Infektiöse Endokarditis – Chirurgische Therapie

Als Endokarditis bezeichnet man eine plötzlich einsetzende oder langsam verlaufende Entzündung des Endokards. Ätiolo gisch spielt eine vorbestehende endotheliale Läsion, auf der sich Mikroorganismen ansiedeln können, eine entscheidende Rolle. Am häufigsten werden in – fektiöse Endokarditiden durch Bakterien (Streptokokken, Staphylokokken, Enterokokken etc.), in seltenen Fällen durch Pilze ausgelöst. Virale Endokarditiden spielen beim Menschen eine untergeordnete Rolle. Bei mehr als 30 % der Patienten mit einer floriden Endokarditis wird eine chirurgische Intervention notwendig.

Antibiotische Therapie und chirurgische Intervention: Der wichtigste Aspekt der Behandlung einer infektiösen Endokarditis ist eine adäquate antibiotische Therapie. Nach Abnahme von Blutkulturen wird gemäß Antibiogramm eine entsprechende antibiotische Therapie verabreicht und für mindestens 6 Wochen beibehalten. Häufig gestaltet es sich jedoch schwierig, hoch virulente Keime alleine mit Antibiotika zu eradizieren, sodass eine Operation notwendig wird. Bei einer gesicherten Endokarditis ist in jedem Fall die frühzeitige Beiziehung eines Herzchirurgen erforderlich, damit bei akuter Verschlechterung des Patienten eine unmittelbare Intervention eingeleitet werden kann. Zur Vorbereitung einer operativen Sanierung sollte eine aktuelle transösophageale Echokardiographie und – abhängig von Alter und Risikoprofil – gegebenenfalls eine Koronarangiographie durchgeführt werden.

Dringliche Operationsindikationen sind

  • akute Aortenklappeninsuffizienz (AI) oder Myokardinfarkt (MI) mit kardialem Pumpversagen bzw. Lungenödem • perivalvulärer Abszess, Fistelbildung
  • Endokarditis durch schwer therapierbare Erreger (z. B. MRSA, Pilze)
  • schwere Sepsis und septischer Schock > 48 h
  • persistierendes Fieber trotz adäquater antibiotischer Therapie über 5–10 Tage
  • persistierende Bakteriämie/Fungämie trotz adäquater antibiotischer Therapie
  • rezidivierende Embolien nach adäquater antibiotischer Therapie
  • frische mobile Vegetationen > 10 mm • lokal destruierender Verlauf
  • akute zerebrale Embolie (nach Ausschluss einer intrazerebralen Blutung)

Patienten, bei denen eine Operation notwendig wird, sind häufig in einem schlechten Allgemeinzustand und in einem Stadium der kardialen Dekompensation. Wichtigstes Ziel ist die radikale Entfernung des gesamten infizierten Gewebes bzw. Prothesenmaterials und die Rekonstruktion von eventuellen Defekten mit autologem oder bovinem Perikard oder synthetischem Material. Als Standard sollte das entnommene Material bakteriologisch nachuntersucht werden, um postoperativ eine optimale antibiotische Therapie gewährleisten zu können. Die Vermeidung von künstlichen Materialien scheint für die Behandlung einer infektiösen Endokarditis von Vorteil zu sein. Die Frage nach der optimalen Prothese bei diesen Eingriffen wird aber nach wie vor kontrovers diskutiert und sollte individuell abgestimmt werden.
Nach prothetischem Klappenersatz wegen aktiver Endokarditis ist postoperativ eine mindestens zweiwöchige antibiotische Behandlungsdauer empfohlen. Bei intraoperativ nachgewiesenen Entzündungsherden oder positiven Kulturen der Klappe muss die volle Therapiedauer von 4 bis ≥ 6 Wochen ausgeschöpft werden.

