Tiermodell RA: Funktionelle Beeinträchtigungen des Gangbildes abhängig von der Gelenkzerstörung

Patienten mit fortschreitender chronisch entzündlicher, erosiver Arthritis weisen massive Einschränkungen in der Beweglichkeit und Funktion ihrer Finger- und Kniegelenke auf. Wie maßgebend der einzelne Einfluss von Schmerz, Entzündung, Knochenerosion und Knorpelschaden auf die Funktionalität der Gelenke hat, ist von großer Bedeutung. Nur eine rechtzeitige, gezielte Therapie kann irreversiblen Gelenkschäden vorbeugen und einem kompletten Funktionsverlust der Gelenke entgegenwirken.

Studie und Methode

In unserer Studie haben wir den Einfluss der einzelnen pathologischen Veränderungen im Gelenk wie synoviale Entzündung, subchondrale Knochenerosion und Knorpelschaden auf die funktionellen Einschränkungen des Gangbildes in einem Tiermodell für rheumatoide Arthritis untersucht. Dazu wurden Gangprofile von Human-Tumor-Nekrosefaktor-α-transgenen Mäusen (hTNFtg), die durch die konstitutive Expression von humanem TNF nach 5 Woche spontan eine erosive Arthritis entwickelten, mit Hilfe des Catwalk-Ganganalyse-Systems (Firma Noldus, Niederlande) erstellt. Dabei liefen die Tiere über eine seitlich beleuchtete Glasscheibe, während eine Digitalkamera die Pfotenabdrücke der Tiere von unten aufzeichnete, die durch den Kontakt der Pfote mit der Glasscheibe entstanden waren. Wir haben Gangprofile von 3 verschiedenen Stadien (Frühphase Lebenswoche 6, fortschreitende Phase Woche 10 und Spätphase Woche 15) im Krankheitsverlauf der Arthritis erstellt. Gleichzeitig dienten gleichaltrige Wildtypmäuse desselben Wurfes als Gesundenkontrolle.

Ergebnisse

Die Ganganalyse zeigte, dass Parameter wie Intensität (Pfotenbelastung), Schrittlänge und Bodenkontaktfläche der erkrankten Vorder- und Hinterpfoten bei den hTNFα-transgenen Tieren zu allen 3 Krankheitszeitpunkten im Vergleich zu gleichgeschlechtlichen und gleichaltrigen Wildtypmäusen signifikant vermindert sind. Besonders auffällig war auch eine signifikante Reduktion der maximalen Auftrittsintensität im Verlaufe der Krankheitsentwicklung der transgenen Mäuse. Ähnliche Ergebnisse zeigten sich für die Parameter Pfotenbreite, Pfotenlänge, Pfotenfläche und maximale Belastung zum Zeitpunkt der maximalen Kontaktfläche der Pfote.
Zur Unterscheidung zwischen schmerz- und gelenkschadensbedingter funktioneller Einschränkungen behandelten wir 10 und 15 Wochen alte hTNFα-transgene Tiere mit dem Schmerzmedikament Diclofenac und erstellten Gangprofile vor, eine Stunde nach und drei Stunden nach Diclofenac-Verabreichung. Interessanterweise führte die analgetische Behandlung in Woche 10 zu signifikant stärkerer Verbesserung der Belastungsparameter als in Woche 15. Diese Beobachtung werten wir als direkten Indikator für eine schmerzunabhängige, irreversible Funktionseinschränkung bedingt durch strukturelle Gelenkschäden bei fortgeschrittener Arthritis.
Um den Einfluss der einzelnen strukturellen Gelenkschäden auf die verschiedenen Gangparameter untersuchen zu können, haben wir die betroffenen Gelenke histologisch auf das Ausmaß der synovialen Entzündung, der subchondralen Knorpelerosion und des Knorpelschadens untersucht. Eine quantitative Bestimmung wurde an Paraffinschnitten von Hinterpfoten erkrankter Tiere durchgeführt, die mit Hämatoxylin-Eosin (H&E), tartrat-resistenter saurer Phosphatase (TRAP) und Toluidinblau gefärbt worden waren. Die Parameter der Gangprofile korrelierten wir anschließend mit den erhobenen histopathologischen Daten. Interessanterweise zeigten die meisten Gangparameter, wie zum Beispiel die maximale Intensität, die Pfotenfläche, Schrittlänge etc. die stärkste Korrelation zum Knorpelschaden, gefolgt von den subchondralen Knochenerosionen und der Anzahl knochenabbauender Osteoklasten. Im Gegensatz dazu konnten wir keine direkte Korrelation zwischen der synovialen Gelenkentzündung und dem Verlust der Funktionalität der Pfoten feststellen.

Schlussfolgerung

Die videogestützte Catwalk-Ganganalyse ist ein hilfreiches Instrument zur quantitativen Analyse der funktionellen Beeinträchtigung der Gelenke in Tiermodellen mit entzündlicher, erosiver Arthritis. In dieser Studie konnte gezeigt werden, dass die Gelenkzerstörung, d. h. Knochenerosionen und Knorpelschäden, nicht aber die Gelenkentzündung, maßgeblich die Funktionalität der Gelenke beeinträchtigt. Diese Studie zeigt die Notwendigkeit einer gezielten Therapie zum Erhalt der Knochenund Knorpelstrukturen, um die Funktionalität der Gelenke bei RA-Patienten aufrechterhalten zu können.