Asthma und Schwangerschaft

Mehrere Studien konnten zeigen, dass die Asthmasymptome während einer Schwangerschaft in den meisten Fällen nicht stärker werden. Eine Metaanalyse über 14 Studien fand, dass bei fast der Hälfte der untersuchten Patientinnen das Asthma sogar besser wurde und nur bei wenigen eine deutliche klinische Verschlechterung eintrat.

Folgende positiv wirkende Faktoren sind dafür verantwortlich:

eine durch Progesteron bedingte Bronchodilatation

Östrogene und Progesteron verbessern die Ansprechbarkeit auf Betamimetika

durch Erhöhung der zirkulierenden Histaminase kommt es zur Verminderung der histaminmediierten Bronchokonstriktion

Prostglandin E und I führen zu einer Bronchodilatation

Physiologisch treten jedoch auch negativ wirkende Faktoren auf, die zu einer Verschlechterung führen können und vor allem bei Patienten mit bestimmten genetischen Polymorphismen wirken.

Kortisonabbauprodukte können zu einer kompetitiven Bindung am Glukokortikoidrezeptor führen

Prostaglandin F kann eine Bronchokonstriktion bewirken

ein vermehrt auftretender gastroösophagealer Reflux

die Schwangerschaft als Stress

Durch die physiologisch positiv wirkenden Faktoren kommt es bei vielen Frauen zu einer Abnahme der bronchialen Hyperreaktivität im zweiten und dritten Schwangerschaftstrimester. Besonders profitieren davon Frauen, die primär stark hyperreaktiv waren. Ähnlich positive Ergebnisse wurden auch in Bezug auf die Lungenfunktion gefunden. Im Durchschnitt kann es zu einer Zunahme des FEV1 von 150 ml im zweiten und dritten Trimester kommen.

Frauen müssen daher nicht befürchten, dass ihre Asthmasymptome in der Schwangerschaft zunehmen oder ihre Hyperreaktivität sich verstärkt bzw. mehr Medikamente notwendig werden. Es wird allerdings empfohlen, die verwendeten Asthmamedikamente unverändert in der Schwangerschaft fortzusetzen.

Konsequenzen für die Asthmamedikation

Betamimetika, inhalative und systemische Steroide sowie Leukotrienantagonisten sind sicher, und es konnte nicht nachgewiesen werden, dass diese Medikamente eine schädigende Wirkung auf den Fetus haben. Lang wirksame Betamimetika (LABA) wurden in der Schwangerschaft noch nicht so gut untersucht wie inhalative Steroide. Deshalb empfiehlt das „national asthma education and prevention program“, die inhalative Kortisontherapie von einer niedrigen Dosis auf eine mittelhohe Dosis zu erhöhen, bevor ein LABA hinzugegeben wird. Wird mit dieser antiinflammatorischen Therapie keine ausreichende Wirkung erzielt, wird in der nächsten Stufe eine mittelhohe bzw. hohe Kortisondosis mit LABA empfohlen. Kommt es zu einer starken Asthmaexazerbation mit der Notwendigkeit eines Krankenhausaufenthaltes, wird in den allermeisten Fällen eine orale Steroidtherapie für mehrere Tage über die Entlassung hinaus empfohlen. Ganz generell wird bei zu erwartenden Problemen oder bereits eingetretenen stärkeren Problemen großzügig der Einsatz von systemischem Steroid angeraten. Inhaliert eine Frau während der Schwangerschaft mittelhohe bis hohe Dosen von Steroiden, soll sie während der Geburt für einige Tage zusätzlich ein systemisches Steroid verwenden.

