Abnahme extrahepatischer und Zunahme intrahepatischer CCC-Formen – Epidemiologie des cholangiozellulären Karzinoms in Österreich

Risikofaktoren

Das cholangiozelluläre Karzinom entsteht überwiegend sporadisch in einer gesunden Leber. Dennoch gibt es einige signifikante Risikofaktoren, die mit dessen Entwicklung assoziiert sind, wobei das extra- und intrahepatische CCC die meisten Risikofaktoren teilen.
Die primär sklerosierende Cholangitis (PSC), die häufig im Verbund mit einer Colitis ulcerosa auftritt, zählt zu den wichtigsten Risikofaktoren des cholangiozellulären Karzinoms in der westlichen Welt und somit auch in Österreich. Patienten mit PSC entwikkeln CCC in einem relativ jungen Alter und zeigen Inzidenzraten von bis zu 40 %. Die Dauer der PSC-Erkrankung dürfte für das Auftreten des Tumors interessanterweise keine Rolle spielen2.
Weitere biliäre Risikofaktoren sind die Hepatolithiasis, parasitäre Leberinfektionen (Clonorchis sinensis/ viverrini [„Leberegel“]) sowie kongenitale Choledochuszysten. Insbesondere die ersteren beiden Faktoren erklären zumindest zum Teil die sehr hohen Inzidenzraten des cholangiozellulären Karzinoms in einigen asiatischen bzw. afrikanischen Ländern, spielen jedoch in Österreich eine eher untergeordnete Rolle. Im Falle der Hepatolithiasis dürften rezidivierende Cholangitiden einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung des Tumors leisten2.
Das Vorliegen einer Leberzirrhose ist, unabhängig von ihrer Ätiologie, mit einem 27-fachen Risiko für ein CCC assoziiert3 und zählt somit zu den wichtigsten nichtbiliären Risikofaktoren. Des Weiteren konnten in rezenten Arbeiten auch die chronische HCV-4 und HBV-Infektion5 unabhängig vom Vorliegen einer Zirrhose als Risikofaktoren identifiziert werden.
Das Vorhandensein eines Diabetes mellitus alleine ist ein schwacher CCC-Risikofaktor, dürfte sich jedoch synergistisch mit anderen Risikofaktoren auf die Entwicklung des Tumors auswirken6. Auch das metabolische Syndrom konnte kürzlich als unabhängiger CCC-Risikofaktor identifiziert werden7.

Weltweite epidemiologische Trends

Weltweit kann man Hoch- von Niedriginzidenzregionen unterscheiden. Zu den Niedriginzidenzregionen zählen unter anderem Europa, die USA und Kanada, während zahlreiche Regionen Südostasiens, Korea, Japan, China sowie einige Länder Afrikas zu den Hochinzidenzregionen gezählt werden. In Hochinzidenzregionen wie zum Beispiel der Provinz Khon – Kaen in Thailand finden sich Inzidenzraten von bis zu 93/100.000 Personen für Männer und 38/100.000 Personen für Frauen2. Diese exorbitant hohen Inzidenzraten können zumindest zum Teil auf die regionale Verteilung spezifischer Risikofaktoren (z. B. Leberegel, HBV-Infektion, Hepatolithiasis) zurückgeführt werden.
In Niedriginzidenzregionen erkranken jährlich zwischen 0,3 und 1,5/100.000 Personen an einem cholangiozellulären Karzinom. Die verlässlichsten Daten stammen hier aus den USA vom so genannten SEER-Register (Surveillance Epidemiology and End Results). Demnach gibt es in der USA jährlich ca. 5000 neue CCC-Fälle, von denen jeweils die Hälfte der intra- bzw. extrahepatischen Form zuzuordnen sind2. Männer sind in etwa 1,5–2-mal häufiger betroffen als Frauen, der Erkrankungsgipfel liegt jenseits des 65. Lebensjahres.
Über die letzten Jahrzehnte lässt sich in den USA1, aber auch in zahlreichen anderen Ländern der westlichen Welt8 ein klarer epidemiologischer Trend beobachten (Abb. 2).
Während die Inzidenzraten des extrahepatischen CCC kontinuierlich abnahmen, kam es zu einem steten Inzidenzanstieg der intrahepatischen Form. Dieser Trend lässt sich auch nach Berücksichtigung der unterschiedlichen onkologischen ICD-Kodierungen, welche über die Jahre in den Melderegistern verwendet wurden, darstellen (Abb. 2).

