Ultraschall zur Gelenkdiagnostik in der rheumatoiden Arthritis: Ist er der Klinik überlegen?

Differences of clinical and sonographic remission in rheumatoid arthritis (RA) depend on the stringency of the sonographic methodology
M. Gaertner, H. Radner, G. Supp, D. Aletaha, K.P. Machold, J. Smolen Division of Rheumatology, Department of Internal Medicine III, Medical University Of Vienna, Austria; EULAR 2012, Abstract Nr.: SAT0474

Hintergrund

Zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) steht uns ein rasant wachsendes Repertoire an Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Unser Ziel ist nunmehr nicht „nur“ eine Minderung der Krankheitsaktivität, sondern das Erreichen eines Zustandes der Remission. Daher ist es sehr wichtig, geeignete Methoden zur Messung der Krankheitsaktivität zu verwenden. Derzeit bedient man sich hierfür einer Reihe klinischer Indizes, wie z. B. des Clinical Disease Activity Index (CDAI), welcher klinisch geschwollene Gelenke in die Berechnung der Krankheitsaktivität einbezieht. Die Definition eines klinisch geschwollenen Gelenks ist (gemäß EULAR-Handbuch zur Gelenkdiagnostik) nur dann erfüllt, wenn keinerlei Zweifel an der synovitischen Schwellung des palpierten Gelenks besteht.

Gelenkuntersuchung mittels Ultraschall

Seit einiger Zeit ist bekannt, dass auch die Gelenkuntersuchung mittels Ultraschall (US) ein sehr sensitives Werkzeug darstellt, synoviale Schwellung (Grey Scale Synovial Hypertrophy, GSSH) oder Hyperämie (gemessen mittels Power Doppler, PD) zu erkennen. Derzeit gibt es jedoch keine klaren Definitionen (wie oben für die klinische Untersuchung beschrieben), ab welchem Grad eines positiven PD- oder GSSH-Signals ein Gelenk als „aktiv“ angesehen werden kann. Frühere Studien haben z. B. gezeigt, dass auch klinisch nicht aktive Gelenke positive GSSH und PD-Signale im US zeigen. Während synoviale Hypertrophie in diesen klinisch inaktiven Gelenken als eine Art Residualzustand nach abgelaufener Inflammation angesehen werden kann, legen positive PD-Signale in klinisch unauffälligen Gelenken die Vermutung nahe, dass entweder der US zu sensitiv ist („falsch positiv“), oder aber die klinische Untersuchung tatsächlich eine zu geringe Sensitivität aufweist. Studie Im Rahmen einer klinischen Studie an der Rheumatologie im AKH Wien versuchen wir herauszufinden, wie sehr die willkürlichen Definitionen von klinischer Schwellung („nur eindeutige Schwellung“) und sonographischer Aktivität (derzeit „jedes PD oder GSSH-Signal“) zu der vermeintlich höheren Sensitivität des US beitragen. Hierzu führten wir bei 60 Patienten in klinischer Remission (CDAI ≤ 2,8) zusätzlich zur Gelenkuntersuchung auch eine Ultraschalluntersuchung der proximalen Interphalangealgelenke, Metakarpophalangealgelenke sowie der Handgelenke durch. Sowohl GSSH- als auch PD-Signale wurden auf einer Skala von 0–3 bewertet (0 = kein Signal, 3 = höchstes Signal). Anhand der US-Ergebnisse errechneten wir die Sensitivität sowie Spezifität der klinischen Untersuchung. Weiters errechneten wir den CDAI unter Austausch der klinisch beurteilten durch die sonographisch ermittelten Gelenkbeurteilungen und verglichen die beiden. Um den Einfluss unterschiedlicher Definitionen sonographischer Auffälligkeiten auf den gesamten CDAI zu bestimmen, setzten wir die verschiedenen Kombinationen aus GSSH 1–3 und PD 1–3 zur Bestimmung der Gelenkaktivität ein.

