Second-Line-Therapie des NSCLC

Es sind heute wahrscheinlich über 50 % aller Patienten im fortgeschrittenem Stadium, die für eine Second-Line-Therapie nach einer platinhaltigen First-Line-Kombination in Frage kommen, von diesen wiederum werden weitere 30 % eine Third-Line-Therapie erhalten. Die Prognose ist allgemein abhängig vom Allgemeinzustand, dem Geschlecht und dem Abstand von der First-Line-Therapie sowie dem Ansprechen auf die First-Line-Therapie. Zum Zeitpunkt des Rezidivs oder einer Progression besteht eine Verschlechterung der Lebensqualität durch krankheitsbedingte Symptome, residuäre Toxizitäten und Komorbiditäten.
Die Wahl des Präparates ist von diesen Faktoren abhängig, dazu kommt auch die persönliche Einstellung des Patienten.
Weiters ist auch die Art des Therapieversagens und damit der richtige Zeitpunkt des Einsatzes einer Second-Line-Therapie von Bedeutung. Auch wenn die Prognose bei einer Progression unter laufender First-Line-Therapie schlecht ist, so ist dennoch ein Ansprechen auf eine nicht kreuzresistente Second-Line-Therapie bei so genannten therapierefraktären Fällen möglich. Im Falle einer Progression nach einem größeren Intervall stellt sich die Frage, ob man die primär erfolgreiche Kombination eventuell neuerlich anwenden sollte, ähnlich wie beim kleinzelligen Bronchialkarzinom. Die Länge dieses Intervalls ist jedoch nicht definiert.
Andererseits muss die Frage nach der Art der First-Line-Therapie und einer eventuell verabreichten Erhaltungstherapie gestellt werden. Weiters sind mit Gefitinib und Erlotinib auch erstmals zielgerichtete Substanzen in der Erstlinientherapie bei NSCLC mit aktivierender EGFR-Mutation zugelassen, sodass sich hier für die nachfolgende Therapie neue Konsequenzen ergeben.

 

 

Therapieoptionen und Therapieziele

In den letzten Jahren wurden insgesamt 4 Substanzen für die Second-Line-Therapie beim progredienten metastasierten NSCLC zugelassen: Docetaxel, Pemetrexed, Erlotinib und Gefitinib (bei Nachweis einer aktivierenden Mutation im EGFR). Pemetrexed und Erlotinib sind auch in der Erhaltungstherapie nach einer Erst­linientherapie zugelassen. Dies bedeutet, dass man heute eine mögliche Zweit- oder Drittlinientherapie eigentlich schon bei der Auswahl der Erstlinientherapie berücksichtigen sollte.
In jedem Fall verlangt man, dass eine Zweit- oder Drittlinientherapie die klinische Symptomatik einer Progression lindert, bei geringen Nebenwirkungen das progressionsfreie Intervall verlängert und möglichst auch die Überlebenszeit verbessert.
Eine wichtige Publikation zu diesem Thema ist 2011 erschienen, die Ergebnisse der internationalen TITAN-Studie (Abb.).1 Darin wurden Patienten mit progredienter Erkrankung unter einer First-Line-Therapie (bis zu 4 Zyklen einer Platinkombination) 1 : 1 in einen Arm mit Erlotinib versus Chemotherapie (Docetaxel oder Pemetrexed) randomisiert. Der primäre Endpunkt war die Gesamtüberlebenszeit. Leider musste die Studie wegen zu langsamer Rekrutierung vorzeitig geschlossen werden. Bis dahin konnten 424 Patienten eingeschlossen und ausgewertet werden. Danach lässt sich sagen, dass in diesem Setting bei Patienten mit schlechter Prognose in Hinsicht auf die Effizienz kein Unterschied zwischen dem Tyrosinkinasehemmer (TKI) und der Chemotherapie festzustellen war (Abb.), wie zu erwarten bestand der größte Unterschied in den Toxizitäten.

