BOLERO-2-Studie: mTOR-Inhibitor Everolimus in Kombination mit Exemestan beim hormonrezeptorpositiven metastasierten Mammakarzinom

BOLERO-2 ist eine interessante Studie beim Mammakarzinom, in der die Zugabe des mTOR-Inhibitors Everolimus zum Aromatasehemmer Exemestan die Wirkung der endokrinen Therapie verstärken und erstmals eine endokrin-therapierefraktäre Situation überwinden konnte. Die MedUni Wien war das meistrekrutierende Zentrum.

Die biologische Rationale zur BOLERO- 2-Studie besteht im Crosstalk zwischen mTOR und Östrogenrezeptoren: mTOR empfängt Signale von Wachstumsfaktoren (wie IGF und HER2) und aktiviert auf ligandenunabhängige Weise Östrogenrezeptoren. Weiters ist der mTOR-Pathway bei endokrinresistenten Mammakarzinomzellen überexprimiert und inhibiert die Apoptose, so dass mTOR-Inhibition die Wirksamkeit der endokrinen Therapie verstärken sollte. Aus präklinischen Experimenten ging ein Wirksynergismus zwischen Everolimus und dem Aromatasehemmer Letrozol hervor. Als erstes proof of concept konnte Everolimus in Kombination mit Letrozol bei 270 postmenopausalen östrogenrezeptorpositiven (ER-positiven) Patientinnen mit Mammakarzinom im neoadjuvanten Setting die Ansprechraten signifikant verbessern und Surrogatmarker der Proliferation inhibieren.

BOLERO-2: Mit diesen Daten war der Weg für die groß angelegte Phase-III-Studie BOLERO-2 aufbereitet, in der 724 mehrfach endokrin und chemotherapeutisch vorbehandelte Mammakarzinompatientinnen in Everolimus (10 mg/d) + Exemestan (25 mg/d) vs. Exemestan randomisiert wurden. Bereits in der ersten Interimsanalyse im Februar 2011 wurde die Signifikanzgrenze für das progressionsfreie Überleben erreicht. Die am ESMO präsentierten Daten zeigen, dass Everolimus + Exemestan den primären Studienendpunkt progressionsfreies Überleben von 4,1 Monate (Exemestan) auf 10, 6 Monate hochsignifikant verbesserte (die Ergebnisse entsprechen einer Reduktion des Progressionsrisikos um 64 %, HR 0,36; p = 3,3 x 10–15) (Abb.). Es profitierten alle dargestellten Subgruppen unabhängig von der Wahl und Effektivität der vorangegangenen endokrinen Therapien und unabhängig von der Metastasenlast (viszeraler Befall oder nicht). Die Ansprechraten wurden von 0,4 % (Exemestan) auf 9,5 % erhöht und der klinische Benefit von 18 % (Exemestan) auf 33,4 % (jeweils p < 0,0001). Im Everolimus-Arm wurden häufiger Nebenwirkungen wie Stomatitis, Fatigue, nichtinfektiöse Pneumonitis und Hyperglykämien verzeichnet. Eine Auswertung zur Lebensqualität (EORTC-QLQ30) zeigte zwischen beiden Armen vergleichbare Ergebnisse.

Schlussfolgerung: Mit den präsentierten Daten ergab sich für José Baselga die Schlussfolgerung, dass Everolimus als erste Substanz den Benefit der endokrinen Therapie bei hormontherapierefraktärem Mammakarzinom steigern konnte und möglicherweise einen Paradigmenwechsel in der Therapie des hormonrezeptorpositiven Mammakarzinoms einleiten wird.

Everolimus in Combination with Exemestane for Postmenopausal Women with Advanced Breast Cancer Who Are Refractory to Letrozole or Anastrozole: Results of the BOLERO-2 Phase III Trial, Baselga J, Piccart M, Gnant M et al. on behalf of the BOLERO-2 Investigators; ESMO 2011, Late Breaking Abstract (LBA) #9

 

KOMMENTAR

Erstmals konnte in der Zweitlinientherapie des hormonabhängigen postmenopausalen Mammakarzinoms die Zugabe des mTOR-Inhibitors Everolimus zum Aromatasehemmer Exemestan die Wirksamkeit der endokrinen Therapie verbessern. Der primäre Endpunkt wurde in überzeugender Weise erreicht, wenngleich – ähnlich wie in Studien zur Kombinationstherapie von Trastuzumab + Aromatasehemmer – der Kontrollarm schlechter als erwartet abgeschnitten hat, selbst unter Einsatz der richtigen Therapie, was andererseits auch zeigen kann, dass Hormonrezeptorpositivität nicht immer mit einer guten Prognose gleichzusetzen ist und medizinischer Bedarf in diesem Setting vorhanden ist. Dafür gibt es Studien, und wir konnten die Therapie an der Universitätsklinik als eines der meistrekrutierenden Zentren anbieten, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass die ABCSG, vertreten durch Prof. Michael Gnant, im Steering-Komitee der Studie eine leitende Funktion besetzt und wir deshalb schon zu einem frühen Zeitpunkt und mit starken Zentren in die Entwicklung der Substanz eingebunden waren. Erfreulich ist insbesondere, dass wir mit einer neuen Substanzklasse als proof of principle in der Indikation Mammakarzinom diesen Erfolg umsetzen konnten, was Grund zur Hoffnung gibt, den Therapieansatz bei einem breiteren Patientenkollektiv zu untersuchen. Konsequenterweise wird in der ABCSG das adjuvante Setting diskutiert, wofür sich per – orale Therapien bevorzugt anbieten können. mTOR-Inhibitoren selbst sind relativ verträglich, es gibt spezifische, auch neue Nebenwirkungen, die zwar keine Kontraindikation sind, deren prophylaktischer und therapeutischer Umgang aber zu beachten ist.