verglichen.
• In Kohorte B wurde bei inoperablen Patienten (erwartete Operationsmortalität > 50 %) mit schwerer Aortenklappenstenose die Wirksamkeit und Sicherheit des perkutanen Klappenersatzes einer optimalen medikamentösen Standardtherapie gegenübergestellt.

In Kohorte A erwies sich das Überleben nach 30 Tagen sowie nach 1 bzw. 2 Jahren bei beiden Methoden des Klappenersatzes als vergleichbar; Gleiches gilt für die Komplikationsrate während des Eingriffs und bis zu 1 Jahr danach, für die Hämodynamik und die dauerhafte Klappenfunktion sowie die Besserung der Symptomatik. Hinsichtlich der Art der aufgetretenen Komplikationen wurden (bei insgesamt vergleichbarer Komplikationsrate) bei den Patienten mit perkutanem Aortenklappenersatz mehr Schlaganfälle und schwere Gefäßkomplikationen beobachtet, bei Patienten mit chirurgischem Klappenersatz häufiger schwere Blutungen und neu aufgetretenes Vorhofflimmern.

In Kohorte B zeigte sich bei den Patienten nach perkutanem Klappenersatz ein signifikant höheres Überleben über den gesamten Beobachtungszeitraum von 2 Jahren sowie eine signifikant verbesserte Symptomatik und Lebensqualität

 

FACT-BOX

Kandidaten für einen perkutanen Klappenersatz sind derzeit symptomatische ältere Patienten mit hohem Operationsrisiko. Faktoren, die gegen einen perkutanen Klappenersatz und für eine konservative Therapie sprechen, sind Unterbringung in einem Pflegeheim, Immobilität und fortgeschrittene Demenz. Eine Klappensprengung ist nur zu erwägen, wenn bei dekompensierten Patienten eine kurzfristige Verbesserung der Symptomatik essenziell ist.