Ergebnisse

In der US-Untersuchung von Patienten in klinischer Remission zeigte sich in zwei Drittel der Gelenke eine synoviale Hypertrophie sowie in einem Fünftel positive PD-Signale, wohingegen lediglich 15 von 1320 Gelenke auch klinisch eine Schwellung zeigten. Mehr als 90 % der Patienten zeigten mindestens ein sonographisch auffalliges Gelenk. Berechnet man die Sensitivitat und Spezifitat der klinischen Untersuchung unter der Annahme, dass der US den Goldstandard darstellt, so ist Erstere immer 100 % spezifisch (unabhängig von den angewandten Kriterien), jedoch zeigt sie eine sehr niedrige Sensitivitat von maximal 25 % (unter Anwendung strengster Kriterien, d. h. GSSH = 3 und PD = 3).
Die Berechnung des CDAI unter Verwendung diverser Definitionen von im US „aktiven“ Gelenken zeigt, dass durch die Anwendung weniger strenger Kriterien (GSSH oder PD positiv) der gezeigt, dass auch klinisch nicht aktive Gelenke positive GSSH und PD-Signale im US zeigen. Während synoviale Hypertrophie in diesen klinisch inaktiven Gelenken als eine Art Residualzustand nach abgelaufener Inflammation angesehen werden kann, legen positive PD-Signale in klinisch unauffälligen Gelenken die Vermutung nahe, dass entweder der US zu sensitiv ist („falsch positiv“), oder aber die klinische Untersuchung tatsachlich eine zu geringe Sensitivitat aufweist.

Studie

Im Rahmen einer klinischen Studie an der Rheumatologie im AKH Wien versuchen wir herauszufinden, wie sehr die willkürlichen Definitionen von klinischer Schwellung („nur eindeutige Schwellung“) und sonographischer Aktivität (derzeit „jedes PDoder GSSH-Signal“) zu der vermeintlich höheren Sensitivität des US beitragen. Hierzu führten wir bei 60 Patienten in klinischer Remission (CDAI ≤ 2,8) zusätzlich zur Gelenkuntersuchung auch eine Ultraschalluntersuchung der proximalen Interphalangealgelenke, Metakarpophalangealgelenke sowie der Handgelenke durch. Sowohl GSSH- als auch PD-Signale wurden auf einer Skala von 0–3 bewertet (0 = kein Signal, 3 = höchstes Signal). Anhand der US-Ergebnisse errechneten wir die Sensitivität sowie Spezifität der klinischen Untersuchung. Weiters errechneten wir den CDAI mediane CDAI von 1,4 auf 15,5 ansteigt. Unter Verwendung stringenterer Kriterien (GSSH positiv und PD = 3) gleicht sich der CDAI jedoch dem der klinischen Untersuchung an (Abb.).

Resümee. Zusammenfassend konnten wir zeigen, dass es bei Patienten mit RA in Remission nicht nur eine hohe Rate an synovialer Hypertrophie im US gibt, sondern auch, dass über 90 % der Patienten nach wie vor in mindestens einem Gelenk eine Hypervaskularisierung zeigen. Es waren dies jedoch vorrangig geringe PD-Signale. Die hohe Sensitivität des US stellt eine mögliche Erklärung für die im Vergleich dazu „geringe“ Sensitivität der klinischen Untersuchung dar. Unter Anwendung stringenterer Kriterien im US kam es nicht nur zu einem Anstieg der Sensitivität der klinischen Untersuchung, sondern auch zu einer besseren Übereinstimmung des errechneten CDAI. Die Interpretation geringer PD-Signale im US stellt ein klassisches Problem moderner sensitiver Untersuchungsmethoden dar. Die Daten unserer Studie deuten jedenfalls darauf hin, dass die vermeintlich höhere Sensitivität des US von den jeweiligen Definitionen abhängig ist, denn die Wertung jedes wie auch immer gearteten Signals, wie derzeit Usus, überschätzt möglicherweise den tatsächlichen Grad der entzündlichen Gelenkbeteiligung.