Moderne Ansätze in der posttraumatischen Therapie

Muskelverletzungen werden in 3 Schweregrade unterteilt.
Grad I beinhaltet Verletzungen, die nur einige Muskelfasern betreffen und von leichten Ödemen und Beschwerden begleitet werden. Ein Muskeldefekt ist bei der Kontraktion nicht zu ertasten, und Kraftverlust sowie Bewegungseinschränkungen liegen, wenn, dann nur in geringem Ausmaß vor. Eine Schonungszeit ist aufgrund des erhöhten Verletzungsrisikos empfehlenswert. Bei Verletzungen von Grad II ist der Muskel stärker geschädigt und die Fähigkeit zur Muskelkontraktion deutlich beeinträchtigt. Beim Abtasten der Verletzungsstelle kann ein Muskeldefekt oder eine Lücke gefühlt werden. Innerhalb von 2 bis 3 Tagen bildet sich ein leichtes lokales Hämatom mit möglichen Ekchymosen. Der Heilungsprozess dauert mehrere Wochen, mit langsamen, vorsichtigen, körperlichen Aktivitäten kann nach einem Monat begonnen werden. Schwere Prellungen oder Verstauchungen vom Grad III erstrecken sich über den gesamten Querschnitt des Muskels, was sich durch starke Schmerzen und einen nahezu vollständigen Verlust der Muskelfunktion äußert. Die Muskelstruktur versagt, und weit entfernt von der Rissstelle ist eine großflächige Ekchymose sichtbar. Die Heilungsdauer beträgt zwischen 4 und 6 Wochen, und eine intensive Rehabilitation über mehrere Monate ist notwendig.1

Medikamentöse Behandlung

Die medikamentöse Therapie besteht vorrangig aus nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR).2

Akute Verletzungen

Studien zeigen, dass eine kurze Therapie in der niedrigsten wirksamen Dosierung schmerzlindernd und Nebenwirkungsarm ist.3 Vor allem der kurzzeitige Einsatz antiinflammatorischer Arzneimittel in der frühen Phase einer Grad-I-Verletzung kann die Entzündungsreaktion der Zellen vermindern, ohne dabei nachteilige Auswirkungen auf den Heilungsprozess, die Zugfestigkeit oder die Kontraktion des Muskels zu zeigen.1

Chronische Verletzungen

Hier empfiehlt es sich, selektive COX-Inhibitoren wie beispielsweise Celecoxib oder Meloxicam anzuwenden, da diese weniger gastrointestinale Nebenwirkungen verursachen als unspezifische COX-Inhibitoren. Selektive COX-Inhibitoren beschränken sich auf die Hemmung der COX-2-Rezeptoren. Die im GIT gehäuft vorkommenden COX-1-Rezeptoren werden so nicht in ihrer Funktion beeinträchtigt.2 Dennoch gibt es keine allgemeingültigen Therapieempfehlungen. Eine individuelle Einstellung des Arzneistoffes soll erfolgen, da COX-2-selektive NSAR beispielsweise bei Patient:innen mit kardialen Vorgeschichten kontraindiziert sind.3

Topische Therapie

Topisch applizierte NSAR wirken schmerzlindernd bei akuten, lokal begrenzten Gelenk- oder Muskelverletzungen. Gele oder Pflaster mit Diclofenac sind eine beliebte und sichere Methode. Aufgrund der vorrangig lokalen Wirkung unterscheidet sich das Nebenwirkungsrisiko deutlich von jenem der oralen Applikation.4 Ein Cochrane-Review hat sich mit der topischen NSAR-Therapie akuter Schmerzen durch Verstauchungen, Zerrungen und Überlastungsverletzungen auseinandergesetzt. Die Auswertung der 61 ausgewählten Studien lässt darauf schließen, dass sich die topische kaum von der oralen Schmerzbehandlung mit NSAR unterscheidet.5 Ein weiteres Cochrane-Review, das Studien zur topischen NSAR-Therapie bei chronischen Schmerzen bewertet hat, kann keine derart klaren Schlüsse ziehen.6

Eine 2020 veröffentlichte Studie liefert Ergebnisse darüber, welche Arzneiformen bei akuten Schmerzen bei Verletzungen des Bewegungsapparates, die nicht den unteren Rücken betreffen, am effektivsten wirken. Die Auswertung der 207 ausgewählten Studien bestätigt, dass topische NSAR das beste Nutzen-Risiko-Verhältnis aufweisen, gefolgt von oralen NSAR und Paracetamol mit/ohne Diclofenac.7

Die Verwendung von Glukokortikoiden scheint hingegen mit Verzögerungen bei der Beseitigung des Hämatoms und des nekrotischen Gewebes, Verzögerungen beim Regenerationsprozess und einer verringerter biomechanischen Festigkeit des verletzten Muskels in Verbindung zu stehen.1

Unterstützende Therapie

Nach der akuten Phase kann mit einem isometrischen Training ohne Gewichte begonnen werden. Wichtig ist, auf eine schmerzfreie Bewegung zu achten. Je nach Trainingsfortschritt können im Laufe der Therapie Gewichte verwendet werden. Sollte die isometrische Bewegung schmerzfrei gut durchführbar sein, kann mit dem isotonischen Training gestartet werden. Sollte dies auch funktionieren, können isokinetische Übungen gemacht werden.

Zur Überprüfung, ob der Einstieg ins spezifische Sporttraining nach einer Muskelverletzung wieder möglich ist, gibt es 2 leicht durchführbare Tests. Einerseits soll die Fähigkeit zur Dehnung auf der verletzten und der gesunden kontralateralen Seite gleich stark sein. Andererseits soll die Bewegungsausführung mit dem verletzten Muskel schmerzfrei möglich sein.2