Hörgeräte: Machen Innovationen bald alles möglich?

Moderne Hörgeräte sind raffinierte Produkte mit digitaler Technologie, die auf jedes individuelle Hör- und Tragebedürfnis eingestellt werden können. Da es viele verschiedene Arten von Hörverlust gibt, ist es notwendig, auch eine Vielzahl an Hörgeräten anzubieten, die den jeweiligen Hörverlust so gut wie möglich ausgleichen können. Grundsätzlich wird am Produktesektor zwischen Hinterdem- Ohr-Modell und individuellen Im-Ohr-Modell unterschieden. Mit der Remote-Mikrofon-Technologie ist zusätzlich eine innovative Variante auf dem Markt, die die Vorteile eines Hinter-dem-Ohr-Modells mit denen eines Im-Ohr- Modells kombiniert. Hierbei schmiegt sich das Mikrofon nahezu unsichtbar ins äußere Ohr und wird mit einem hauchdünnen, transparenten Schallschlauch am Hörgerät verbunden. Das Ergebnis ist ein virtuell unsichtbares Hörsystem, das offenen Anpasskomfort und ein Maximum an Windgeräuschprävention bietet.

Die Innovation der letzten Jahre

Die größte Innovation der letzten Jahre auf dem Hörgerätemarkt stellen die Cochlea-Implantate für völlig Taube dar. Diese werden operativ in die Gehörschnecke eingesetzt und übermitteln dort elektrische Impulse an den Nerv. Kinder, die heute taub geboren werden, können mit diesen Implantaten nach ein paar Jahren annähernd normal hören. Neu sind auch moderne Hörgeräte, die total implantiert werden können – mit diesen kann der Betroffene sogar schwimmen. Außerdem befinden sie sich nicht mehr im Gehörgang, wodurch ein „natürlicheres“ Hören möglich wird. Durch die Entwicklung der Cochlea-Implantate gibt es praktisch keine Taubstummheit mehr. Ausgenommen sind nur Patienten, deren Hörstörung in den Hörnerven oder im Gehirn lokalisiert ist.

Innovationen der Zukunft

Was Forscher in den nächsten Jahren herausfinden möchten, ist, wie Störungen im Innenohr genau funktionieren und wie man diese regenerieren kann, zum Beispiel indem man mittels Stammzellen die Sinneshärchen nachwachsen lässt. So könnten Hörschäden, die heute als irreparabel gelten, irgendwann repariert werden. Erste Schritte auf diesem Gebiet wurden bereits gesetzt: Forscher der Universitäten in Frankfurt und Stanford (Kalifornien) haben funktionierende Hörsinneszellen aus Stammzellen gezüchtet. Dies soll einmal helfen, das Gehör wiederherzustellen, berichteten die Forscher im Mai 2010 in der Zeitschrift CELL. Die Zellen sind in ihrer Funktion den Haarzellen im Ohr ähnlich. Rund 15.000 solcher Zellen im Innenohr sind wichtig für das Hören. Die Versuche gelangen zunächst an Mäusen. Bis zum Einsatz beim Menschen ist nach Forscherangaben noch viel Laborarbeit nötig.

Neue Haarzellen aus Stammzellen gezüchtet

Das internationale Team um Stefan Heller, Professor für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde an der kalifornischen Hochschule, hatte etwa zehn Jahre lang versucht, Ohrsinneszellen von Mäusen zu entwickeln. Nun ist es gelungen, sowohl aus embryonalen als auch aus so genannten iPS-Zellen neue Haarzellen zu züchten, die denen im menschlichen Ohr ähneln. Diese Zellen leiten Vibrationen als akustische Signale zum Gehirn weiter. Sind die nicht regenerierbaren Zellen etwa wegen Lärm, Medikamenten oder im Laufe des Lebens zerstört, kommt es zum Hörverlust. Langfristig möchten die Forscher Tausende dieser Haarzellen künstlich aus Stammzellen erzeugen und neue Therapien gegen Taubheit entwickeln. Die Wissenschaftler wollen das Experiment nun mit menschlichen Zellen testen. „Das wäre ein Durchbruch auf dem Weg zur Wiedererlangung des natürlichen menschlichen Hörvermögens“, betonte der Leiter der Frankfurter Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Professor Timo Ströver.