„Jugendliche als Partner gewinnen!“

ÄRZTE KRONE: Herr Dr. Fiala, was sind denn die Besonderheiten des 45. Kongresses für Allgemeinmedizin?

WALTER FIALA: Der Kongress für Allgemeinmedizin hat mehrere Spezialitäten. Es wird an drei Tagen ein Generalthema in Vorträgen und Seminaren aufbereitet. Die Themen und Vortragenden werden vom Vorstand der Steirischen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (STAFAM) nach ausführlichen Diskussionen nach den Bedürfnissen der Allgemeinmedizin ausgesucht. Wir versuchen, alle Vortragenden zu überzeugen, dass wir einen Kongress in deutscher Sprache abhalten, und daher ersuchen wir auf den Projektionen die deutsche Sprache zu verwenden. Es behindert die Konzentration der Zuhörer, wenn der Vortragende Deutsch spricht und auf den Projektionen eine andere Sprache aufscheint oder sogar Deutsch und Englisch gemischt verwendet werden. Wir ersuchen auch, Abkürzungen auszuschreiben, da täglich neue erfunden werden und es an Hochmut grenzt, vorauszusetzen, dass alle Teilnehmer jede Abkürzung kennen müssen. Und wir versuchen, Vortragende zu ermutigen, auf Statistiken und Studien zu verzichten und die eigene Erfahrung in den Vordergrund zu stellen.

Was werden die Highlights des Kongresses sein?

Dieser Kongress hat keine Highlights, da jeder Vortrag und die Vortragenden sorgfältig ausgesucht wurden. Sicherlich ist der Festvortrag immer ein Highlight, für den wir heuer Herrn Prof. Dr. Lutz Jäncke, den Ordinarius für Neuropsychologie an der Universität Zürich gewinnen konnten, der eindrucksvoll darstellen wird, welche Rolle das Frontalhirn beim Jugendlichen hat und dass es Aufgabe der Gesellschaft ist, dieses positiv zu beeinflussen.

Das Thema des Kongresses ist „Vom Wachsen und Reifen“ – warum wurde dieses gewählt?

Wir wählen jedes Jahr ein Generalthema und auf den Jugendlichen hatten wir eigentlich immer vergessen. Wir verstehen bei diesem Kongress den Jugendlichen als Mensch so zwischen elf und 17 Jahren.

Was ist so anders an jugendlichen Patienten?

Sie kommen häufig nicht mehr zum Kinderarzt, da sie kein Kind mehr sein wollen. Aber auch der Allgemeinmediziner wird häufig nur bei akuten Beschwerden aufgesucht und hier gilt es dann, den Jugendlichen als Partner zu gewinnen und nicht nur auf die primär akuten Beschwerden einzugehen, sondern auch zu überlegen, was sich hinter diesen verbergen könnte.

Was sind die häufigsten Beschwerden bei Jugendlichen?

Neben den saisonalen banalen Infekten sind es vorwiegend psychische Probleme, wie Essstörungen, Schulprobleme, Bewegungsapparat und die Sexualität. Gerade letzteres Problem kommt in keiner Ausbildung vor. Frau Dr. Bragagna hat versucht, die Ausbildung in Sexualfragen an der Universität zu thematisieren und stößt dabei, so fürchte ich, auf taube Ohren, da der MedUni so vieles andere wichtiger ist.

Wie gehen Sie mit jugendlichen Patienten in Ihrer Praxis um?

Behutsam, auf „ Augenhöhe“, wie man heute so gerne sagt, um sie als Partner zu gewinnen.

Danke für das Gespräch!