Dr. Horst Schalk: Dank moderner Therapien sind HIV-Patienten heute gut behandelbar und haben eine angemessene Lebensqualität. Das gilt auch für ein fortgeschrittenes Stadium.
Der Großteil der Patienten, ich würde sagen, zwei Drittel bis drei Viertel, werden zeitgerecht diagnostiziert, um sie gut behandeln zu können. Problematisch wird es bei Menschen, die eine späte Diagnose erhalten. Hier ist die große Herausforderung, diese wieder auf ein adäquates Immunniveau zu bringen.
Wir definieren dazu zwei Marken. Liegt der Wert unter 350 Zellen/µl, so müssen wir diesen Patienten sehr genau beobachten. Schlecht steht es um den Patienten, wenn der Wert unter 200 Zellen/µl liegt – hier besteht die Gefahr, dass AIDS ausbricht. Es gibt allerdings eine weitere Komponente, die eine Rolle spielt: das immunologische Gedächtnis. Waren die CD4-Helferzellen beispielsweise im Laufe der Infektion zu irgendeinem Zeitpunkt sehr niedrig, ist die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von Tumoren höher.
Nein. Probleme gab es nur in der ersten Phase des harten Lockdowns im Frühling. Hier wurden Routinetests bei gut behandelten Patienten verschoben. Bis Juli war das aber nachgeholt. Das größere Problem in der Versorgung sehe ich unabhängig von der Pandemie. Bei der Betreuung haben HIV-Patienten außerhalb von Wien in Österreich keine große Auswahl. Es bleiben die Immunambulanzen in den Landeshauptstädten, wobei dies für Vorarlberg nur eingeschränkt gilt und es in St. Pölten und Eisenstadt keine solche Ambulanz gibt.
Es gelten dieselben Hygieneregeln und Empfehlungen wie für alle Menschen. Was wir heuer besonders empfehlen, ist eine Impfung gegen Influenza und Pneumokokken. HIV-Patienten sind nicht anfälliger für eine COVID-19-Infektion und im Falle einer Infektion verläuft diese auch nicht schwerer.
Genau. Es kommt vielmehr auf den Virusgeber an und die Virenlast, die er übergibt. Die Gefahr ist somit für HIV-positive wie für HIV-negative Menschen gleich.
Im nächsten Jahr rechne ich damit, dass es einen Fortschritt bei der Injektionstherapie geben wird. Der Patient kommt dann nur noch alle 8 Wochen und erhält eine Spritze. Es wird auch daran gearbeitet, dass es eine subkutane Therapie gibt, die sich der Patient selbst verabreicht. In 2 bis 3 Jahren wird es wahrscheinlich schon so weit sein.