Diabetestechnologie: Wer profitiert wovon, und worauf ist zu achten?

Durch die stetig größer werdende Auswahl haben wir die Möglichkeit, für unsere Patientinnen und Patienten die für sie passendste Therapieform zu finden. Dabei können sich aber in den unterschiedlichen Lebensphasen die Anforderungen, die sowohl Patientinnen und Patienten als auch deren betreuende Ärztinnen und Ärzte an die verwendeten Diabetestechnologien haben, immer wieder ändern. So unterschiedlich die Menschen sind, so unterschiedlich sind auch die Erwartungen und Wünsche an die Diabetestherapie.

Kinder und Jugendliche

In Österreich kommt bei den meisten Kindern und Jugendlichen mit Diabetes eine Insulinpumpe zum Einsatz. Hiermit kann die Anzahl an Injektionen deutlich reduziert werden, und es besteht die Möglichkeit der Abgabe geringer Insulinmengen. So empfehlen die Leitlinien der Österreichischen Diabetes-Gesellschaft schon bei Säuglingen und Kleinkindern die Verwendung von Insulinpumpen. In longitudinalen Beobachtungsstudien konnte bei Kindern gezeigt werden, dass die Verwendung von Insulinpumpen mit signifikant weniger Hypoglykämien assoziiert war. In zahlreichen Beobachtungsstudien konnten Verbesserungen der glykämischen Kontrolle nachgewiesen werden. Darüber hinaus zeigten sich sowohl Reduktionen von schweren Hypoglykämien als auch von ketoazidotischen Entgleisungen. Die Kombination mit einem System zur kontinuierlichen Zuckermessung (CGM) kann besonders bei Klein- und Schulkindern sinnvoll sein, da diese oft eine schlechtere Hypoglykämie-Wahrnehmung haben beziehungsweise die Symptome einer Hypoglykämie nicht richtig zuordnen und benennen können. Außerdem reagieren Klein- und Schulkinder sehr sensibel auf Nahrungsaufnahme und Bewegung, sodass es hier zu großen Blutzuckerschwankungen kommen kann, die mittels eines CGM ohne zusätzliche blutige Messungen frühzeitig erkannt werden können, sodass notwendige Maßnahmen eingeleitet werden können. Darüber hinaus kann der Zucker des Kindes auch während des Schlafes überwacht werden, ohne das Kind aufzuwecken und eine Messung mittels Fingerstich durchführen zu müssen.

Insulinpumpen bei Erwachsenen

Auch bei erwachsenen Diabetikerinnen und Diabetikern kann mit der Verwendung einer Insulinpumpe der physiologische Insulinbedarf, der tageszeitlichen Schwankungen unterliegt, sehr passend gedeckt werden. Bei der Verwendung von Insulinpumpen konnte bei erwachsenen Typ-I-Diabetikerinnen und -Diabetikern in Studien, ähnlich wie bei Kindern, eine verbesserte glykämische Kontrolle bei gleichbleibender Hypoglykämiefrequenz und reduziertem Insulinverbrauch nachgewiesen werden. Gleichzeitig konnte aber eine Reduktion schwerer Hypoglykämien gezeigt werden. Die Verwendung von Insulinpumpen ermöglicht eine flexiblere Lebensführung in verschiedensten Bereichen. So kann der Insulinbolus zu Mahlzeiten in verschiedenen Formen (je nach Bedarf), wie zum Beispiel als verzögerter oder dualer Bolus, abgegeben werden. Werden mehr Kohlenhydrate gegessen als ursprünglich gedacht, muss keine zusätzliche Injektion durchgeführt, sondern lediglich ein weiterer Bolus über die Pumpe abgegeben werden. Bei Sport kann die Basalrate prozentuell reduziert werden, sodass die Gefahr einer Unterzuckerungen geringer wird. Auch bei schwie-rigen Arbeitsbedingungen, wie zum Beispiel Schichtdiensten, kann mit einer Insulinpumpe eine gute Diabeteseinstellung leichter erreicht werden. Die Nutzung einer Insulinpumpe setzt voraus, dass Patientinnen und Patienten, die eine Basis-Bolus-Therapie korrekt durchführen können, bereit sind, Schulungen und regelmäßige Kontrollen zu absolvieren und mindestens 5-mal täglich ihre Blutzuckerwerte zu kontrollieren.

Kontinuierliche Glukosemessung bei Erwachsenen

Glukosesensoren messen alle 5 Minuten den Gewebezucker und zeigen den Verlauf in Form einer kontinuierlichen Kurve an. Es können Trends angezeigt werden und Patientinnen und Patienten durch Alarmierung bei zu hohen oder zu niedrigen Zuckerwerten gewarnt werden. Wie bei Kindern konnte auch bei Erwachsenen bei Verwendung von CGM-Systemen eine Verbesserung der Diabeteseinstellung nachgewiesen werden, egal ob zusätzlich eine Insulinpumpe verwendet wird oder nicht. Besonders bei schweren und/oder nächtlichen Hypoglykämien sowie bei Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörungen empfiehlt sich daher der Einsatz von CGM-Systemen.

Ältere Patientinnen und Patienten

Für diese Patientengruppe kann es zunehmend problematischer werden, die diversen Diabetestechnologien korrekt zu verwenden. Einerseits kann ein demenzieller Abbau die Auseinandersetzung mit der Erkrankung, das Treffen von Therapieentscheidungen und das Bedienen einer Insulinpumpe oder eines Glukosesensors unmöglich machen, andererseits können verminderte Feinmotorik und/oder Sehleistung das Bedienen der Pumpen oder Sensoren sehr erschweren. Jedoch können zum Beispiel gerade die Alarme der Glukosesensoren für den älteren Menschen sehr hilfreich sein, da Hypoglykämiesymptome im Alter oft unspezifisch sind und es daher leichter sein kann, dass ein Unterzucker von der Patientin oder vom Patienten nicht erkannt und daher nicht adäquat darauf reagiert wird. So ist es also auch bei älteren Patientinnen und Patienten, eventuell mit entsprechender Unterstützung durch Angehörige oder andere pflegende Personen, durchaus sinnvoll Diabetestechnologien einzusetzen.

Resümee

Wie bei den meisten Therapien gibt es nicht die eine Diabetestechnologie, die für alle Diabetikerinnen und Diabetiker die geeignetste ist. Die Wünsche unserer Patientinnen und Patienten müssen jedenfalls berücksichtigt werden, denn das beste Gerät ergibt keinen Sinn, wenn die Anwenderin oder der Anwender sich damit nicht wohlfühlt.

 

Wissenswertes für die Praxis
In den unterschiedlichen Lebensphasen können sich die Anforderungen, die Betroffene sowie Ärztinnen und Ärzte an die verwendeten Diabetestechnologien haben, immer wieder ändern.
Insulinpumpen eignen sich sowohl für Kinder als auch für Erwachsene und sorgen bei beiden Gruppen für eine verbesserte glykämische Kontrolle bei gleichbleibender Hypoglykämiefrequenz und reduziertem Insulinverbrauch.
Die Diabetestherapie ist individuell, weshalb die Wünsche der Patientin und d
es Patienten berücksichtigt werden müssen.

 

Die Originalversion des Beitrages ist in der Zeitschrift Universum Innere Medizin 7/20 erschienen.