Infektiöse Endokarditis – Diagnose

Infolge von Veränderungen in der medizinischen Betreuung haben sich die Charakteristika der Endokarditis in den Industrieländern geändert: Die rheumatischen Herzerkrankungen sind zurückgegangen, die Lebenserwartung ist gestiegen, und eine zunehmende Zahl von Patienten wird invasiven Eingriffen unterzogen.
Risikogruppen für Endokarditis sind heute Patienten mit nosokomialen Infektionen, ältere Patienten mit Klappensklerose, Patienten mit Klappenprothesen, Schrittmachern, implantierten Defibrillatoren (ICD), implantierten Venenkathetern (Port-a-Cath), und Patienten im chronischen Hämodialyseprogramm. Es gibt aber auch unter Jugendlichen Risikogruppen für Endokarditis. In erster Linie sind dies intravenös Drogenabhängige. Darüber hinaus werden Haut- und Schleimhautläsionen durch Tätowierung und Piercing als Eintrittspforte für Infektionen und Endokarditis angeschuldigt, vor allem bei Patienten mit Immunsuppression oder bei angeborenen Herzfehlern.1

Veränderung des Erregerspektrums und der Prognose: Das Spektrum der Mikroorganismen, die zur Endokarditis führen, hat sich ebenfalls verschoben: Staphylococcus aureus wird in den meisten Studien als häufigster auslösender Keim identifiziert. Trotz des einfachen Zugangs zur antibiotischen Therapie und zu herzchirurgischen Einrichtungen zeigen epidemiologische Studien aber, dass sowohl die Inzidenz als auch die Mortalität der Endokarditis im Zunehmen begriffen ist.2, 3

Schleichender, unspezifischer Verlauf: Im Gegensatz zu anderen Erkrankungen hat die Endokarditis kein charakteristisches Leitsymptom. Der Krankheitsbeginn ist nicht plötzlich, sondern schleichend. Oft führt erst eine akute embolische Komplikation zur Krankenhausaufnahme. Die Symptome sind unspezifisch und können als „übergangene Grippe“, „Verkühlung“, rezidivierende Sinusitis“, „Burn-out“ oder „beginnende Altersschwäche“ fehlgedeutet werden. Die durch die Endokarditis bedingte Klappendestruktion kann zu Klappeninsuffizienzen, damit einhergehender Lungenstauung und radiologisch sichtbaren Veränderungen führen, was manchmal in der Diagnose „Herzinsuffizienz“ oder „respiratorischer Infekt“ resultiert, ohne dass der Ursache der Herzinsuffizienz oder des Infektes nachgegangen wird. Manchmal führen die Symptome der Endokarditis auch zu einem Malignomverdacht. Diese Fehlinterpretation wird begünstigt durch Laborbefunde wie Eisenmangelanämie, pathologische Elektrophorese, erhöhte Entzündungsparameter, die sowohl bei Endokarditis als auch bei Malignomen gefunden werden.

Erschwerte Diagnose durch antibiotische Vorbehandlung: Der Erregernachweis im Blut ist außerordentlich hilfreich bei der Diagnose und der Therapie der Endokarditis. Blutkulturen sind deswegen bei Verdacht auf Endokarditis unbedingt anzulegen. Infolge des schleichenden Krankheitsverlaufes haben jedoch Patienten häufig bereits eine antibiotische Behandlung erhalten, wenn der Verdacht auf Endokarditis auftritt. In diesen Fällen empfiehlt sich die Rücksprache mit dem bakteriologischen Labor, um ein sinnvolles diagnostisches Prozedere zu planen.

Echokardiographie – gut, aber unspezifisch: Die Echokardiographie, insbesondere die transösophageale Echokardiographie, erlaubt eine Beurteilung der Morphologie und Funktion der Herzklappen (> Abb.). Allerdings kann anhand der Echokardiographie nicht zwischen infiziertem und nichtinfiziertem Gewebe unterschieden werden, was besonders bei vorgeschädigten Klappen Probleme mit sich bringt.

 

 

Duke-Kriterien: Angesichts des diagnostischen Dilemmas und der Tatsache, dass nur die Zusammenschau mehrerer verschiedener Parameter die Diagnosestellung erlaubt, wurden die modifizierten Duke-Kriterien entwickelt (> Tab.).4 Die Anwendung dieser Kriterien ermöglicht eine Quantifizierung der Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Endokarditis und bewährt sich im klinischen Alltag zunehmend bei Diagnose und Differenzialdiagnose der Endokarditis.

 

 

 

1 Armstrong M. L. et al., J Adolesc Health 2008; 43:217-25

2 Fedeli U. et al., BMC Infect Dis 2011; 11:48

3 de Sa D. D. et al., Mayo Clin Proc 2010; 85:422-6

4 Durack D.T. et al., Am J Med 1994; 96:200-9