Labordiagnostik bei Osteoporose

Laut WHO-Definition 1994 ist die Osteoporose eine systemische chronische Skeletterkrankung, in deren Verlauf die Knochenmasse durch ein Missverhältnis zwischen Knochenaufbau und Knochenabbau über das natürliche Maß für Alter und Geschlecht hinaus allmählich abnimmt, wodurch es zu einer verminderten Knochenmineraldichte und einer eingeschränkten Mikroarchitektur kommt. Durch das instabile und poröse Skelett steigt das Risiko von Knochenbrüchen, welches umgekehrt proportional zur Knochendichte ist. Die Wahrscheinlichkeit für osteoporotische Frakturen wird durch zusätzliche Faktoren (positive Familiengeschichte, Glukokortikoidtherapie) erhöht. Neben diesen anamnestisch erhebbaren Risikofaktoren gibt es labormedizinisch erfassbare Risikofaktoren, die sich aus der pathophysiologischen Entstehung der Osteoporose ergeben.

Parameter des Basislabors

Vitamin D, Kalzium-Phosphat-Stoffwechsel und Einflussgrößen: Ein Schlüsselparameter ist das Vitamin D. Dieses wird durch die Nahrung zugeführt (z. B. durch fettreiche Fische wie Lachs, Sardinen und Kabeljau) oder in der Haut unter Sonneneinfluss aus 7-Dehydrocholesterol gebildet. Für eine ausreichende Eigenproduktion reicht eine Sonnenexposition der Arme und Beine für 5–30 Minuten (abhängig von Jahreszeit, geographischer Breitegrad und Hautpigmentierung) zwischen 10:00 und 15:00 Uhr 2-mal wöchentlich.

TABELLE FEHLT

Das unter UVB-Einwirkung gebildete Vitamin D3 wird mit Hilfe des Vitamin-D-bindenden Proteins in die Leber transportiert, wo es zu 25-OH-Vitamin-D3 umgewandelt wird. Diese Form zirkuliert an das Trägerprotein gebunden im Blut (Halbwertszeit 19 Tage bis 3–4 Monate) und wird mit den meisten labormedizinischen Methoden nachgewiesen. Seine Aktivität entfaltet es aber erst nach einer chemischen Transformation zu 1 ALPHA  ,25-(OH)2-Vitamin-D3 in der Niere. Diese aktive Form beeinflusst die Kalziumresorption im Darm. Sinkt der Kalziumspiegel im Blut, kommt es zu einer vermehrten Produktion von Parathormon (PTH, in der Nebenschilddrüse gebildet), welches die Produktion von 1 ALPHA ,25-(OH)2-Vi tamin-D3 aus 25-OHVitamin- D3 in der Niere stimuliert. Ist diese Ausgangssubstanz jedoch in zu geringer Menge vorhanden, wird durch den Einfluss von PTH Kalzium aus dem Knochen resorbiert.

Aus diesen Zusammenhängen ergeben sich die Laborparameter des Basislabors zur Osteoporose-Abklärung (Tab. 1): Neben 25-OH-Vitamin-D3 sollen im Serum Kalzium und Phosphat (der wichtigste Knochenbaustein ist Kalziumphosphat), Gesamteiweiß (Abschätzung der Trägerproteinkonzentration), alkalische Phosphatase (Leber- und Knochenfunktionsmarker), GGT (Leberparameter) und Kreatinin (Nierenfunktionsparameter) bestimmt werden.
Da chronische Entzündungen die Entstehung von Osteoporose begünstigen, sollten Entzündungsmarker (BSG oder CRP), eine Protein-Elektrophorese (Beurteilung von Proteinhaushalt, Leberund Nierenfunktion und Paraproteinproduktion bei malignen Erkrankungen der Leukozyten) und ein Blutbild (Entzündungsmarker, Abklärung maligner hämatologischer Erkrankungen) inkludiert sein. TSH (Thyroidea-stimulierendes Hormon) hat über seinen Rezeptor auf der Osteoklasten-Oberfläche eine hemmende Wirkung auf den Knochenabbau. Bei einer (auch subklinischen) Schilddrüsenüberfunktion führt der Mangel an TSH zu einem Knochenmasseverlust. Um diese Risikosituation zu erkennen, sollte die TSH-Bestimmung im Basislabor nicht fehlen.

