Tumoranämie – Therapeutischer Stellenwert von intravenösem Eisen

Ursachen der Tumoranämie: Frauen sind häufiger betroffen als Männer, was unter anderem an einer höheren Inzidenz für einen Eisenmangel liegt, der wiederum eine der häufigsten Ursachen für die Anämie ist und meist durch Blutungen oder einen therapiebedingten Blutverlust, manchmal auch durch einen ernährungsbedingten Mangel (Eisen und Vitamine) erklärt werden kann. Weitere Ursachen der Tumoranämie sind: die Suppression der Hämatopoese durch Chemotherapie und Bestrahlung, Knochenmarkinfiltration durch Tumorzellen, Hämolyse, Niereninsuffizienz und vor allem eine chronische Entzündungsreaktion, die durch Tumorzellen selber oder zusätzliche chronische Infektionen bedingt sein kann.
Eine Prävalenzstudie hat gezeigt, dass bis zu 60 % der Tumorpatienten einen funktionellen oder absoluten Eisenmangel und über 40 % eine Eisenmangelanämie haben. Bei sehr vielen Patienten ist die Tumorerkrankung selber wesentliche Ursache für den Eisenmangel und die Anämie, die dann als Anämie der chronischen Erkrankung (ACE) bezeichnet wird.

Intravenöse Eisen-Gabe: Auch bei fachgerechter und intensiver Anwendung von Erythropoese-stimulierenden Agentien (ESA) sprechen ca. 40 % der Patienten nicht auf die Behandlung an. Dies und die positiven Erfahrungen in der Nephrologie führten im Jahr 2004 zur ersten publizierten Studie mit einer kombinierten Therapie aus ESA und intravenösem Eisen (i. v. Fe). Die Kombinationstherapie mit i. v. Fe führte zu einem signifikant besseren Ergebnis, während die orale Eisengabe nicht sehr wirkungsvoll war. In der Folge wurden 6 weitere Studien der Kombinationstherapie publiziert, die alle einen Vorteil für i. v. Fe + ESA und 5 von 6 auch einen signifikanten Vorteil gegenüber ESA alleine bewiesen. In sämtlichen Leitlinien zur Anämietherapie mit ESA wird seitdem empfohlen, den kombinierten Einsatz von i. v. Fe + ESA zu prüfen.
2007 wurde erstmals in einem kleinen Kollektiv gynäkologischer Patientinnen mit Zervixkarzinom gezeigt, dass durch eine alleinige Therapie mit i. v. Fe die Transfusionsrate gesenkt werden kann. Seither sind drei weitere Studien publiziert, in denen mit einer alleinigen i. v. Fe-Therapie hohe Ansprechraten und eine niedrige Transfusionsfrequenz erreicht wurden.

Verträgliche moderne Präparate: Die in der Vergangenheit sehr große Zurückhaltung beim Einsatz von i. v. Fe ist durch die mäßige Verträglichkeit der älteren Eisenpräparationen erklärt. Die früheren Eisen-Dextran-Präparate sind wegen ihrer z. T. tödlichen Komplikationen nicht mehr im Handel. Die dann folgenden Präparationen erfordern vor der Applikation eine Testdosis und führen dann trotzdem häufig zu einer Fieber- und/oder Kreislaufreaktion. Die Einführung von Eisen-Sacharat hat einen deutlichen Fortschritt in der Verträglichkeit gebracht, der durch die neuesten Präparate mit Eisen-Carboxymaltose (Ferric carboxymaltose [FCM], Ferinject®) und Eisen-Isomaltose (Monofer ®) noch deutlich übertroffen wird. Bei diesen beiden Präparaten ist keine Testdosis mehr erforderlich und es können hohe Dosierungen in einer kurzen Infusion infundiert werden (z. B. 1.000 mg in 15 min).
Die größten Erfahrungen in der Onkologie liegen derzeit für FCM (Ferinject®) vor. In einer nicht-interventionellen-Studie wurden über 600 Tumorpatienten mit sehr guter Verträglichkeit behandelt. Nur 3,6 % der Patienten (22/619) hatten geringe, meist gastrointestinale Nebenwirkungen. Es wurden nur 3 schwere Nebenwirkungen beobachtet, von denen bei 2 Patienten ein Zusammenhang mit FCM eher unwahrscheinlich war. Über 80 % der Onkologen waren mit der Wirksamkeit zufrieden und würden Ferinject® erneut einsetzen. Die Effektivität war sehr gut. So war der mittlere Hb- Anstieg nach 8–12 Wochen 1,4 g/dl bei 279 Patienten, die keine Bluttransfusion erhielten. Von diesen erhielten 233 Patienten nur FCM und hatten einen Hb-Anstieg von 1,3 g/dl. 46 Patienten wurden kombiniert mit einem ESA behandelt und hatten einen Anstieg von 1,7 g/dl. Der mittlere Hb stabilisierte sich über 11g/dl nach 5 Wochen, auch bei den Patienten, die mit einem Hb-Wert unter 10 g/dl die Therapie begannen. Wenn der Ferritinwert bei Therapiebeginn unter 100 ng/ml lag, war der Hb bereits nach 3 Wochen im Mittel über 11 g/dl angestiegen.

ZUSAMMENFASSEND sollte bei jedem Tumorpatienten, der eine Anämie (Hb < 12 g/dl) entwickelt, frühzeitig nach einem Eisenmangel gesucht werden. Dazu eignen sich besonders die Bestimmung des Ferritins (am besten in Kombination mit CRP) und die TSAT. Ein erhöhter Anteil von hypochromen Retikulozyten (CHR) oder Erythrozyten (Hypo) beweist einen Eisenmangel der Erythropoese. Bei jedem Patienten mit Eisenmangel besteht die Indikation für eine Eisentherapie, für die orale Präparate nur geeignet sind, wenn eine Entzündungsreaktion ausgeschlossen wurde (CRP normal). Bei jedem Eisenmangel deutlich besser und rascher wirksam ist die parenterale Eisensubstitution, für die – auch wegen ihrer sehr guten Verträglichkeit – besonders die hochmolekularen Präparate (Eisen-Carboxymaltose und Fe-Isomaltose) geeignet sind.

Literatur beim Verfasser