Aortenklappenendokarditis: Eine bakterielle Aortenklappenendokarditis führt unbehandelt zur Zerstörung der Aortenklappe mit resultierender Klappeninsuffizienz. Zusätzlich besteht die Gefahr der Destruktion der Aortenwurzel und des Übergreifens der Infektion auf benachbarte Strukturen. Rezidivierende septische Embolien können ihren Ausgang von einer infizierten Aortenklappe haben. Oftmals wird das ganze Ausmaß einer endokarditisch des – truierten Aortenklappe und/oder Aortenwurzel erst bei der Inspektion des Situs sichtbar. Ist die Infektion auf die Klappentaschen beschränkt, können eine vollständige Entfernung der Aortenklappe und ein Klappenersatz mit einer biologischen oder mechanischen Prothese ausreichen. Bei Vorliegen eines intraannulären Abszesses muss dieser ausgeräumt und mit einem Patch aus Perikard gedeckt werden (> Abb.). Erst dann kann die betroffene Klappe durch eine Prothese ersetzt werden. Im Falle einer ausgedehnten Infektion (aortaler Wurzelabszess) wird der gesamte Ersatz der Aortenwurzel notwendig. Eine häufig auftretende Komplikation dieses Eingriffs ist ein Störung des Reizleitungssystems (kompletter AVBlock), die eine sekundäre Implantation eines Herzschrittmachers erforderlich macht.

 

 

Mitralklappenendokarditis: Generell ist die Mitralklappe seltener von einer Endokarditis betroffen als die Aortenklappe. Häufig entsteht sie sekundär durch den Blutrückstrom bei einer insuffizienten, infizierten Aortenklappe. Das chirurgische Prinzip besteht in der kompletten Entfernung des infektiösen Gewebes und der endokarditischen Vegetationen auf den Klappenstrukturen. Ist lediglich ein kleiner Teil eines Klappensegels betroffen, kann zumeist eine Rekonstruktion der Mitralklappe durchgeführt werden. Der betroffene Segel – abschnitt wird reseziert und direkt verschlossen. Ist der Defekt für den direkten Verschluss zu groß, kann dieser Teil des Segels durch einen Patch aus Perikard rekonstruiert werden. Bei der Rekonstruktion der Mitralklappe kommen generell alle Operationstechniken zum Einsatz, die auch bei herkömmlichen degenerativen Erkrankungen angewendet werden. Dies wird insbesondere bei Kindern und Jugendlichen angestrebt, um ihnen die Probleme des prothetischen Klappenersatzes zu ersparen. Bei ausgedehnt destruierten Klappensegeln sowie bei Übergreifen der Infektion auf den Klappenring ist eine Rekonstruktion der Klappe in den meisten Fällen nicht möglich. Der defekte Anteil des Mitralannulus muss radikal debridiert und anschließend mit einem Perikardpatch gedeckt werden. Einerseits wird der Patch in die Wand des linken Vorhofs, anderseits in die Muskulatur des Ventrikels eingenäht. Aufgrund der Infektion und Vulnerabilität des Gewebes ist dieser Schritt der Operation äußerst heikel. Nach Vollendung der Patchplastik wird eine herkömmliche Klappenprothese aus künstlichem bzw. biologischem Material in den Mitralannulus implantiert. Insgesamt ist die Prognose in diesen Fällen jedoch ungünstig, da es häufig nicht gelingt, eine stabile Verankerung der Prothese zu erzielen.

Trikuspidalklappenendokarditis: Die Trikuspidalklappe ist besonders bei i.v. drogenabhängigen Patienten gefährdet. Die Problematik und Therapie entsprechen der Behandlung der Mitralklappenendokarditis.

Prothesenendokarditis: Die Prothesenendokarditis ist eine schwerwiegende, mit einer erhöhten Mortalität assoziierte Komplikation. Unterschieden werden eine frühe Phase innerhalb von bis zu 60 Tagen nach der Implantation und eine späte Phase nach über 60 Tagen nach der Implantation. Die bei dieser Komplikation am häufigsten nachgewiesenen Keime sind Koagulase-negative Staphylokokken, gramnegative Bakterien sowie Pilze der Candida- Gruppe. Rezente Daten deuten darauf hin, dass besonders Staphylokokkus aureus eine bedeutende Rolle in der Pathogenese der Prothesenendokarditis spielt. Der Klappenersatz stellt die Therapie der Wahl dar, wird jedoch häufig durch eine Mitbeteiligung des Klappenannulus erschwert.

 

FACT-BOX

Eine Endokarditis kann unterschiedlichste Herzstrukturen betreffen, allen voran die Aortenklappe, gefolgt von der Mitralklappe. Am seltensten findet sich eine Endokarditis der Trikuspidalklappe.

Das chirurgische Prinzip besteht in der radikalen Entfernung infektiösen Gewebes und endokarditischer Vegetationen, um ein weiteres Ausbreiten der Infektion zu verhindern. Generell kommen alle Operationstechniken zum Einsatz, wie sie auch bei herkömmlichen degenerativen Klappenerkrankungen angewendet werden.