Herausforderung: EVAR

Rupturierte Bauchaortenaneurysmen (BAA) können ebenso wie symptomatische oder zufällig entdeckte BAA endovaskulär mittels Stent-Graft versorgt werden, wenn die anatomischen Voraussetzungen es zulassen. Die Entscheidung, ob ein chirurgischer Eingriff oder eine endovaskuläre Sanierung unter Röntgendurchleuchtung (EVAR, Endovascular Aneurysm Repair) indiziert ist, hängt aber auch von Risikofaktoren wie Alter und Komorbidität und nicht zuletzt von der Gewichtung der Krankenhauslogistik ab. Vergleichsstudiendaten der letzten Jahre (EVAR 1 + 2, DREAM, OVER) belegen perioperative Mortalitätsraten von unter zwei Prozent und die 30-Tage-Sterblichkeit nach dem Eingriff ist bei der minimal-invasiven Stentimplantation ebenfalls signifikant geringer als bei der offenen Operation. Univ.-Prof. Dr. Johannes Lammer, Leiter der Abteilung für Interventionelle Radiologie, AKH Wien, gibt einen Überblick über die Herausforderung EVAR.

Ist die endovaskuläre Therapie mittlerweile zu einer Domäne der interventionellen Radiologie geworden?

Dank innovativer Techniken und Medizinprodukte hat sich die endovaskuläre Behandlungsform rasant weiterentwickelt und wird seit 1995 in großem Maßstab durchgeführt. Der entscheidende Benefit von EVAR liegt in der geringeren Belastung für den Patienten: Der Eingriff dauert maximal zwei bis vier Stunden, es gibt keine Blutungs- und Wundprobleme, der Krankenhausaufenthalt ist im Gegensatz zu einer Operation deutlich kürzer und der Patient erholt sich schneller. 
Das interdisziplinäre Verhältnis mit den Gefäßchirurgen ist dennoch sehr gut, weil die Arbeitsgebiete ganz klar voneinander abgegrenzt sind. Der interventionelle Radiologe überlässt gerne einen Patienten dem Chirurgen und umgekehrt, wenn die Indikation es erfordert.

Das Thema Kosteneffizienz bei EVAR wird auch im Rahmen des Radiologenkongresses CIRSE 2012 diskutiert. Worin sehen Sie hier die Vorteile von EVAR?

Teuer sind beide Eingriffsarten, wenn Komplikationen auftreten. Primär ist die endovaskuläre Intervention aber kostengünstiger. Der Spitalsaufenthalt ist deutlich verkürzt, der Patient muss nicht auf die Intensivstation und es werden keine Blutprodukte benötigt. Im Follow-up sind natürlich die jährlichen CT-Kontrollen ein Thema. Auch das Stentmaterial ist teurer als eine herkömmliche Gefäßprothese, doch bereits zwei Intensivtage wiegen das wieder auf.

Wann sollte ein Patient chirurgisch behandelt werden?

Ein Argument für die Operation ist sicher die große Langzeiterfahrung. Daher wird sie vorwiegend bei jüngeren Patienten mit wenigen Begleiterkrankungen erwogen. Auch das Strahlenrisiko bedingt durch den Eingriff selbst und die engmaschigen jahrelangen Kontrolluntersuchungen kann somit ausgeschaltet werden.

Wie beurteilen Sie die Erfolgsquote von EVAR?

Die Resultate der endovaskulären Therapie konnten in den letzten Jahren dank der technischen Fortschritte bei Stents und Einführungssystemen, aber auch dank einer besseren Lernkurve erheblich verbessert werden. Hier haben sich vor allem die Bifurkationsstents aus biegsamem Polyester bewährt. Sie werden für jeden Patienten nach Maß bestellt und innerhalb von 48 Stunden geliefert.
Perioperative Komplikationen beinhalten im Wesentlichen das Auftreten eines Endoleaks, die fehlende Abdichtung zwischen Blutstrom und Aneurysmasack, was jedoch im Zuge der postoperativen Kontrollen noch während des stationären Aufenthaltes saniert wird. Bei komplikationslosem Verlauf liegt die Erfolgsrate bei nahezu 100 Prozent.

Quelle: CIRSE – Cardiovascular and Interventional Radiolocial Society of Europe, Portugal, September 2012