Einkauf & Beschaffung: Mehr Raum für heimische Betriebe

Die Chance, KAV Direktor Dr. Wilhelm Marhold persönlich mit Fragen zu aktuellen Entwicklungen zu konfrontieren, wollten offenbar viele in der Medizinproduktebranche Tätige nützen: Der Veranstaltungsraum des Augustinerkellers war bis zum letzten Platz besetzt. „Das ist für mich auch ein Zeichen der zunehmenden Besorgnis vieler Unternehmer angesichts der Strukturänderungen in der Wiener Spitalslandschaft“, weiß Dr. Anton Ofner, Gremialobmann des Foto, Optik und Medizinproduktehandels. Parallel zu diesen Entwicklungen entsteht auch eine Neupositionierung im Einkauf von Medizinprodukten. „Diese neue Form der Organisation des Einkaufs, die seit 2009 umgesetzt wird, macht bereits jetzt vielen KMU zu schaffen“, ist Ofner überzeugt. Konkret geht es auch um Ausschreibungsbedingungen, die es für österreichische KMU immer schwieriger machen, an Ausschreibungen der Krankenhaus-Holdings teilzunehmen. Diese Situation ist aber weder im Interesse der Holdings noch in jenem der Patienten, weil durch die fehlende Flexibilität eines gesunden Lieferantenmix die Versorgungssicherheit der Patienten immer weniger gegeben ist.

Vorteile durch Vereinheitlichung

Marhold betonte in diesem Zusammenhang, dass es bei der Kooperation mit deutschen Einkaufsgenossenschaften primär um eine Vereinheitlichung der Einkäufe geht. Bisher war es so, dass der Einkauf den Spitälern und Geriatriezentren selbst überlassen war und jedes Haus demnach über eigene Beschaffungslisten und Produktkataloge verfügte. Die Vereinheitlichung der Artikelkataloge soll wirtschaftliche Vorteile bei der Beschaffung der notwendigen Medizinprodukte bringen, meinte Marhold. In diesem Zusammenhang betonte Ofner das nicht gering zu schätzende Argument der wirtschaftlichen Abhängigkeit durch die Kooperation mit großen Einkaufsgesellschaften. Die Konsequenzen, die sich durch etwaige Lieferengpässe ergeben könnten, sollten in Betracht gezogen werden. „Die monopolhafte Situation solcher großer Kooperationen ist auf jeden Fall zu hinterfragen“, meinte Ofner und brachte einen Trend in den Ausschreibungsbedingungen einzelner Spitalsholdings zur Sprache: „Derzeit ist es so, dass in Ausschreibungen Dinge gefordert werden, die KMU typischerweise nicht erfüllen können, die aber auf die Qualität der Ware oder der Dienstleistung keinerlei Einfl uss nehmen“, so der Gremialobmann. So sei beispielsweise die Forderung von einer großen Anzahl von Technikern im Unternehmen für den Vertrieb eines einfachen Standardprodukts überhaupt nicht notwendig. Und genau diese Dinge gelte es aus dem Weg zu räumen, um das Feld auch für KMU zugänglich zu erhalten. Ofner betonte, aus diesem Grund in Zukunft intensiver mit den ausschreibenden Stellen in Kontakt treten zu wollen: Es müsse – nicht zuletzt im Sinne der Qualität – einfach wieder mehr Raum für heimische Unternehmen geschaffen werden. „Wir müssen auch weg von diesem Billigstbieterdenken“, sagte Ofner. Der Billigstbieter sei in den wenigsten Fällen auch der Bestbieter. Was nützt es, en gros einzukaufen und dann möglicherweise mit dem Produkt nicht zufrieden zu sein: Der Preis darf dabei nur eine Komponente sein, aber nicht die wichtigste.
Die verstärkte Einbindung heimischer Unternehmen habe auch einen weiteren, nicht zu unterschätzenden Vorteil: Die Wartung und Servicierung von medizinischen Geräten funktioniere naturgemäß wesentlich besser.