Gefäßmanifestationen der Kollagenosen – Aufschlussreiche Kapillarmikroskopie 


Die Diagnostik der Makroangiopathie ist ident zur Abklärung der peripheren arteriellen Verschlusserkrankung bei Arteriosklerose. Sie umfasst die klinische Untersuchung, mit Pulspalpation, Durchführung des Allen-Tests, den Schultergürtelmanövern und die Inspektion der Akren. Die apparative Diagnostik dient meist nur der Dokumentation und Verlaufsbeobachtung. Dazu gehören die Doppler-Druckmessung, akrale Durchblutungsmessungen, Oszillografie, Duplexsonografie und in seltenen, ausgewählten Fällen auch die digitale Subtraktionsangiografie. 



Die Untersuchung der Mikrozirkulation erfolgt mit Hilfe der Kapillarmikroskopie. Manche Formen von Kollagenosen führen zu typischen Kapillarveränderungen, die mit dieser Methode sichtbar gemacht werden können. Die Kapillaren selbst sind bei der nativen Auflichtmikroskopie nicht sichtbar. Es stellt sich aber, ähnlich wie das Kontrastmittel bei einer Angiografie, die Erythrozytensäule in den Kapillaren dar. Es können unterschiedliche Geräte für die Untersuchung von Kapillaren verwendet werden. Bereits mit dem freien Auge oder mit einer Lupe können manche Kapillarveränderungen erkannt werden. Ein Dermatoskop eignet sich zum groben Screening. Der Goldstandard ist aber das Auflichtmikroskop mit einer mindestens 200-fachen Vergrößerung. Die Archivierung der Bilder erfolgte früher durch Ausdrucken von Fotografien. Heute werden sie digital auf Festplatte gespeichert. Von dort können sie gedruckt oder platzsparend archiviert werden.
Kapillarmikroskopische Untersuchungen sollten erst nach einer Akklimatisation von etwa 20 Minuten erfolgen. Auch sollte in den 2 Wochen vor der Untersuchung eine Manipulation (zum Beispiel Maniküre) am Nagelfalz, die Region, an denen die Kapillaren in ihrer Längsausdehnung sichtbar sind, vermieden werden. Zur Verbesserung der Sichtbarkeit verwenden wir hautfreundliche Öle. Die Mikroskopie dient der Beurteilung der Kapillardichte, der Kapillarmorphologie, des Kapillarflusses und extrakapillärer Veränderungen.
Bei einem Normalbefund sind die Kapillaren am Nagelfalz regelmäßig, haarnadelförmig, und parallel angeordnet. Die Kapillardichte beträgt 7–17 Kapillaren pro Millimeter. Der Durchmesser des afferenten Schenkels einer Kapillare ist im Durchschnitt 8–10 µm und der des efferenten Schenkels 10–14 µm. Kaliberschwankungen oder perikapilläre Veränderungen fehlen. Ein solcher Befund ist allerdings selten und bei nur 15 % gesunder Probanden zu finden (Hoerth et al., 2012). Häufig sind eine oder mehrere der folgenden Kapillar­veränderungen zu sehen (nach Sandner et al., 2010, Abb.).

 

 

Krankheitshinweisende Kapillarveränderungen

Einige Kapillarveränderungen lassen auf bestimmte Arten von Kollagenosen schließen.


Systemische Sklerose: Die Kapillarveränderungen bei der systemischen Sklerose stellen ein Referenzmuster dar. Es ist durch Ektasien, Riesenkapillaren, Hämorrhagien und eine Kapillarrarefizierung charakterisiert. Diese Kapillarveränderungen finden sich bei 83–93 % der Personen mit systemsicher Sklerose (Maricq et al., 1982; Nagy and Czirjak, 2004). Cutolo traf eine weitere Unterteilung in eine „early form“ mit vereinzelten Kapillarveränderungen, aber normaler Kapillardichte und in eine „late form“ mit deutlichem Kapillarverlust und nur noch wenigen Riesenkapillaren (Cutolo et al., 2006).

Systemischer Lupus erythematodes: Die Kapillarveränderungen bei dieser Erkrankung sind unspezifisch wie zum Beispiel Torquierungen, Elongationen und Kaliberschwankungen und treten nur in 2–9 % der Patientinnen und Patienten auf (Maricq et al., 1983).

Dermatomyositis und Polymyositis: Es finden sich zumeist Kapillarramifikationen, Ektasien und Ödembildungen. Die Häufigkeit der Veränderungen beträgt 27–64 % (Nagy and Czirjak, 2004).


Mischkollagenose: Die Kapillarveränderungen werden als Scleroderma-like bezeichnet und sind in 50–65 % zu finden (Bergman et al., 2003).


Undifferenzierte Kollagenosen: Undifferenzierte Kollagenosen können Veränderungen wie bei der systemischen Sklerose ober beim systemischen Lupus erythematodes zeigen. Die Häufigkeit der Kapillarveränderungen wird in der Literatur mit etwa 13 % angegeben (Nagy, Czirjak, 2004).

Primäres Sjögren-Syndrom und rheumatoide Arthritis: Bei diesen Erkrankungen sind unspezifische Veränderungen mit Torquierungen und abnormen Kapillarformen zu sehen. (Tektonidou et al., 1999).