 

 

Studien zur Kombinationstherapie

Es gab verschiedene Versuche, die etablierten Monotherapien mit einer weiteren Substanz zu kombinieren, sei es mit einem TKI, einer Chemotherapie oder mit Angiogenesehemmern (Bevacizumab2 oder ­Tyrosinkinasehemmer wie z. B. Vandetanib3). Leider haben Phase-III-Studien bisher keinen Vorteil einer Kombination dieser Substanzen gegenüber der Monotherapie gezeigt, besonders in Hinblick auf eine Verlängerung der Überlebenszeit. Eine Verbesserung des progressionsfreien Über­lebens sowie Hinweise auf eine verbesserte Symptomenkontrolle ließen sich jedoch feststellen.

Weitere Substanzen:

MetMab ist ein monoklonaler Antikörper zur Inhibierung des Met-Signalweges4. Eine Überexpres­sion dieses Rezeptors ist mit einer schlechten Prognose verbunden, der Signalweg spielt bei Resistenzen gegenüber Erlotinib oder Gefitinib ­eine Rolle. Bei Patienten mit einem Nachweis des Met-Rezeptors im Gewebe kam es in der OAM4558g-Studie zu einer signifikanten Verlängerung des progressionsfreien Überlebens und Gesamtüberlebens durch die Kombination von MetMab + Erlotinib. Patienten ohne diesen Nachweis hatten keinerlei Vorteile von der Kombination.
Die Kombination von Pemetrexed mit Erlotinib5 in der Second-Line-Therapie von Patienten mit Nicht-Plattenepithel-NSCLC führte zu einer signifikanten Verbesserung des PFS und des OS. Die Toxizität entsprach den Erwartungen: Es kam zu einer Zu­nahme der Nebenwirkungen und zu Laborver­änderungen im Kombinationsarm; die Autoren folgerten, dass die Überlegenheit der Kombination in einer Phase-III-Studie geprüft werden sollte.
Weitere molekularbiologische Subs­tanzen wie Sorafenib, Sunitinib, Imatinib, Bortezomib und Everolimus wurden ebenfalls in Studien getestet und hinterließen unterschiedliche Eindrücke, die aber derzeit zu keiner weiteren Prüfung in einer Phase-III-Studie oder einer klinischen Etablierung geführt haben.

 

Zusammenfassung: Nach den Erkenntnissen der letzten Jahre ist anzunehmen, dass die Möglichkeiten der Patientenselektion für spezifische Thera­pien, insbesondere für die zielgerichteten Therapien noch weiter in den Vordergrund rücken werden. Derzeit findet bereits eine Selektion durch die Bewertung des histologischen Typs (z. B. Pemetre­xed beim Nicht-Plattenepithel-Karzinom) und des EGFR-Mutationsstatus statt.

 

1 Ciuleanu T et al., Efficacy and safety of Erlotinib versus chemotherapy in second-line treatment of patients with advanced, non-small-cell lung cancer with poor prognosis (TITAN): a randomized multicentre, open-label, phase 3 study. Lancet Oncology 2012 Mar; 13(3):225–7
2 Herbst RS et al., Efficacy of Bevacizumab plus Erlotinib versus Erlotinib alone in advanced non-small-cell lung cancer after failure of standard first-line chemotherapy (BeTa): a double-blind, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet May 2011; 377:1846
3 Herbst RS et al., Vandetanib plus docetaxel versus docetaxel as second-line treatment for patients with advanced non-small-cell lung cancer (ZODIAC): a double-blind, randomised, phase 3 trial. Lancet July 2010; 11:619
4 Spigel D et al., Final efficacy results from OAM4558g, a randomized phase II study evaluating MetMAb or placebo in combination with erlotinib in advanced NSCLC. J Clin Oncol 2011; 29(Suppl 15 Pt I):477s (Abstract 7505)
5 yon Pawel et al., A randomized phase 2 study of pemetrexed vs pemetrexed plus erlotinib in second-line treatment for locally advanced or metastatic, non-squamous NSCLC. J Clin Oncol 2011; 29:(suppl; abstr 7526)