Prostatakarzinom – Auswirkung von Angst, Stress und Depression vor der Therapie auf Lebensqualität und sexuelle Funktion

Untersuchung: Für diese Untersuchung wurden die konsekutiven Patienten eines halben Jahres (Januar bis Juni 2010), 1.008 Patienten (885 retropubische Prostatektomie, 101 Da- Vinci®-Prostatektomie, 23 Brachytherapie), eingeschlossen. Die Psychoonkologen unseres Prostatakarzinomzentrums traten im Sinne eines niederschwelligen Angebots an die Patienten heran und boten eine Therapiebegleitung an. Bei Zustimmung wurde in der Folge die Ausprägung von Angst und Depression mit dem PHQ-4 bestimmt, während die Belastung mit dem NCCN-Thermometer (National Comprehensive Cancer Network) erfasst wurde.
Bei der stationären Aufnahme wurde die präoperative Potenz mit dem IIEF5-Fragebogen ermittelt und die Lebensqualität mit dem EORTC-QLQ-C30 beurteilt. Die für das Prostatakarzinom spezifischen Ergebnisse (Anzahl der betroffenen Stanzbiopsien, PSA, DRU) wurden in die Datenmatrix übernommen.
Zusätzlich zum Einfluss auf die prätherapeutische Lebensqualität und sexuelle Funktion ermittelten wir, ob das präoperative Ausmaß von Belastung, Angst und Depression Auswirkung auf die Lebensqualität eine Woche nach Katheterentfernung hatte.

Potenz: Insgesamt war das Interesse der Patienten an der psychoonkologischen Mitbetreuung nicht sehr ausgeprägt. Lediglich für 386 Patienten (38 %) (5 LDR, 5 HDR, 10 DaVinci®-Prostatektomien, 365 RRP und eine Salvage-RRP) konnten komplette Daten von Angst, Depression und Belastung erhalten und in die Analyse mit einbezogen werden. Die Verteilung der präoperative potenten Patienten (IIEF _ 21) war mit 45,3 % in der Gesamtgruppe und mit 46,1 % in der Untersuchungsgruppe statistisch nicht signifikant unterschiedlich.
Von allen Testfragen ließ sich lediglich für die Frage D1 („wenig Interesse oder Freude an Ihren Tätigkeiten“) für die Aussage „beinahe jeden Tag“ eine statistisch signifikante (p = 0,027) Reduktion der präoperativen Erektion nachweisen. Dies betraf allerdings nur 8 der 386 Patienten (Abb. 1). Die angegebene empfundene Belastung war ohne jeglichen Einfluss auf den präoperativen IIEF-5-Score (Abb. 2). Da bei jedem Patienten intraoperative Schnellschnitte durchgeführt werden (Abb. 3), konnten wir bei 64,2 % aller Patienten eine beidseitige Nerverhaltung durchführen, einseitig war dies bei 26,2 % der Patienten möglich. Lediglich bei 9,6 % der Patienten war keine Nerverhaltung möglich. Gleichzeitig kam es zu einer Reduzierung der histologischen R1-Befunde.

Belastung, Angst und Depression: Um die Auswirkung der Schwere der Krebserkrankung auf die in den Testfragen angegebenen Symptome Belastung, Angst und Depression zu ermitteln, korrelierten wir diese mit dem durchschnittlichen Wert des PSA bei Diagnosestellung sowie mit der durchschnittlichen Anzahl karzinombefallener Prostatastanzbiopsien. Hier konnte erstaunlicherweise für keine der vorgelegten Testfragen eine Verbindung mit der Schwere der Erkrankung festgestellt werden. Exemplarisch wird in Abb. 4 die Verbindung zwischen den Werten des NCCN-Thermometers und dem PSA dargestellt.

Postoperative Kontinenz: Lässt sich nun eine Auswirkung der präoperativen Belastung auf den postoperativen Gesundheitszustand feststellen? Dies war nur für 11 Patienten mit der stärksten Ausprägung im NCCN-Thermometer der Fall (Abb. 5). Deutlich konnte der Einfluss der postoperativen Kontinenz auf den empfundenen Gesundheitszustand dargestellt werden. Für mehr als 75 % der Patienten, die bereits eine Woche nach Entfernung des Katheters eine gute Kontinenz aufwiesen, war diese signifikant besser als für die Patienten, die mehr als zwei Vorlagen benötigten (Abb. 6).

Take Home Message

Präoperative Belastung, Angst und Depression haben nur einen geringen Einfluss auf die präoperative Erektionsstörung, legt man die von uns verwendeten Instrumente zugrunde. Die Krebsdiagnose wird anscheinend in sehr unterschiedlichem Ausmaß als bedrohlich empfunden, da wir keine Verbindung der angegebenen Beeinträchtigung mit den pathologischen Parametern finden konnten. Selbst die postoperative Gesundheitswahrnehmung wird nur gering von der präoperativ empfundenen Belastung beeinflusst. Hier hat die postoperative Kontinenz eine Woche nach Entfernung des Katheters einen sehr viel größeren Einfluss.