Österreichisches Dialyse- und Transplantationsregister – Qualitätssicherungsdaten 2017

Im Österreichischen Dialyse- und Transplantationsregister (ÖDTR) werden seit über 50 Jahren Daten von Patienten mit chronischer Nierenersatztherapie in Österreich erfasst. Betreiber des Registers ist die Österreichische Gesellschaft für Nephrologie (ÖGN). Die Datensammlung beruht auf einer freiwilligen Kooperation aller österreichischen Behandlungszentren, die Nierenersatztherapie anbieten.

Entwicklung des ÖDTR

Seit 1965 werden epidemiologische Basisdaten in Bezug auf die verschiedenen Behandlungsmethoden (Dialyse und Transplantation) erfasst. Diese erlauben die Darstellung von Neuzugängen (Inzidenz), von vorhandenen Erkrankungen (Prävalenz) und Aussagen betreffend Trends über die Zeit mit Erfassung der Morbidität und der Mortalität in Bezug auf die verschiedenen Behandlungsmethoden, renale Grunderkrankungen und andere Krankheitsdaten.
2003 wurde das Register von der ÖGN beauftragt, Methoden zur Qualitätssicherung zu erarbeiten. In einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE „Dialyseregister“) wurden Qualitätsindikatoren festgelegt, die österreichweit erfasst werden sollten. Die Liste der Indikatoren wird laufend überprüft und gegebenenfalls neuen wissenschaftlich erarbeiteten Standards angepasst.
Die erste Qualitätssicherungsrunde wurde 2004 an allen österreichischen Zentren durchgeführt, in der Folge im Jahresabstand.

Die letzte Erhebung war 2017: Die Datenerhebung erfolgte auf vorgedruckten Fragebögen mit Fragen zur Dialyseeffizienz, zu bestimmten Labordaten (Hämoglobin, Eisenstoffwechsel, Elektrolyte, Mineralstoffwechsel, Fettstoffwechsel, Entzündungsparameter), zu Rauchgewohnheiten, Knochenfrakturen, extraossären Verkalkungen sowie mit Fragen nach ausgewählten medikamentösen Therapien (Hochdruck, Phosphatbinder, Vitamin D, Kalzmimetika etc.).
2017 haben 59 von 67 eingeladenen Zentren teilgenommen.
Für die Auswertung wurden vergleichende Analysen (Benchmarks) der unterschiedlichen Parameter mit Frequenz, Median und Quartilen sowie Höchst- und Tiefstwerten durchgeführt. Dabei wurden die unterschiedlichen Bundesländer wie auch die einzelnen anonymisierten Zentren vergleichend dargestellt. Bei einzelnen Laborparametern und auch verschiedenen Therapieformen erfolgte eine Trenddarstellung über die jeweils letzten 5–10 Jahre für Österreich insgesamt.

Ergebnisse von ausgewählten Qualitätsparametern

CRP als Entzündungsmarker: Die Urämie geht regelhaft mit vermehrten Inflammationszeichen einher. Dementsprechend waren die erhobenen CRP-Werte bei der überwiegenden Zahl der Dia­lysepatienten in allen Dialysezentren erhöht.

Dialysezugang zur Hämodialyse: Nach den bestehenden Richtlinien sollten mehr als 60 % der Hämodialysepatienten über eine arteriovenöse Fistel („Shunt“, subkutane Verbindung von Arterie und Vene) dialysiert werden. Dieser Richtwert wurde österreichweit mit 59,1 % knapp verfehlt. Die Werte in den Bundesländern zeigten erhebliche Unterschiede, mit 46 % in NÖ und 85 % in Salzburg. Als alternative Zugänge gelangten zentralvenöse Katheter (34,9 %) oder Kunststoffinterponate (4,8 %) zum Einsatz.

Dialysedauer pro Woche: Die wöchentliche Dialysedauer sollte bei vollständigem Ausfall der Nierenfunktion mindestens 12 Stunden betragen. Dieser Wert wurde in fast allen Dialysestationen in 50 % erreicht oder überschritten.

Anämie: Urämische Patienten leiden sehr häufig an einer Anämie. Diese Anämie kann mit Erythropoietin-stimulierenden Substanzen (ESA) und/oder Eisen erfolgreich behandelt werden. Der Medianwert für Hämoglobin ist von 2006 bis 2017 kontinuierlich von 11,8 g/dl auf zuletzt 11,0 g/dl gefallen. Im gleichen Zeitraum ist Ferritin von 272 ng/ml auf 313 gestiegen. Die Strategien der Zentren hinsichtlich Einsatz von ESA und/oder intravenösem Eisen sind unterschiedlich.

Marker des Mineralstoffwechsels: Als Qualitätsindikatoren wurden Kalzium, Phosphor, Parathormon und alkal. Phosphatase abgefragt. Bei nur 9,7 % der ausgewerteten Fragebögen lagen 3 Parameter im gewünschten Bereich. Einen erhöhten Phosphatspiegel hatten 67,2 %, einen erniedrigten Wert 9,9 % der Patienten. Der Kalziumwert war bei 54,7 % und PTH bei 68,3 % im gewünschten Bereich. Bei 15,3 % der Patienten fand sich ein niedriger PTH-Wert. Erniedrigte PTH-Werte waren zu einem erheblichen Anteil mit vorangegangenen Reduktionen der Nebenschilddrüse (Parathyreoidektomie) assoziiert.

