Plastische Chirurgie: Bewährtes und Trends

Die plastische, ästhetische und rekonstruktive Chirurgie hat nicht nur in Österreich eine lange Tradition. „Unser Fach hat durch stetige Innovationen und technische Weiterentwicklung wesentliche Beiträge zum allgemeinen medizinischen Fortschritt geleistet und damit bedeutend an der Verbesserung der Versorgungssituation mitgewirkt. Ich denke da konkret an die Leistungen im Bereich der Weichteilchirurgie, des Tissue Engineerings oder der Transplantationsmedizin, auf die wir stolz sind“, stellt Prim. Dr. Thomas Hintringer, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie (ÖGPÄRC) und Leiter der Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Linz im Rahmen der 50. Jahrestagung der Gesellschaft fest. Diese Erfolge sind nach Ansicht des Experten nur durch eine fundierte Ausbildung, kontinuierliche Weiterbildung und engagierte Forschungsarbeit möglich. Das 50-jährige Bestehen der Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie war ein guter Anlass, um auf die Erfolge zurückzublicken, das Geleistete zu evaluieren und gleichzeitig einen Blick nach vorne zu werfen, um die Anforderungen der ­Zukunft zu analysieren. Nicht zuletzt deshalb stand ein wesentlicher Teil der Tagung unter dem Titel „Bewährtes und Trends“, ein weiterer Schwerpunkt waren die Aufgaben der plastischen Chirurgie in der Tumorbehandlung.

Verlässliche Produkte

In der rekonstruktiven Chirurgie nach einer Tumorbehandlung kommen unterschiedliche Implantate zur Anwendung. „Brustimplantate stellen nach wie vor einen unverzichtbaren Teil der wiederherstellenden Möglichkeiten nach Brustkrebs dar. Auch implantierbare Hautersatzstoffe und Netze sind absolut wichtig für uns“, sagt Hintringer. Gerade die in jüngster Zeit aufgedeckten kriminellen Machenschaften einer Herstellerfirma von Brustimplantaten haben den Medizinprodukten aber ein mediales Aufsehen beschert, das verzichtbar gewesen wäre. Eines hat der „Implantatskandal“ jedoch anschaulich gezeigt: „Wie wichtig es wäre, vollständige Datenbanken zu besitzen, die im Fall von Problemen detailliert nachvollziehen lassen, welche Produkte tatsächlich betroffen sind, und vor allem, wer mit welchen Produkten als Patient behandelt wurde“, räumt Hintringer ein. Die ÖGPÄRC führt ein solches Register schon seit vielen Jahren. „Da das Register aber nicht verpflichtend ist, sind die Daten einerseits nicht vollständig und anderseits sind nur die Fachärzte für plastische Chirurgie daran beteiligt“, bedauert der Primar. Der Skandal macht auch deutlich, wie enorm wichtig es ist, dass die Zulassung von Medizinprodukten wirklich exakt kontrolliert wird. Ärzte müssten sich darauf verlassen können, hochwertige Produkte zu verwenden, wenn diese in Europa zugelassen seien, da sie selbst die Qualität des Produktes nicht kontrollieren könnten, so Hintringer.

Vielversprechende Zukunft

Gerade in der Tumorbehandlung wird sich nach Meinung des Experten der schon bestehende Trend einer interdisziplinären Zusammenarbeit vieler verschiedener Fachrichtungen noch weiter verstärken. „Schon heute sind in den meisten Krankhäusern Tumorboards installiert, die gewährleisten sollen, dass nicht die Patienten von Arzt zu Arzt pilgern müssen, sondern von einem Ansprechpartner ein Behandlungskonzept angeboten bekommen, das die Meinungen aller betroffenen Spezialisten zusammenfasst.“ Die plastische Chirurgie trage zu diesem Konzept genauso bei wie zum Beispiel die Strahlentherapie, die Onkologie oder andere Fachdisziplinen mit dem Ziel, eine bestmögliche Behandlung und damit auch ein bestmögliches Ergebnis zu erreichen.

Neue Gesetzeslage

Das ab 2013 gültige ÄsthOP-Gesetz regelt ausschließlich rein ästhetisch motivierte Eingriffe und hat mit den Behandlungen in der Wiederherstellung nach Tumoren nichts zu tun, auch wenn dabei natürlich auch ästhetische Gesichtspunkte eine Rolle spielen. In vielen Fällen sind wiederherstellende und ästhetische Chirurgie nicht voneinander zu trennen. Hintringer dazu: „Grundsätzlich halte ich das Gesetz aber für einen richtigen Schritt, wenngleich natürlich in der praktischen Umsetzung noch nicht alles im Detail geklärt ist und doch auch ein deutlich erhöhter bürokratischer Aufwand für Ärzte und Patienten zu erwarten ist. Die Bestrebungen zum Schutz der Patienten, eine klare Regelung der benöti­gten Ausbildung und eine Einschränkung der teilweise übertriebenen und unseriösen Werbung sind aber zu begrüßen.“

Nach überstandenen Skandalen und lange geforderten Reformen konzentriert sich die Fachgesellschaft auf die Zukunft. „Ich wünsche mir für die plastische Chirurgie, dass unser Fach den Stellenwert beibehält, den es hat: die Wiederherstellung von Form und Funktion zum Wohl unserer Patienten als wesentlicher Bestandteil einer Behandlung im ‚ganzheitlichen Sinn‘“, resümiert Hintringer. Das träfe sowohl in der Tumorbehandlung, nach Unfällen, Verbrennungen oder Verletzungen, aber natürlich auch bei Operationen zu, die zu einem verbesserten Wohlbefinden beitragen – den ästhetischen Operationen. Jede dieser auf den ersten Blick sehr unterschiedlichen Aufgaben ist eine verantwortungsvolle Herausforderung.

www.plastkongress2012.at
www.plastischechirurgie.org/de/home