Epidemiologische Trends in Österreich

Für Österreich existieren derzeit keine publizierten Daten zur Inzidenz des cholangiozellulären Karzinoms, da in der Standardpublikation „Krebsinzidenz und Krebsmortalität in Österreich“ der Statistik Austria das CCC bislang immer unter dem Begriff „Lebertumor“ zusammengefasst wurde.
Nach einer spezifischen Anfrage bei der Statistik Austria hinsichtlich der Epidemiologie konnten folgende präliminären Daten erhoben werden. Demnach liegt der Altersgipfel der Erkrankung in Österreich zwischen dem 60. und 65. Lebensjahr. Die altersstandardisierten Inzidenzraten folgen dem internationalen Trend im
selben Zeitraum (Abb. 3). In beiden Geschlechtern zeigte das extrahepatische CCC eine deutlich fallende Inzidenz, während es in den letzten Jahren zu einer kontinuierlichen Zunahme des intrahepatischen CCC kam. Dieser Trend entsprach im Jahr 2000 einer österreichweiten Zahl von insgesamt 172 intrahepatischen und 101 extrahepatischen cholangiozellulären Karzinomen.

Diskussion

Die Gründe des beobachteten weltweiten epidemiologischen Trends, insbesondere des Inzidenzanstiegs des intrahepatischen CCC, sind derzeit völlig unklar. Die rasante Entwicklung der modernen radiologischen Diagnostik sowie deren hohe Verfügbarkeit in Ländern wie Österreich könnte für eine häufigere Diagnosestellung mitverantwortlich sein. Sollte es sich jedoch um einen „wahren Anstieg“ der Inzidenz intrahepatischer Formen handeln, kann über mögliche Gründe ebenfalls nur spekuliert werden. Eventuelle Erklärungen liegen in einer möglichen Zunahme verschiedener Risikofaktoren wie Leberzirrhose, HCV-Infektion, metabolisches Syndrom oder Diabetes mellitus. Weitere Studien sind notwendig, um diese Frage einer Klärung zuzuführen.

Zusammenfassung

Das cholangiozelluläre Karzinom ist nach dem hepatozellulären Karzinom der zweithäufigste primäre Lebertumor in Österreich. Passend zum internationalen Trend kam es in den letzten Jahrzehnten zu einer Abnahme der Inzidenz extrahepatischer und zu einer Zunahme der Inzidenz intrahepatischer cholangiozellulärer Karzinome. Die jährlichen österreichweiten Fallzahlen sind dennoch relativ gering, sodass die Betreuung dieser Patienten vor allem in spezialisierten Zentren erfolgen sollte.

FACT-BOX

• Das cholangiozelluläre Karzinom (CCC) ist der zweithäufigste primäre Lebertumor in Österreich.
• Die wichtigsten Risikofaktoren sind die primär sklerosierende Cholangitis, Leberzirrhose, chronische Virushepatitis B und C sowie das metabolische Syndrom.
• Passend zum internationalen Trend kam es in Österreich in den letzten Jahren zu einem Inzidenzanstieg des intrahepatischen CCC, während die Inzidenz des extrahepatischen CCC rückläufig war.

 

1 Welzel TM et al., Impact of Classification of Hilar Cholangiocarcinomas (Klatskin Tumors) on the Incidence of Intra- and Extrahepatic Cholangi ocarcinoma in the United States. J Natl Cancer Inst 2006; 98(12):873–5
2 Shaib Y et al., The Epidemiology of Cholangiocarcinoma. Semin Liver Dis 2004; 24(02):115,25
3 Shaib YH et al., Risk factors of intrahepatic cholangiocarcinoma in the United States: A case-control study. Gastroenterology 2005; 128(3):620–6
4 El-Serag HB et al., Risk of hepatobiliary and pancreatic cancers after hepatitis C virus infection: A population-based study of U.S. veterans. Hepatology 2009; 49(1):116–23
5 Shin H-R et al., Epidemiology of cholangiocarcinoma: An update focusing on risk factors. Cancer Science 2010; 101(3):579–85
6 Chen H-F. et al., Risk of malignant neoplasms of liver and biliary tract in diabetic patients with different age and sex stratifications. Hepatology 2010; 52(1):155–63
7 Welzel TM et al., Metabolic syndrome increases the risk of primary liver cancer in the United States: A population-based case-control study. Hepatology. 2011; epub ahead of print.
8 Khan SA et al., Cholangiocarcinoma. The Lancet 2005; 366(9493):1303–14