Asthmaprävention für das Kind

Kann und soll die schwangere Frau mit Asthma vorbeugende Maßnahmen ergreifen, um dadurch die Entwicklung des Asthmas bei ihrem Baby zu verhindern?
Um diese Frage zu beantworten, muss man die immunologischen Veränderungen während der Schwangerschaft besser berücksichtigen und verstehen.
Wir wissen inzwischen, dass es während der Schwangerschaft zu einem starken Absinken der Th1-Zellen kommt, da sonst eine Schwangerschaft nicht möglich ist und der Fetus als Fremdkörper fehlerkannt und abgestoßen wird. Zugleich kommt es zu einer starken Hochregulation von Th2-Zellen, die ja üblicherweise ein Zytokinprofil erzeugen, das mit Allergie und Asthma verbunden ist. Diese Dysbalance muss kurz nach der Geburt wieder normalisiert werden. Eine zentrale Rolle dabei spielen die T-regulatorischen Zellen, die sowohl für die Veränderung während der Schwangerschaft als auch danach mitverantwortlich sind. Diese Zellen sind auch für die Toleranzentwicklung gegenüber Allergenen und Antigenen zuständig, welche schon während der Schwangerschaft beginnt und immunprogrammierende Wirkungen für das gesamte spätere Leben hat. Für diese Toleranzentwicklung ist ein gewisser Allergenkontakt notwendig. Das simple Vermeiden von Allergenen sowohl während der Schwangerschaft als auch knapp nach der Geburt kann die Entstehung von Allergien oder Asthma nicht verhindern. In einer großen Cochrane-Analyse wurde eindrücklich gezeigt, dass eine allergenarme Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft keinen positiven Effekt auf die Entwicklung allergischer Erkrankungen des Kindes hat. In einigen anderen Untersuchungen wurde gezeigt, dass nach regelmäßigem Kontakt zu Haus- und Nutztieren während der Schwangerschaft vermehrt T-regulatorische Zellen und verminderte IgE-Spiegel im Nabelschnurblut nachgewiesen werden konnten.
Die Exposition gegenüber bestimmten Allergie-/Asthma-Schutzfaktoren während der Schwangerschaft und in den Monaten nach der Geburt könnte Vorteile bringen. Faktoren wie Probiotika und Präbiotika wirken über den Gastrointestinaltrakt. Allerdings zeigen die meisten Metaanalysen, dass mit Probiotika keine nachhaltige Prävention von allergischen Erkrankungen des Kindes erreicht werden kann. Für Präbiotika gibt es noch wenige Daten, einige Studien zeigen positive Auswirkungen auf die Entstehung einer atopischen Dermatitis und rezidivierende obstruktive Bronchitiden. Stillen wird aus verschiedenen Gründen als die beste Ernährung für Babys empfohlen. Der wissenschaftliche Nachweis, dass Stillen das Auftreten eines späteren Asthmas verhindern oder reduzieren kann, besteht jedoch nicht. Hypoallergene Säuglingsnahrungen haben keinen positiven Effekt auf die Entstehung von Asthma. Vor Allergie und Asthma schützende Faktoren scheinen auf unseren traditionellen Bauernhöfen vorzukommen, da inzwischen viele Studien zeigen, dass das Aufwachsen auf Bauernhöfen mit Kontakt zu einer Vielzahl von unterschiedlichen Nutztieren und der Konsum der Bauernmilch im ersten Lebensjahr und bereits während der Schwangerschaft zu einem verminderten Auftreten von Asthma, Heuschnupfen und atopischer Dermatitis später im Leben führen können. Immunologisch spielen dabei die antigenpräsentierende Zelle und die vermehrte Ausschüttung von Interferon gamma und TNF-alpha eine Schlüsselrolle. Auch gibt es Hinweise, dass die Exposition gegenüber diesen immunmodulierenden Faktoren während der Schwangerschaft zu epigenetischen Phänomenen führt, was also die Vererbung des verminderten Asthmarisikos in die zweiten und dritten Generation vermuten lässt. Diese epidemiologischen Daten des „Bauernhofschutzes“ konnten inzwischen in mehreren Tiermodellen bestätigt werden. So führten die Inhalation von Stallstaub und des daraus gewonnenen Leitkeimes (Acinetobacter lwoffii) zu einer Abnahme der Atemwegsreaktivität, der eosinophilen Zellen und der Goblet-Schleimzellen in der Lungenlavage exponierter Mäuse. Dies sind spannende Daten, die das Potenzial haben, daraus eine vorbeugende „Allergieimpfung“ zu entwickeln. Vorerst können daraus jedoch keine konkreten Empfehlungen für Schwangere gewonnen werden.
Die Vermeidung von Aktiv- und Passivrauch sowie regelmäßigem Alkoholkonsum während der Schwangerschaft ist eindeutig als asthmaprotektiv bewiesen und in viele Empfehlungen aufgenommen. Besonders das Aktivrauchen ist mit vielen lang anhaltenden schädigenden Wirkungen, die unter der Bezeichnung „fetales Tabaksyndrom“ zusammengefasst werden, assoziiert. Dieser Zusammenhang wurde ganz klar auch für das Asthma gefunden.