Hygiene transparent machen: AUSTROMED unterstützt ein aktuelles Forderungspapier

In Österreich sind rund 95.000 Patienten pro Jahr von nosokomialen Infektionen betroffen. Durch die zunehmende Verbreitung von antibiotikaresistenten Bakterien können viele dieser Infektionen nicht mehr ausreichend behandelt werden. Rund 5.000 nosokomiale Infektionen führen deshalb jährlich sogar zum Tod der betroffenen Patienten.

Maßnahmen mit Mehrwert gefordert

Auslöser für nosokomiale Infektionen sind unter anderem mangelhafte Hygiene. Besonders häufige Folgen davon sind Harnwegsinfektionen, Sepsis, postoperative Wundinfektionen oder Lungenentzündungen. Zur Vorbeugung existieren zwar Rahmengesetzgebungen und organisatorische Vorgaben in einzelnen Einrichtungen, aber keine bundesweit verbindlichen Hygienestandards. Eine flächendeckende transparente Auskunft über tatsächlich umgesetzte Maßnahmen und die Hygienequalität in den jeweiligen Gesundheitseinrichtungen fehlt. Die Bundes-Zielsteuerungskommission hat 2016 eine Rahmenrichtlinie für die systematische Erfassung von Krankenhauskeimen beschlossen. Für 2018 wurde ein erster österreichweiter Bericht avisiert, der nicht vorliegt. Damit ist auch eine Veröffentlichung dieser Daten in verständlich aufbereiteter Form auf der Website „kliniksuche.at“ nicht möglich. „Auch wenn der politische Wille vorhanden ist, konkreten Vorgaben müsste auch das entsprechende Budget folgen. Derzeit wird die Verhinderung von Infektionen budgetär nicht belohnt, Maßnahmen zum Infektionsschutz werden vielmehr als budgetäre Belastung ohne darstellbaren Mehrwert gesehen“, sind sich die Experten der Plattform gegen Krankenhauskeime einig. Die Plattforum wurde von der Österreichischen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, den Patientenanwaltschaften der Bundesländer sowie der Plattform Patientensicherheit gegründet, ihre Forderungen werden von AUSTROMED unterstützt.

Bisher nur Empfehlungen

Im Rahmen der „Zielsteuerung Gesundheit“ wurde eine Reihe von Empfehlungen für die Stärkung der Krankenhaushygiene erarbeitet. Vorgesehen ist dabei unter anderem die Verankerung der Krankenhaushygiene als Stabsstelle der kollegialen Führung, ein Hygiene-Kernteam in jedem Krankenhaus und ein Ressourceneinsatz, der „abhängig von Infektionsrisiken, Leistungsangeboten und der zu betreuenden Bettenanzahl“ des Krankenhauses festzulegen ist. Auch der Fort- und Weiterbildung des Hygienepersonals sowie der Erstellung von umfassenden Hygieneplänen, Checklisten sowie Kommunikation und Fortbildung im gesamten Krankenhaus-Team wird ein hoher Stellenwert eingeräumt. Dem Gesundheitsministerium und der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) liegt ein Curriculumvorschlag der Österreichischen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (ÖGKH) für ein bundesweit einheitliches Ausbildungsangebot vor. Die Einbeziehung von Patienten und Besuchern wird als wichtig erachtet. Mehr als Empfehlungscharakter haben diese Punkte aber nicht, daher bleiben vor allem die Vergleichbarkeit und Qualitätstransparenz auf der Strecke.

Medizinprodukte als Teil der Maßnahmen

Um Patienten wirksam vor nosokomialen Infektionen zu schützen, ist ein Bündel an Maßnahmen notwendig. Hochwertige Medizinprodukte zur Desinfektion und Hygiene sind ein integraler Bestandteil davon. Dass Händehygiene einfach und wirkungsvoll sein kann, wurde aufgrund der jüngsten Ereignisse wieder in das Bewusstsein der Bevölkerung und der Fachwelt gerückt. Die meisten Erreger von Infektionen werden über die Hände übertragen. Eine umfassende, gut geschulte und kontrollierte Händehygiene und -desinfektion im Krankenhaus gehört deshalb zu den Grundvoraussetzungen im Kampf gegen Krankenhausinfektionen. Die Experten sind sich einig, dass allein durch eine verbesserte Compliance in der Händedesinfektion die Rate nosokomialer Infektionen um bis zu 40 % reduziert werden kann.
Doch mit der Händedesinfektion allein ist noch nicht viel erreicht. Flächen und Oberflächen in medizinischen Einrichtungen können als Reservoir für Mikroorganismen dienen, sodass sie ebenso wie die Instrumentendesinfektion Teil eines ganzheitlichen Infektionsschutzkonzeptes sein müssen. Eine adäquate (Schleim-)Hautantiseptik ist entscheidend zur Prävention postoperativer Wundinfektionen und gefäßkatheterassoziierter Infektionen. Das flächendeckende Screening von Patienten vor einem Krankenhausaufenthalt auf antibiotikaresistente Mikroorganismen ermöglicht, diese zu erkennen, die Sanierung kolonisierter Patienten einzuleiten und die Wirksamkeit der Behandlung durch rechtzeitig eingeleitete und zielgerichtete Therapien zu erhöhen.

 

Forderungen zur Vermeidung nosokomialer Infektionen

  • Besteht ein Verdacht auf eine nosokomiale Infektion, so liegen die Last der Beweisführung und der Schaden als Konsequenz einer nosokomialen Infektion bei geschädigten Patienten. Ein zumindest teilweiser Lastenausgleich ist erforderlich.
  • Ein Teil der Entschädigungssummen sollte direkt von den Rechtsträgern der Krankenanstalten an die Entschädigungsfonds refundiert werden. Das würde auch einen finanziellen Anreiz bedeuten, um Maßnahmen zur Verminderung von nosokomialen Infektionen zu setzen.
  • Qualitätsstandards sollten ein Schutzgesetz werden; der Geschädigte sollte nur die Übertretung des Schutzgesetzes nachweisen müssen. Der Schädiger hat dann die Beweislast zu tragen, dass der Schaden auch bei vorschriftsmäßigem Verhalten eingetreten wäre.
  • Hygienefachkräfte müssen mit entsprechenden Ressourcen und Kompetenzen ausgestattet werden.