Es wird immer enger!

Die Europäische Verordnung für In-vitro Diagnostika (IVDR) erlangte kürzlich ihre Gültigkeit. Die IVDR wurde 2017 zusammen mit der Verordnung über Medizinprodukte (MDR), die bereits am 26. Mai 2021 Gültigkeit erlangt hat, von der EU-Kommission verabschiedet. „Wir begrüßen alle Schritte in Richtung der Sicherstellung von qualitativ hochwertigen Medizinprodukten, die nicht zuletzt ganz im Sinne höchstmöglicher Patientensicherheit stehen. Als Interessensvertretung der Medizinprodukte-Unternehmen in Österreich ist es für uns unumgänglich darauf hinzuweisen, dass die Umsetzung von IVDR und MDR unzureichend ausgestaltet ist. Unsere Branche ist bereit, das Regulierungssystem ist es jedoch bei Weitem noch nicht“, erklärt AUSTROMED-Geschäftsführer Mag. Philipp­ Lindinger.

Kapazitätsengpässe nicht neu

Besonders problematisch ist die zu geringe Zahl von aktuell europaweit lediglich sieben Zertifizierungsstellen, sogenannten „Benannten Stellen“. Während bisher rund 20 % der In-vitro Diagnostika über eine solche Benannte Stelle zertifiziert werden mussten, sind es künftig etwa 85 %. Ein Zulassungsstau ist absehbar, eine Vielzahl von Medizinprodukten und In-vitro Diagnostika wird nicht mehr verfügbar sein. Aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen kommen zudem besonders kleine und mittelständische Hersteller an ihre Grenzen, die gerade in Österreich als Arbeitgeber einen wichtigen und stabilisierenden Wirtschaftsfaktor darstellen. „Um die Produktvielfalt zu erhalten, müssen die Kapazitäten der Benannten Stellen dringend und massiv erhöht werden. Außerdem muss der Zugang zu den Zertifizierungsstellen für alle Hersteller gleichermaßen ermöglicht werden, da ansonsten die Innovationskraft der Unternehmen weiter leidet. Um den Innovationsstandort Europa nicht zu verlieren, braucht es ein Fast-Track-Verfahren für innovative Medizinprodukte“, fordert AUSTROMED-­Präsident Gerald Gschlössl.

Versorgung muss sichergestellt sein

Gemeinsam mit dem Dachverband der europäischen Medizinprodukte-Industrie (MedTech Europe) ist es der Branche zwar gelungen, eine Verlängerung der Übergangsfristen für bes­tim­mte Produktkategorien der In-vitro Diagnostik durch die EU-Kommission zu erwirken. Doch aufgrund der Kapazitätsengpässe und weiterhin fehlender Vorgaben und Leitlinien sind auch die neuen Fristen nicht dazu geeignet, die prinzipiell sinnvolle Neugestaltung der europäischen Vorschriften für Medizinprodukte und In-vitro Diagnostika praxistauglich zu gestalten. „Oberster Anspruch muss es sein, eine unterbrechungsfreie Versorgung mit Medizinprodukten und In-vitro Diagnostika höchster Qualität sicherzustellen. Der Prozess, den die EU-Kommission zur Implementierung der MDR und IVDR vorsieht, gefährdet diese Versorgungssicherheit. Es ist zu befürchten, dass viele etablierte Produkte vom Markt verschwinden“, sagt Gschlössl.