Studienpräsentation
: Proteinpräzipitation in Hämodialysekathetern als Ursache von Pulmonalarterienembolien


Ttrisodium citrate induced protein precipitation in haemodialysis catheters might cause pulmonary embolism. nephrol Dial transplant 2012 Jul; 27(7):2953–7.
Epub 2012 Mar 30

Schilcher G, Scharnagl H, Horina JH, Ribitsch W, Rosenkranz AR, Stojakovic T, Polaschegg HD
Abteilung für Nephrologie, Medizinische Universität Graz

 

Der zentralvenöse Gefäßzugang unter Verwendung getunnelter oder nichtgetunnelter Katheter ist trotz Bestrebungen wie dem amerikanischen Fistula-First-Programm eine unverzichtbare Modalität zur chronischen Hämodialysebehandlung. Die Aufrechterhaltung der Katheterdurchgängigkeit erfordert die Instillation einer ge­rinnungs­hemmenden Substanz wie Heparin oder Natriumzitrat in die Katheterlumina. Während des Instillationsprozesses solcher Locklösungen lässt sich im Kontext einer intraluminal-laminaren Strömung ein unvermeidlicher Verlust von ca. 25 % des vorgeschriebenen Locklösungsvolumens beobachten. Aufgrund von Dichteunterschieden zwischen Vollblut und der verwendeten Locklösung kommt es lageabhängig zu einem weiteren Austritt genannter Lösung in den systemischen Kreislauf und – dem ausgetretenen Volumen entsprechend – zu einem Vollbluteinstrom in den Katheter. Bei Verwendung von Natriumzitrat 46,7 % und einer angenommenen vertikalen Lage des Katheters/Patienten reduziert sich aufgrund genannter Phänomene die Natriumzitratkonzentration im intravaskulären Kathetersegment auf weniger als 5 %.
In der Europäischen Union werden Lösungen zur Aufrechterhaltung der Katheterdurchgängigkeit derzeit einem Zulassungsverfahren entsprechend einem medizinischen Gerät unterzogen. Dabei bleiben mögliche physiko-chemische Interaktionen zwischen Vollblut und dem verwendeten Agens unberücksichtigt (European Community. Council Directive 93/42/EEC of 14 June 1993 concerning medical devices, Article 1). Natriumzitrat wird jedoch seit dem 19. Jahrhundert als Substanz zum „Aussalzen“ von Plasmaproteinen, nunmehr als Eiweißfällung bezeichnet, verwendet. Willicombe et al. (AJKD 2012) berichteten in einer Fallserie rezent über Pulmonalarterienembolien assoziiert mit der Verwendung von hypertonem Natriumzitrat als Katheterlocklösung. Im Rahmen einer In-vitro- und einer In-vivo-Untersuchung konnten wir nach Bluteinstrom in den Katheter eine Proteinpräzipitation im Katheter durch Interaktion von hypertonem Natriumzitrat mit Plasmaproteinen nachweisen. Diese Eiweißpartikel sind aufgrund ihrer Größe geeignet, pulmonalarterielle Mikroembolien zu verursachen. Stufentests mit Verdünnungsreihen konnten zeigen, dass die Verwendung von Natriumzitrat bis zu einer maximalen Konzentration von 10 % als sicher angesehen und eine Natriumzitrat-Vollblut-Interaktion im Sinne einer Eiweißfällung ausgeschlossen werden kann. Aufgrund der bekannten Nebenwirkungen von hypertonem Natriumzitrat (Todesfälle durch passagere Hypokalzämie) sollten diese Ergebnisse zu einer weiteren kritischen Bewertung der Verwendung von hypertonem Natriumzitrat als Locklösung führen. In einem Editorial (Davenport A, Why do hypertonic citrate locks lead to dialysis catheter malfunction; more than a weighty problem? NDT 2012) wurde eine entsprechende Diskussion angestoßen.
Darüber hinaus erscheint die derzeitige europäische Zuordnung von Katheterlocklösungen in die Gruppe der medizinischen Geräte (IIb) wahrscheinlich unzureichend, da unvermeidbar Interaktionen zwischen Locklösung und Vollblut auftreten können, dies derzeit vor der klinischen Anwendung jedoch nicht getestet werden muss.