Abfuhr für eine Senkung der Mehrwertsteuer

Das Bundesgremium des Foto-, Optik- und Medizinproduktehandels, die Bundesinnung der Gesundheitsberufe und AUSTROMED sind sich einig, dass der Schritt der Europäischen Union, die fast 30 Jahre alte Mehrwertsteuerregelung zu aktualisieren, durchaus positiv zu beurteilen ist. Dabei wurde auch der Schutz der öffentlichen Gesundheit berücksichtigt, sodass nun sämtliche Medizinprodukte in das Verzeichnis des Anhangs III aufgenommen wurden (Z 3 und 4). Gerade die letzten Pandemiejahre haben die hohe Bedeutung von Medizinprodukten für die Gesundheit und Versorgungssicherheit der österreichischen Bevölkerung gezeigt.

Steuerliche Ungleichbehandlung

Nun gilt es, die neuen Regelungen in nationales Recht zu übernehmen. „Wir fordern aus volkswirtschaftlicher, gesamtwirtschaftlicher und gesundheitspolitischer Sicht die Reduktion der Umsatzsteuer für Medizinprodukte von 20 auf 10 %. Österreich hat von der Möglichkeit der ermäßigten Besteuerung bei Arzneimitteln Gebrauch gemacht und besteuert diese mit 10 % Umsatzsteuer. Das gilt nicht für Medizin­produkte, die aber genauso wie Arzneimittel krankheitslindernde oder vorbeugende Wirkung haben“, erklärt Mag. Philipp Lindinger, Ge­schäftsführer der AUSTROMED. Medizinprodukte spielen zudem eine wesentliche Rolle bei der Gesundheitsförderung und Prävention, sodass ein ermäßigter Steuersatz die direkten Kosten für Verbraucher reduzieren würde. Hörgeräte, Brille oder Zahnimplantate sind nur einige Beispiele, die gerade für eine ältere Zielgruppe schwer finanzierbar sind. Durch eine spürbare Kostenentlastung würde Kunden der Schritt zur Prävention und für hochwertige Produkte leichter gemacht. „Wir wehren uns auch gegen das oft vorgebrachte Argument, dass es dann zu Preiserhöhungen kommen würde. Doch § 7 Preisgesetz verpflichtet Unternehmen zur Weitergabe von Steuerreduktionen an Kunden“, sagt Lindinger. „Es wäre sinnvoll, für bestimmte Medizinprodukte die Mehrwertsteuersenkung anzudenken, vor allem für jene, die man in der Bevölkerung breit streuen will oder muss, wie etwa Test-Kits, Verbandsstoffe oder digitale Gesundheits­anwendungen“, sagt auch der Wiener Standortanwalt Dr. Alexander Biach.

Nachteil im Wettbewerb

Durch die geplanten EU-Mehrwertsteuervorschriften sollen die Mehrwertsteuersätze im EU-Raum vereinheitlicht werden, um Wettbewerbsverzerrungen hintanzuhalten, die sich störend auf den Binnenmarkt auswirken. „Sobald EU-Nachbarstaaten ihre Mehrwertsteuersätze für Medizinprodukte senken, entsteht österreichischen Unternehmen ein ­Wettbewerbsnachteil“, so der AUSTROMED-Vertreter. Im grenznahen Bereich zu Deutschland zeigt sich diese Entwicklung bereits: Blutdruckmessgeräte werden im Nachbarland mit nur 7 % Mehrwertsteuer besteuert, in Österreich mit 20 %.
Dass der Schritt auch in Österreich möglich wäre, zeigt etwa die Entwicklung bei Damenhygieneartikeln, für die der Steuersatz von 20 % auf 10 % reduziert wurde.
Das Finanzministerium hat sich mittlerweile klar gegen die Forderung der Unternehmen ausgesprochen. Die Gründe liegen etwa in der Komplexität der mehrwertsteuerrechtlichen Beurteilung und der Abgrenzungsproblematik – der Markt an Medizinprodukten sei unübersichtlich und damit der Aufwand hoch, die passenden Produkte in eine Regelung einzuschließen. Auch sollte, geht es nach dem Gesetzgeber, die Zahl der Ausnahmen gering gehalten werden. Damit wird auf eine zweckmäßigere und bedarfsorientierte Förderung etwa durch die Sozialversicherung oder die Sozialhilfe verwiesen.