Wirtschaftsstandort Österreich: „Der Markt ist stark im Wachsen.“

Österreich wird älter. Der Trend zur demografischen Alterung der Bevölkerung wird sich in den nächsten Jahrzehnten fortsetzen, die Gruppe „65+“ wird zahlen- und anteilsmäßig stark an Gewicht gewinnen. Gleichzeitig wächst Österreich. Dank der anhaltenden positiven Wanderungsbilanz ist auch in Zukunft mit weiteren Bevölkerungszuwächsen zu rechnen. Das bedeutet, dass die Bevölkerung bis zum Jahr 2020 auf 8,71 Mio. (+3 % gegenüber 2011) und bis zum Jahr 2030 auf neun Millionen (+7 %) steigen wird.
Alterung der Gesellschaft und Bevölkerungswachstum lassen die öffentlichen Gesundheitsausgaben in den kommenden Jahren und Dekaden nicht nur absolut, sondern auch wieder in Relation zum Bruttoinlandsprodukt wachsen. Das sagt jedenfalls eine aktuelle Studie des Gesundheitsökonomen Dr. Thomas Czypionka vom Institut für Höhere Studien (IHS) in Wien.

Gute Marktchancen für Medizinprodukte

Die dargestellten Entwicklungen verheißen dem Medizinprodukte-Sektor positive Entwicklungschancen. Diese Ansicht vertritt auch Univ.-Prof. Dr. Marcus Müllner, ehemaliger Leiter des Geschäftsfeldes Medizinmarktaufsicht der AGES: „Der Markt der Medizinprodukte, da gehören auch In-vitro-Diagnostika dazu, ist meines Erachtens noch stark im Wachsen.“ Neben zusätzlichen Marktchancen für die Medizinprodukte-Hersteller und -Anbieter würden daraus aber auch neue Herausforderungen entstehen, diagnostiziert Müllner: „Für uns bedeutet das ganz konkret, dass die Aufgaben der Marktüberwachung und Medizinprodukte-Vigilanz zunehmen werden. Ich sehe auch neue EU-weite Gesetzgebung auf uns zukommen, die zwar einerseits den Anwender besser schützt, aber für alle Beteiligten – Hersteller, Vertreiber, Betreiber und uns Behörden – auch mehr Aufwand bedeutet. Die Herausforderung für uns ist es, diesen Aufwand effizient und effektiv zu erledigen.“

Marktüberwachungs­aktionen rückläufig

Im Rahmen der Marktüberwachung wird von der Medizinmarktaufsicht aktiv beobachtet, erfasst und bewertet, ob alle entsprechend den Vorgaben und in der technischen Dokumentation enthaltenen Eigenschaften von Medizinprodukten auch über den gesamten Produktlebenszyklus erfüllt und eingehalten werden. Marktüberwachungsaktionen der Aufsichtsbehörde werden in der Regel durch Meldungen Dritter ausgelöst, erzählt Müllner. Dabei zeichne sich ein durchaus positiver Trend ab: „Ich kann sagen, dass die Anzahl der Marktüberwachungsfälle über die Jahre zwar stark schwankt, aber in den letzten vier Jahren deutlich unter den Werten in der Vorperiode liegt.“
Zunehmend ist hingegen die Zahl der Medizinprodukte-Vigilanzmeldungen, wonach bei Medizinprodukten produktbezogene schwerwiegende Zwischenfälle bzw. Beinahezwischenfälle gemeldet werden müssen. Erfolgten 2006 noch weniger als 900 solche Meldungen an die Behörde, so waren es 2012 doppelt so viele, exakt 1.790. Das bedeute aber nicht, erläutert Müllner, „dass es mehr Probleme mit der Qualität gibt, sondern, dass das Meldebewusstsein gestiegen ist. Die Meldungen sind notwendig, um Verbesserungen und Sicherheitsmaßnahmen überhaupt zu ermöglichen! Also ist ein Anstieg der Meldungen paradoxerweise gut.“
Auch die Anzahl der Medizinprodukte-Studien, die in Österreich durchgeführt werden, ist in den letzten sieben Jahren deutlich gestiegen, um etwa 70 Prozent. 2012 waren es beachtliche 115 Studien.

Verstärkte Kooperationen

Zukünftig sollen im österreichischen Gesundheitswesen die Themen Kommunikation und Kooperation deutlich mehr Stellenwert erhalten, um eine bedarfsorientierte Planung zu ermöglichen bzw. die Effizienz der Versorgung nachhaltig zu verbessern. Die Erstellung der Rahmengesundheitsziele im Vorjahr sei ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung gewesen, meint Dr. Pamela Rendi-Wagner, Leiterin der Sektion III, Öffentliche Gesundheit und medizinische Angelegenheiten im Bundesministerium für Gesundheit, dem aber weitere folgen müssten: „In einem ersten Schritt ist es gelungen, verschiedene Stakeholder und Interessensvertretungen mit ihren unterschiedlichen Stärken und Bedürfnissen abzuholen und gemeinsam Motivallianzen zu schmieden. Mittels Dialog soll es auch weiterhin gelingen, Verantwortung und Bewusstsein für den Themenbereich Gesundheit außerhalb des traditionellen gesundheitlichen Handlungsfeldes zu schaffen.“