Akzelerierte Teilbrustbestrahlung: Möglichkeiten, Grenzen, Kontroversen

Die akzelerierte Teilbrustbestrahlung (accelerated partial breast irradiation, APBI) stellt eine fokussierte, adjuvante Radiotherapie (RT) als Alternative zu einer konventionellen Ganzbrustbestrahlung (whole breast irradia­tion, WBI) für bestimmte Patientinnen mit frühem Mammakarzinom nach brusterhaltender (BE) Therapie dar. Aufgrund des limitierten Bestrahlungsvolumens (PBI) kann eine äquivalente Dosis in einer kürzeren Zeitperiode (hyperfraktionierte, akzelerierte RT) als bei einer Ganzbrustbestrahlung appliziert werden.

Rationale für die APBI

Die Wichtigkeit der Nachbestrahlung nach BE-Operation wurde durch die B-06-Studie des Surgical Adjuvant Breast and Bowel Project (NSABP) bestätigt. Die Lokalrezidiv(LR)-Rate bei Patientinnen, die eine postoperative Bestrahlung erhielten, war signifikant niedriger (14 % versus 39 % nach 20 Jahren Follow-up). Logistische Gründe können die konventionelle Bestrahlung mitunter unmöglich machen. Die meisten Lokalrezidive nach BE-Therapie finden sich 1–2 cm im umgebenden Gewebe des ehemaligen Tumorbetts. Als Resultat des reduzierten Brustvolumens ist es möglich, eine höhere Einzel- als die Standarddosis zu verwenden und so die Behandlungsdauer zu reduzieren.

Teletherapeutische APBI-Techniken

  • 3-D-konformale externe RT (3-D-conformal RT, 3-D-CRT): Anwendung multipler statischer Photonen und/oder Elektronenfelder.
  • Intensitätsmodulierte RT (intensity modulated RT, IMRT): Die IMRT kann sich im Gegensatz zur herkömmlichen Strahlentherapie an das Zielvolumen anpassen.
  • Intraoperative RT: Erfolgt mittels Elektronen oder Orthovolttherapie. Dabei wird gleich nach Entfernung des Tumors niederenergetische Strahlung ins Tumorbett eingestrahlt, wodurch die Strahlenexposition für gesundes Gewebe minimiert wird. Dauer der Bestrahlung: 20–40 Minuten.
  • Brachytherapie: peri- oder postoperativ.
    Interstitiell: Dabei werden nach der Lumpektomie über Nadeln oder dünne Plastik­katheter radioaktive Strahler in die Resek­tionshöhle eingebracht. Sie werden nach 4 bis 5 Tagen wieder entfernt.
    Intrakavitär: Wird mittels eines sphärischen Applikators durchgeführt, der in die Wundhöhle eingebracht wird. Bestrahlung in mehreren Fraktionen über 4–5 Tage.

Kontroversen

Die alleinige Bestrahlung des Tumorbetts plus Sicherheitssaum wird seit ihrer Einführung kontroversiell diskutiert. Sowohl die Amerikanische als auch die Europäische Strahlentherapeutenvereinigung (ASTRO und ESTRO) haben für die Einbringung in Studien plädiert und Konsensus-Statements publiziert.
Die Auswertung von Medicare-Daten in den USA ergibt Hinweise, dass die interstitielle Brachytherapie, die zunehmend beim Mammafrühkarzinom zum Einsatz kommt, möglicherweise zu suboptimalen Ergebnissen führt. Die Zahl der späteren Lokalrezidive ist laut einer auf dem San Antonio Breast Cancer Symposium vorgestellten Studie doppelt so hoch wie bei einer konventionellen Radiotherapie. Es kommt auch häufiger zu Infektionen und Strahlenspätschäden. Umgekehrt muss man aber auch festhalten, dass die Beobachtungszeit der Studie mit der Einführung der applikatorbasierten Brachytherapie zusammenfällt und somit bei den Erstanwendern eine gewisse „Lernkurve“ berücksichtigt werden muss. Die Erhöhung der LR-Rate um ca. 0,8 % ist zahlenmäßig nur sehr klein und könnte auch durch andere Ursachen erklärbar sein. Darüber hinaus entsprach die damalige Patientenselektion nicht den heute geltenden ASTRO- bzw. GEC-ESTRO-Richtlinien (Tab.).

 

 

Resümee

Standard ist derzeit die in allen Studien durchgeführte Ganzbrustbestrahlung (WBI). Da jedoch die weitaus überwiegende Zahl an Lokalrezidiven in der unmittelbaren Umgebung des Tumorbetts auftritt, wurden in den letzten Jahren mehrere Studien durchgeführt, die eine Verkleinerung des strahlentherapeutischen Zielgebiets zugunsten einer verkürzten Behandlungsdauer (akzelerierte Partialbrustbestrahlung) untersuchen, und die bis jetzt durchaus ermutigende Ergebnisse aufweisen. Entsprechend den Empfehlungen sowohl der Amerikanischen als auch der Europäischen Gesellschaft für Radioonkologie können diese Behandlungsformen derzeit zumindest Low-Risk-Patientinnen auch außerhalb von Studien angeboten werden. Welche anderen Patientengruppen und welche histologischen Subtypen für diese Behandlungskonzepte besonders geeignet sind, müssen weitere Studien klären.