SARS-CoV-2: Niedergelassene Ärzte fühlen sich im Stich gelassen

Die Ärztekammer drängt weiter auf entsprechende Ausstattung mit Schutzausrüstung. Auch Pflegeberufe sind massiv in Sorge. Die Ärzte fordern Maskenpflicht bei Besuchen im niedergelassenen Bereich.

Dass die Regierung eine Maskenpflicht nur in Supermärkten und öffentlichen Verkehrsmitteln verordnet, sei unverständlich, kritisierte die Ärztekammer am Dienstag. Ärztinnen und Ärzte sowie das Pflegepersonal seien besonders gefährdet. Sie stünden „in der ersten Reihe“ und hätten täglich mit kranken Patienten zu tun. Erst am Wochenende war wie berichtet erstmals in Österreich ein Hausarzt an Covid 19 verstorben. Eine allgemeine Maskenpflicht schütze das Vis-a-Vis, im Gesundheitsbereich seien das die Patienten und Mitarbeiter, sagt Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres: „Angehörige des Gesundheitswesens können als Multiplikatoren gelten, und die könnten die Patienten anstecken.“ Dass der Gesundheitsbereich weiterhin von der Maskenpficht ausgespart wird, ist auch für Harald Mayer, Vizepräsident und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte der Österreichischen Ärztekammer, „nicht nachvollziehbar“. Er forderte die Politik auf, eine Maskenpflicht in den Krankenhäusern einzuführen. „Immerhin handelt es sich hier um einen systemrelevanten Bereich, und das Personal darf nicht erkranken“, sagte Mayer.

„Die Maskenpflicht muss auch auf Ordinationen ausgeweitet werden“, forderte Johannes Steinhart, ÖÄK-Vizepräsident und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte. „Es muss alles getan werden, um das Ansteckungsrisiko für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte zu minimieren“, betont Steinhart. Zugleich wies er darauf hin, dass zur Risikominimierung auch die Ausstattung mit hochwertiger Schutzausrüstung in ausreichender Menge durch die öffentliche Hand gehöre – ebenso wie die unverzügliche Information über Corona-Testergebnisse durch die Behörden. Es müsse alles unternommen werden, „um dem dramatischen Mangel an Schutzausrüstung in den nächsten Wochen und Monaten wirksam entgegenzutreten“.

Auch der österreichische Bundesverband „Lebenswelt Heim“ schlägt angesichts fehlender Schutzausrüstung, dringend benötigter Covid-19-Tests und fehlendem Personal bei der Pflege älterer Menschen Alarm. „Wir müssen alles daran setzen, Situationen, wie wir sie aus Spanien, Italien und Frankreich kennen, zu vermeiden“, warnte Präsident Markus Mattersberger in einer Aussendung am Dienstag. Er monierte mangelnde Unterstützung vonseiten der Länder. Schwerpunktmäßig scheint Schutzausrüstung derzeit überwiegend an die Spitäler zu gehen, hieß es vonseiten des Bundesverbands. 200.000 Schutzmasken für Spitäler stünden 70.000 für die niedergelassenen Ärzte und den Pflegebereich gegenüber. „Wir haben in Österreichs Heimen in Summe ähnlich viele Betreuungsplätze wie die Klinken und verstehen dieses krasse Ungleichgewicht der Lieferungen von Schutzausrüstung an Spitäler und Heime nicht“, sagte Mattersberger. Immerhin lebe ein großer Teil der Hochrisikogruppe in den Heimen.

Trotz der Corona-Krise funktioniert die Versorgung der Patienten im niedergelassenen Bereich offenbar gut. Rund 90 Prozent der Ordinationen der niedergelassenen Ärzte sowie je nach Region zwischen 40 und 65 Prozent der Zahnarztpraxen haben derzeit geöffnet, teilten die Ärztekammern mit. Johannes Steinhart, berichtete, dass derzeit 90 Prozent der Fachärzte und 92 Prozent der Allgemeinmediziner ihre Kassen-Ordinationen offen halten. Zugesperrt hätten aus Sicherheitsgründen vor allem Kollegen, die aufgrund ihres Alters oder einer Erkrankung selbst zu den Risikopatienten gehören. Er gesteht auch zu, dass vor allem bei den Fachärzten Routinekontrollen derzeit verschoben werden. Andererseits setzen viele Ärzte jetzt auf Telemedizin und beraten ihre Patienten nicht nur über Telefon, sondern auch über Internet und Video.

Die TU Graz wirft indes ihre 3D-Drucker an und produziert für die Steirischen Krankenanstalten (KAGes) rund 10.000 Gesichts-Schutzschilde. Die ersten tausend Stück wurden am Dienstag übergeben, wie die TU mitteilte. Die Tagesleistung beträgt rund 300 Stück. Spätere Tranchen sollen von Unternehmen gefertigt werden. Die Schutzschilde wurden am Schumpeter-Labor für Innovation der TU Graz konzipiert. (red)

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