Nachfolgend wird ein Überblick über Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten bei genitalen HPV-Erkrankungen wiedergegeben, wobei ein abgestuftes Konzept unter Einbeziehung von relevanten medizinischen Aspekten vorgeschlagen wird.
HPV-Infektionen sind vor allem zwischen dem 18. und 24. Lebensjahr häufig. Mithilfe des Immunsystems werden sie jedoch von der Mehrzahl der Betroffenen überwunden (sog. “Clearance”), ohne dass es zu Zellveränderungen kommt. Insbesondere bei persistierenden Infektionen mit den Subtypen HPV-16 und -18 besteht allerdings das Risiko für eine maligne Transformation, wobei das Zeitfenster zwischen Infektion und Entwicklung einer Läsion (Dysplasie) von 1-10 Jahren reicht; 0,1% dieser Frauen entwickeln ein invasives Zervixkarzinom.
Kofaktoren, die bei Frauen das Risiko für maligne Zelltransformation bei HPV-Infektion erhöhen, sind höheres Alter, Langzeitgebrauch oraler Kontrazeptiva, Multiparität (5 Geburten und mehr), Rauchen und HIV-Infektion. Neben dem Zervixkarzinom sind auch das Vulva- und Vaginalkarzinom sowie Analkarzinome (bei Frauen und Männern) mit HPV-Infektionen assoziiert. Weiters können persistierende HPV-Infektionen auch zu Peniskarzinomen führen. HPV-DNA wurde außerdem bei Kopf- und Halstumoren, bei Karzinomen in der Mundhöhle sowie bei Malignomen des Oropharynx und Larynx nachgewiesen.
Dieses Beratungskonzept (modifiziert nach Linnehan und Groce) besteht aus 3 Stufen:
Krisenintervention nach Diagnoseerstellung: Für viele Patientinnen stellt die Diagnose HPV-Infektion eine schwere Belastung dar. Diese lässt sich weitgehend verhindern, wenn schon im Vorfeld, also bereits vor Durchführung des HPV-Tests Informationen über den Stellenwert eines positiven HPV-Tests und über mögliche Konsequenzen aus einem positiven Resultat gegeben werden. Hierbei sind 6 Punkte besonders hervorzuheben:
Supportive (Partnerschafts-)Beratung: Da es sich um eine sexuell übertragbare Erkrankung handelt, besteht häufig der Verdacht partnerschaftlicher Untreue. Auch hier können zielgerechte Informationen psychischen Belastungen vorbeugen, so z. B. der Hinweis auf die mitunter auch Jahre dauernde Latenz zwischen dem häufig inapparenten Verlauf der Infektion und der Diagnose.
Gelegentlich wird auch die Frage nach einer Beeinträchtigung der Fertilität und nach dem Übertragungsrisiko auf das ungeborene Kind gestellt. Die erste Frage kann verneint werden, das letztgenannte Risiko ist gering und betrifft in erster Linie Patientinnen mit Genitalwarzen, wobei ein Übertragungsrisiko von etwa 7 Promille besteht; dieses Risiko kann allerdings auch durch Vornahme einer Sectio nicht vermindert werden.
Gesundheitsförderung: Zu den wichtigsten Maßnahmen der Gesundheitsförderung gehört die Nikotinabstinenz, da Nikotin ein Risikofaktor für maligne Transformation ist. Außerdem ist eine Stärkung des Immunsystems von Bedeutung: Hierzu zählen Maßnahmen wie Stressreduktion, ausgewogene Ernährung und gesunde Schlafgewohnheiten. Und nicht zuletzt ist in diesem Kontext zu vermitteln, dass entsprechend der rezenten Datenlage eine Immunisierung durch HPV-Impfung auch nach durchgemachter Infektion, ja selbst nach Konisation Sinn macht.
HPV-Infektionen stellen aufgrund ihres Übertragungs- und Entartungspotenzials eine besondere psychosoziale Belastung für die betroffenen Frauen und ihre Partner dar. Eine gynäkologisch-psychosomatische Beratung, die neben Informationen zu den medizinischen Aspekten einer HPV-Infektion, eine supportive (Partner-)Beratung und nicht zuletzt auch Informationen zur Gesundheitsförderung beinhaltet, kann entscheidend zur Problembewältigung, zur Stabilisierung der partnerschaftlichen Beziehung und zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen.
Quelle: Gebh Frauenheilk 2010; 70:99-103