Phosphatbinder bei der Dialyse: Trotz regelhaft hoher Phosphorwerte (Abb. 1) war der Einsatz von Phosphatbindern rückläufig (Abb. 2). 2007 erhielten 83,8 % der Patienten Phosphatbinder, 2017 betrug der Anteil nur mehr 73,9 %. Zu den am stärksten wirksamen Präparaten zählt Aluminiumhydroxid, das allerdings wegen der Gefahr der Akkumulation von Aluminium mit teilweise schwerwiegenden Nebenwirkungen nur kurze Zeit gegeben werden kann. Der Einsatz ist von 7,1 % im Jahr 2007 auf 4,9 % in 2017 zurückgegangen. Im gleichen Zeitraum haben kalziumhältige Zubereitungen von 45,8 % auf 26,4 % abgenommen und Sevelamer-Präparate von 40,9 % auf 49,3 % zugenommen. Lanthanum erhielten 2017 5,5 % der Patienten.

 

 

 

 

Vitamin D und Kalzimimetika: Von 2007 bis 2017 ist der Anteil der Patienten, die Vitamin-D-Präparate erhielten, von 54,5 % auf 77,4 % gestiegen. Genuines Vitamin D wurde bei 40,6 %, Vitamin D3 bei 50,2 % verabreicht, Analoga erhielten 8,8 %. 24,1 % haben 2017 Kalzimimetika erhalten. Monotherapien waren seltener als Kombinationsbehandlungen. So wie auch bei anderen Qualitätsindikatoren waren bei den abgefragten Therapien deutlich unterschiedliche Zentrumsstrategien erkennbar.

Transplantationsfrequenz und Warteliste zur Nierentransplantation: 2017 wurden in Österreich 430 Nierentransplantationen durchgeführt. 69 Organe kamen von Lebendspendern und 361 von Verstorbenen. Bezogen auf die Einwohnerzahl wurden 46,2 pro Mio. Einwohner (pmp) transplantiert. Im Bundesländervergleich waren es 54 in Vorarlberg und 24 im Burgenland. Beim Anteil der Patienten auf der Warteliste sahen wir erhebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern und auch zwischen einzelnen Zentren.
Eine Untersuchung von 20- bis 65-jährigen Dialysepatienten ergab, dass der Anteil der Patienten, die seit 2006 an die ­Dialyse kamen und auch transplantiert werden konnten, österreichweit bei 37,2 % lag. Die Schwankungsbreite zwischen den Bundesländern war kleiner als die auf der Warteliste. Tirol hatte mit 46,2 % den höchsten und das Burgenland mit 32,2 % den geringsten Anteil.

Adipositas bei inzidenten Patienten: Der Anteil von inzidenten Patienten mit Adipositas (BMI > 29 kg/m²) lag 1994 bei 13 % und ist seither kontinuierlich auf 32,1 % gestiegen. Es bestanden deutliche Unterschiede zwischen den westlichen Bundesländern Tirol (19,1 %) und Vorarlberg (23,1 %) im niedrigen Bereich und den östlichen Bundesländern Wien (38,3 %) und Burgenland (43,8 %) im oberen Bereich. Interessant ist, dass der Anteil von adipösen Patienten bei Dialysebeginn auch in den westlichen Bundesländern Österreichs kontinuierlich steigt.

Rauchverhalten: Seit 2008 wurde auch das Rauchverhalten von Dialysepatienten abgefragt. Trotz der nachgewiesenermaßen ungünstigen Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf hat sich das Rauchverhalten im Laufe der Jahre nur geringfügig verändert. Der Anteil der Raucher ist von 18,5 % im Jahre 2008 auf 16,2 % 2017 gefallen. Der Anteil der Ex-Raucher blieb mit 22,4 % konstant.

Internationale Zusammenarbeit

Qualitätssicherung in der Medizin steht für unterschiedliche Ansätze und Maßnahmen zur Sicherstellung festgelegter Qualitätsanforderungen. Im Bereich der unterschiedlichen Verfahren der Nierenersatztherapie erlaubt eine regelmäßig wiederkehrende Erhebung und Auswertung von definierten Qualitätsindikatoren stationsübergreifende Vergleiche. Die Ergebnisse sollten zum kritischen Hinterfragen der eigenen Strategien führen.
Durch eine vertraglich gesicherte Zusammenarbeit mit der europäischen Dachvereinigung ERA-EDTA werden die im Rahmen der Qualitätssicherung erhobenen Daten auch mit Einrichtungen in anderen europäischen Regionen verglichen. Die erhobenen Daten sind für vergleichende wissenschaftliche Projekte auf nationaler und internationaler Ebene von eminenter Bedeutung.

Unter folgendem Link sind die URLs zu den jährlichen Qualitäts­sicherungsdaten des ÖDTR gelistet (mit Download-Möglichkeit): www.nephro.at/quasi