Laborparameter einer sekundären Osteoporose

Bei klinischem oder anamnestischem Verdacht, dass eine sekundäre Osteoporose u vorliegen könnte, ist das Basis-Laborprogramm um Parameter zu erweitern, die zur Abklärung der vermuteten Grunderkrankung beitragen. Individuell sind PTH, Sexualhormone oder Autoantikörper (z. B. gegen Gewebstransglutaminasen bei Verdacht auf Zöliakie) einzubeziehen. Vor allem an die Abklärung einer Laktoseintoleranz soll gedacht werden (Prävalenz 20 % laut Österreichischer Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit). Bei einer entsprechenden genetischen Prädisposition (Personen mit dem Genotyp CC homozygot am Genlokus der primären adulten Laktoseintoleranz am Chromosom 2q21) besteht durch die verminderte Kalziumzufuhr durch Milch und Milchprodukte ein höheres Osteoporoserisiko. Die Abklärung einer Laktoseintoleranz erfolgt entweder genetisch oder funktionsdiagnostisch und wird von vielen medizinisch-chemischen Laboratorien angeboten.

Knochenumbaumarker zur Therapieüberwachung

Die Diagnose „Osteoporose“ selbst wird an Hand bildgebender oder densitometrischer Verfahren gestellt (Knochendichtemessung: T-Score ≥ –2,5 = Osteoporose, T-Score > –2,5 bis > –1 = Osteopenie, T-Score  –1 = normal) bzw. anamnes tisch durch das Vorliegen einer osteoporotischen Fraktur. Bei Vorliegen einer osteoporotischen Veränderung der Knochendichte sollen vor Beginn mit einer spezifischen Osteoporose-Therapie Knochenumbaumarker bestimmt werden. Die Ergebnisse dieser Bestimmung dienen als Ausgangswerte für die Überwachung einer gezielten Therapie.

An- und Abbaumarker: Bei den Knochenumbaumarkern wird zwischen Anbau- und Abbaumarkern unterschieden. Zu den Anbaumarkern (direkte oder indirekte Produkte aktivierter Osteoblasten) gehören die knochenspezifische alkalische Phosphatase, das N-terminales Propeptid des Kollagens I (P1NP) und das Osteocalcin. Zu den Abbaumarkern (direkte oder indirekte Produkte aktivierter Osteoklasten) werden das C-terminale quervernetzte Telopeptid des Kollagens I (Crosslaps, CTX) und die Tartrat-resistente saure Phosphatase 5b (TRAP-5b) gezählt.

In der Routine hat sich die Bestimmung der Knochenmarker aus Blut durchgesetzt. Die Harnanalyse (z. B. für die Abbaumarker Desoxypyridinolin oder Kollagenfragmente) ist durch die aufwändige 24-h-Harnsammlung fehleranfälliger.
Wegen der ausgeprägten zirkadianen Rhythmik der Knochenstoffwechselsparameter soll die Blutabnahme morgens (7.00–9.00 Uhr) stattfinden. Eine Ausnahme sind Dialysepatienten. Bei diesen sind zirkadiane Rhythmik und renale Elimination weitgehend aufgehoben und die Abnahme soll nach dem langen Intervall prädialytisch durchgeführt werden.
Da die Glukose die Werte der Knochenmarker beeinflusst (bei einem Glukoseanstieg sinken die Kollagenabbaumarker innerhalb von Minuten um mehr als 30 %) sollen die Patienten bei der Blutabnahme nüchtern sein. Als Anhaltspunkte, ob der Patient nüchtern war, können Glukose und Triglyzeride bestimmt werden. Achtung nach Knochenbrüchen: Umbaumarker können bis zu einem Jahr nach Frakturen erhöht sein!

Bei Ansprechen auf eine antiresorptive Therapie fallen die Resorptionsmarker innerhalb von 3–6 Monaten um 30–70 % gegenüber dem Ausgangswert ab. Die Anbaumarker reagieren ebenfalls, jedoch weniger ausgeprägt und später. Abhängig von der Therapieform sollen Knochenabbauparameter 3 Monate (Bisphosphonattherapie) bzw. 6 Monate (Hormonsubstitution) nach Therapiebeginn kontrolliert werden.

ZUSAMMENFASSUNG: Die labormedizinischen Untersuchungen im Rahmen einer Osteoporose dienen der Abklärung von Risikofaktoren und der Therapieüberwachung.
Im Basislabor sind Parameter inkludiert, die eine Abschätzung des Vitamin-D-Haushaltes, inklusive möglicher Einflussgrößen, sowie die Diagnose der häufigsten Risikofaktoren für eine Osteoporose ermöglichen. Bei entsprechender Verdachtsdiagnose ist die Erweiterung des Untersuchungsspektrums um Spezialparameter angebracht.
Die erste Bestimmung von Knochenumbaumarkern soll vor Therapiebeginn erfolgen, um einen Ausgangswert für das Therapiemonitoring zu erhalten. Die folgenden labormedizinischen Untersuchungen sind abhängig von der Therapieform 3 bzw. 6 Monate nach Therapiebeginn indiziert.