Wirbelsäule: Interventionelle ­Schmerztherapie

Bei wirbelsäulennahen Infiltrationen hat die Verwendung von radiologischen Hilfsmitteln zur Visualisierung der anatomischen Strukturen zur Erhöhung der Präzison und Patientensicherheit geführt und dazu beigetragen, die Ursache der Beschwerden genauer eingrenzen zu können und damit auch neue Behandlungsmethoden erfolgreich zu etablieren. Als Bildgeber stehen heute der Bildwandler (C-Bogen), die Computertomografie und der Ultraschall zur Verfügung. In der evidenzbasierten Medizin sind die bildwandlergezielten Methoden derzeit am besten untersucht. Sie bieten die Möglichkeit einer direkten Kontrastmitteldarstellung zum Ausschluss eines vasalen Abflusses und erhöhen damit zusätzlich die Patientensicherheit. Des Weiteren besteht gegenüber der Computertomografie auch eine niedrigere Strahlenbelastung für den Patienten. Bei ultraschallgezielten Interventionen fällt zwar die Strahlenbelastung weg, es kann jedoch kein Kontrastmittelabfluss dargestellt werden.
Trotz der Minimalinvasivität und schnellen Durchführbarkeit sollte die Indikation für wirbelsäulennahe Injektionen streng geprüft werden. Insbesondere Gerinnungsstörungen, Infektionen oder Allergien müssen ausgeschlossen werden. Beim Vorliegen von Bluthochdruck oder Diabetes mellitus dürfen Kortikosteroide nur sehr vorsichtig eingesetzt werden. Berücksichtigt werden sollten auch funktionelle Zusammenhänge bzw. psychische Faktoren, die beim Patienten zu einer Chronifizierung der Beschwerden führen können. Daher sollte die Injektionstherapie am besten im interdisziplinären Setting durchgeführt werden, um dem Patienten auch die Möglichkeit zur Physiotherapie bzw. zur multimodalen Behandlung zu bieten.

Eingrenzung durch ­Schmerzanalyse

Vor der Intervention muss die Ursache der Beschwerden eingegrenzt werden. Durch Anamnese und klinische Untersuchung können meist radikuläre Symptome erkannt werden und von muskulären, facettogenen oder sakroiliakalen Beschwerden unterschieden werden. Bandscheibenvorfälle bzw. spinale oder foraminale Stenosen führen über eine Beeinträchtigung der Nervenwurzel meist zu einer radikulären Schmerzausstrahlung im entsprechenden Dermatom, oft assoziiert mit sensiblen oder motorischen Störungen. Zusammen mit der Anamnese, klinischen Tests und der Interpretation von Röntgen- bzw. besser von MRT-Bildern kann die Ursache der Beschwerden mittels interventioneller Therapie direkt am Ort der Störung behandelt oder zumindest untermauert werden. Dafür stehen transforaminale, epidurale oder interlaminäre Techniken an der gesamten Wirbelsäule zur Verfügung. In vielen Fällen können so die Reizungen der nervalen Strukturen suffizient behandelt werden. Bei persistierenden oder progredienten motorischen oder sensiblen Defiziten ist allerdings oft eine chirurgische Intervention unerlässlich.
Sind die Beschwerden muskulären, facettogenen oder sakroiliakalen Ursprungs, überwiegen häufig lokale Schmerzen im Bereich der Störung. Auch hier kann durch die klinische Untersuchung in Zusammenschau mit Röntgen- bzw. MRT-Bildern die Diagnose weiter eingegrenzt werden. Bei persistierenden Schmerzen kann die Ursache allerdings meist nur mit bildwandlergezielten Infiltrationen bewiesen werden. Beim Iliosakralgelenk kann mit intraartikulären Infiltrationen unter Verwendung eines Lokalanästhetikums die Ursache verifiziert werden. Gefordert wird eine subjektive Schmerzreduktion um mehr als 50 % auf der VAS (Visuellen Analogskala), zumindest über die Wirksamkeitsdauer des Lokalanästhetikums. Beim Facettengelenksschmerz ist eine intraartikuläre Testung nicht eindeutig beweisend. Dies liegt an der Nahebeziehung der oftmals geschädigten Gelenkskapsel zum Spinalnerv. Rinnt das Lokalanästhetikum aus der Gelenkskapsel zum Spinalnerv, kommt es zusätzlich zu einer Nervenwurzelblockade. Daher werden hier zur Testung mit geringen Mengen eines hochprozentigen Lokalanästhetikums pro Gelenk zwei feine Nerven blockiert, die für die sensible Versorgung des Facettengelenkes zuständig sind.

Denervation und Radiofrequenz

Betroffene Gelenke können mit Kortikosteroiden behandelt werden. Bei Therapieresistenz können die Facettengelenke und das ISG auch mittels Radiofrequenztherapie denerviert werden. Hierbei wird mittels isolierter Sonden, die man an der Spitze erhitzen kann und die bildwandlerkontrolliert positioniert werden, die nervale Versorgung der Gelenke unterbrochen und damit die Reizweiterleitung ans Gehirn peripher unterbunden. Eine Gelenksdenervation kann so zu einer deutlichen Schmerzreduktion führen. Sollten sich die Nervenfasern nach ein bis zwei Jahren wieder nachbilden, kann bei Schmerzrezidiven der Eingriff wiederholt werden.
Die gepulste Radiofrequenztherapie dient der Behandlung von gereizten nervalen Strukturen. An der Wirbelsäule können damit beispielsweise chronische, radikuläre Schmerzzustände (bedingt durch Bandscheibenvorfälle oder Stenosen) ohne eindeutige Operationsindikation behandelt werden. Dabei werden die isolierten Sonden unter Bildwandlerkontrolle mit der freien Spitze nahe an die gereizte Nervenwurzel gelegt. Danach wird ein starkes elektrisches Feld generiert, wobei die Sonden dabei nur auf maximal 42 °Celsius erhitzt werden. Der eindeutige Wirkmechanismus ist noch umstritten, diskutiert wird allerdings eine Unterbindung der Reizweiterleitung in den nicht-myelinisierten C-Fasern. Dies geschieht durch eine passagere Störung von Zellorganellen in den Axonen durch das starke elektrische Feld. Die myelinisierten Nervenfasern sind aufgrund ihrer „Isolierschicht“ davon wohl nicht betroffen. Die Störung der Zellorganellen in den C-Fasern konnte im Tierversuch elektronenmikroskopisch für drei Monate nachgewiesen werden.
Bei manchen, seltenen Indikationen können Blockaden des sympathischen Grenzstranges gesetzt bzw. bei ausgewählten Fällen eine Diskografie zum Ausschluss von diskogenen Beschwerden durchgeführt werden.
Insgesamt hat die interventionelle Schmerztherapie sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie von Pathologien an der gesamten Wirbelsäule zunehmende Berechtigung erlangt.