Fortschritte in der ­Knieendoprothetik

Primarius Dr. Peter Zenz, Abteilungsvorstand des Orthopädischen Zentrums am ­Otto-Wagner-Spital, berichtet über relevante Fortschritte der letzten Jahre und gibt einen Ausblick auf vielversprechende zukünftige Entwicklungen.

Welche Fortschritte gab es in den letzten Jahren bei der Implantation von Knieendoprothesen?

Bei einer steigenden Frequenz der Implantation von Knieendoprothesen (Knie-TEP) kann man sagen, dass die Haltbarkeit und Langlebigkeit von Knieendoprothesen heutzutage mit der von Hüftendoprothesen (Hüft-TEP) vergleichbar, wenn nicht sogar besser geworden ist. Probleme der vergangenen Jahre hat man diesbezüglich gut in den Griff bekommen. Das trifft leider noch nicht auf das klinische und vor allem das subjektive Ergebnis für die Patienten zu. Bei immerhin 20 % aller Patienten muss man mit Restbeschwerden rechnen und über die Hälfte nimmt die Endoprothese weiterhin als Fremdkörper wahr. ­Einer der Gründe dafür ist die hohe Komplexität der Morphologie und des Bewegungsmusters des Kniegelenks. Diese nachzustellen ist auch mit den modernen Knieprothesen trotz vieler Verbesserungen der letzten Jahre noch nicht zu 100 % gelungen.

Welche Entwicklung gab es speziell bei den Implantaten?

Der Fokus der Entwicklung der letzten Jahre lag vor allem darauf, Knieprothesen zu entwickeln, die noch perfekter und physiologischer funktionieren können. Lösungsansätze dazu waren vonseiten der Hersteller, für alle Komponenten der Knieendoprothese ein viel größeres Sortiment an fein abgestimmten Größen zur Verfügung zu stellen. Geschlechtsspezifische Unterschiede und der Einfluss des Körperbaus auf die Morphologie des Kniegelenks wurden zunehmend berücksichtigt sowie die Asymmetrie zwischen den Roll-Gleitmechanismen im medialen und lateralen Kompartment. Dies hat sich dann auch in einer deutlich verbesserten Funktionalität für die Patienten niedergeschlagen.

Welche weiteren Entwicklungen sind Ihrer Meinung nach bedeutsam?

Der Trend der letzten Jahre geht dahin, möglichst gelenkserhaltend zu operieren. Neben der Navigation und roboterassistierten Operationen sind vor allem die patientenspezifischen Implantationsinstrumente zu nennen, welche mithilfe dreidimensionaler Bildgebung für einen bestimmten Patienten hergestellt werden und die Implantationsgenauigkeit erhöhen sollen. Trotz vieler interessanter Entwicklungen ist es aber immer noch die klassische Instrumentierung, die bei einer richtigen und guten Anwendung genauso gute Ergebnisse liefert wie die Hightech-Verfahren.
Von der Werkstoffseite her ist man vom klassischen ultrahochmolekularen Polyethylen zu einem hochvernetzten Polyethylen übergegangen. Die angestrebte längere Haltbarkeit konnte in Registerdaten bereits bestätigt werden. Eine weitere neue Entwicklung zur Verkürzung des Alterungsprozesses ist die Anreicherung des Werkstoffs mit Vitamin E als Oxydationsschutz.

Sind derzeit bahnbrechende Fortschritte absehbar und wie können diese beurteilt werden?

Verbesserungen finden hier immer in kleinen Schritten statt. Als eine neue und vielversprechende Entwicklung wäre die patientenspezifische Knieprothese zu nennen, die derzeit noch in klinischer Erprobung ist. Diese wird basierend auf einer CT- oder MRT-Bildgebung mittels 3D-Technik hergestellt und maßgeschneidert dem Patienten angepasst. Bei der Diagnose von Endoprotheseninfekten, die ja durchaus eine schwierige ist, wird demnächst ein Schnelltest vorgestellt werden, mit dem ein bakterieller Infekt im Gelenkspunktat innerhalb von Minuten diagnostiziert werden soll. Dies funktioniert über den Nachweis von alpha-Defensin, einem Peptid, das von Granulozyten in Anwesenheit von Bakterien freigesetzt wird. Für die Einschätzung der Lebensdauer und zur Dokumentation von Langzeitergebnissen sind Endprothesenregister sehr wichtige Instrumente. Vorreiter ist hier Schweden, wo es ein derartiges Register schon seit Längerem gibt und das gut funktioniert, während in Gesamteuropa zur lückenlosen Eingabe von Daten in einigen Ländern leider noch Aufholbedarf herrscht.