Schmerztherapie: Beste Expertise beim Allgemeinmediziner

Wir sind in der glücklichen und privilegierten Lage, über schmerzmindernde Medikamente in großer Auswahl und in allen galenischen Formen zu verfügen, was uns deutlich vom Großteil der restlichen Welt unterscheidet.
Die uns anvertrauten Patienten sind oft alt, gebrechlich und multimorbid – hier wirksame, individualisierte Behandlung anzustreben, lässt sich oft sehr schwer mit gleichzeitiger Gabe von Guideline-optimierten sekundärpräventiven Medikamenten vernetzen, wobei wir doch schlussendlich die Lebensqualität der uns Anvertrauten im Fokus haben sollten.

Mobile Palliativteams

Bei fortgeschrittener Erkrankung, die in absehbarer Zeit zum Tod führen wird, haben wir neben der Behandlung des somatischen Schmerzes auch psychologische, soziale und spirituelle Probleme zu bedenken, die oft in hohem Maße das Geschehen beeinflussen und/oder verstärken. In dieser Situation sind mobile Palliativteams für uns Hausärzte eine segenreiche Entwicklung, vorausgesetzt, sie sind 24 Stunden an sieben Tagen/Woche erreichbar. Diese können nach vorheriger Absprache mit dem Hausarzt Schmerzmedikationen titrieren und die weitere Symptomkontrolle durchführen. Insbesonders die Kommunikation mit den Patienten sowie den An-/Zugehörigen, wird verbessert, die Fragen nach Ernährung und Flüssigkeit am Lebensende, Todesrasseln u.v.m. können meist zufriedenstellend beantwortet werden („… er stirbt, weil er nichts isst, er isst nicht mehr, weil er stirbt …“). In diesen Ausnahmesituationen ist es oft schwierig, unsere Botschaften verständlich zu überbringen, zu den oft notwendigen Wiederholungen haben wir zu wenig zeitliche Ressourcen: Hier verrichten die Teams wunderbare Arbeit.
Arthrosen und andere degenerative skelettale Prozesse, welche aus diversen Gründen einer Operation nicht mehr zuzuführen sind, stellen uns vor die Herausforderung, selbstbestimmtes Leben innerhalb der eigenen vier Wände noch länger zu ermöglichen.
Der Herausforderung bei Menschen mit eingeschränkter Kognition – wie bei Demenz – Schmerzzustände zu erfassen, müssen wir uns oft gerade in unseren Alten- und Pflegeheimen stellen.

Ambulanten Bereich endlich stärken!

Seit Jahrzehnten ist zu hören, dass ambulante Strukturen verstärkt werden sollen, um den weitaus teureren stationären Bereich zu entlasten. Leider ist es bislang bei der guten Absicht geblieben. Gerade unzureichend behandelte Schmerzzustände führen zu häufiger Inanspruchnahme des Spitalsbereichs, da der Patient der Meinung ist, dass dort mehr Möglichkeiten zur Behandlung bestehen. Alle in unserem Land zugelassenen Medikamente sind aber auch von uns Allgemeinmedizinern verschreibbar, nur die Kostenübernahme durch die jeweilige Krankenversicherung trennt den Patienten von dem von ihm benötigten Mittel. Ein Dschungel von diversen Krankenkassen multipliziert mal neun nach Bundesländern macht Medikamentenversorgung zum Hindernislauf unter zeitlich ungünstigen Rahmenbedingungen.
Diagnostische Pfade bei der Abklärung von Schmerzzuständen sind aufgrund von Wartezeiten für Bildgebung und nachfolgende Expertisen diverser Fachrichtungen durch Ressourcenverknappung im niedergelassenen §-2-Bereich langatmig und nur mühevoll aufgebaute Netzwerke sind im Stande, allerdings wiederum unter hohem zeitlichen Aufwand in der Kernarbeitszeit, d.h. bei vollem Wartezimmer, einzugreifen, um raschere Versorgung unserer Patienten zu gewährleisten.
Der Wunsch nach Verhinderung der Explosion der Behandlungskosten ist gut verständlich, jedoch sollte gerade im Bereich der Schmerzmittel an Folgekosten bei unzureichender Einstellung gedacht werden und Präparate, die ob ihrer Eigenschaften oder ihres schnellen Wirkungseintrittes im Erstattungscodex sich nicht im grünen Bereich finden, zeitnah dorthin transferiert werden.
Auch uns Allgemeinmedizinern ist als steuerzahlenden Staatsbürgern die Wirtschaftlichkeit des Gesundheitssystems im Auge, jedoch verfügen wir vor Ort als Hausärzte letztlich über die beste Expertise, was unsere Patienten vor Ort benötigen. Diese Ressource nicht zu nutzen verursacht mittel- und langfristig enorm hohen wirtschaftlichen Schaden.

Conclusio

Entbürokratisierung von Verordnung wirksamer Schmerzmittel ergibt mehr Zeit für unser ärztliches Tun, wofür wir auf Kosten der Allgemeinheit auch studieren durften. Die ärztliche Kunst besteht nicht im ohnedies vorausgesetzten Wissen um neue medizinische Entwicklungen, sondern im Herbeiführen des „informed consense“, der die Basis jeder Behandlung sein sollte. Wenn von der ärztlichen Kunst nur noch den Kunstfehler übriggeblieben ist, sollten wir diese Entwicklung bedauern.
Auch wenn wir in der Kommunikation mit unseren Patienten nicht absolute Schmerzfreiheit versprechen, sondern Reduktion auf ein akzeptables Maß, wird in den meisten Fällen Zufriedenheit herstellbar sein.